Bewegender Moment
Siegfried Reuss beendet nach 50 Jahren seine Schiedsrichterkarriere
Meindorf -
Die Spieler stehen an der Mittellinie Spalier für Siegfried
„Siggi“ Reuss. Ein bewegender Moment für ihn in seiner
50-jährigen Karriere als Fußball-Schiedsrichter. Zum Abschied hat er
ein „Dankeschön“-Spiel in der Kreisliga A erhalten. Noch einmal
leitet er als Schiedsrichter offiziell das Topspiel 1. FC Niederkassel
gegen ASV Sankt Augustin. „Siggi“ Reuss ist Ehrenmitglied beim FC
Adler Meindorf und inzwischen 75 Jahre alt. Er sei Schiedsrichter aus
Berufung, sagt Reuss, das Ehrenamt als Unparteiischer habe er immer
gerne ausgeübt. Fast jedes Wochenende stand er auf dem Fußballfeld.
Seine Schiedsrichterkarriere begann in Köln-Porz. Hier spielte
Siegfried Reuss mit 18 Jahren als angehender Starkstromtechniker bei
„Spiegelglas Germania“ im Betriebssport mit. Unzufrieden mit den
damaligen Schiedsrichtern entschied er sich, selbst die Prüfung
abzulegen. So begann seine Laufbahn als Regelwächter 1968 im Kreis
Köln, dem er viele Jahrzehnte treu blieb.
Erst 1986 wechselte er in den Rhein-Sieg-Kreis. Seitdem pfeift er als
Unparteiischer für den FC Adler Meindorf. Siggi Reuss schaffte den
Aufstieg bis in die Verbandsliga und erhielt sogar eine Ansetzung in
der Oberliga.
Beim ehemaligen Kölner Bundesliga-Referee Jürgen Aust wurde er als
Assistent eingesetzt. Darüber hinaus war Reuss auch als Funktionär
aktiv, als Lehrwart und als Obmann der Sieg-Schiedsrichter. Bis heute
ist er als Lehrwart und Vorsitzender der Betriebssport-Schiedsrichter
im Raum Köln und in Bonn unterwegs. „Damit halte ich mich auch
fit“, sagt der 75-Jährige schmunzelnd.
Fußball war für ihn immer ein Ausgleich und zugleich sein liebstes
Hobby. Seine beiden Söhne nahm er früher am Wochenende auf das
Fußballfeld mit. Womit er sich jedoch abfinden musste, ist, „dass
heute keiner von beiden Fußball spielt“. Dabei lacht er, wenn er
das erzählt.
Von 1971 bis 2002 arbeitete Siegfried Reuss als Beamter in der
Justizvollzugsanstalt in Siegburg. Das brachte ihn auf die Idee, die
jugendlichen Häftlinge, die dort damals noch einsaßen, als
Schiedsrichter auszubilden. „Das motivierte sie“. Neben einem
theoretischen, mussten sie auch einen praktischen Teil absolvieren und
hart trainieren. Dreimal führte er diesen Kurs mit zwei anderen
Kollegen durch, die wie er auch Mitglied des
Kreis-Schiedsrichterausschusses des Fußballverbandes Mittelrhein
(FVM) waren. Teilnehmen durfte, wer höchstenfalls ein Jahr vor der
Entlassung stand. Denn sonst musste der Schein wieder neu erworben
werden. „Wer diese Prüfung ablegte, konnte sich danach bei jedem
Verein als Schiedsrichter bewerben“, erzählt Siegfried Reuss.
„Einige haben es tatsächlich geschafft“. Mit den Prüflingen
sprach er unter anderem auch über die Machtbefugnisse eines
Schiedsrichters. „Der Schiedsrichter darf ein Spiel nur nach einer
Regelwidrigkeit und bei ernsthaften Verletzungen eines Spielers
unterbrechen“, erklärt Reuss. Ihm selbst ist das in der gesamten
Laufbahn genau einmal passiert - bei einem Bezirksligaspiel zwischen
Berzdorf und Quadrath-Ichendorf im Sommer 1983. Drei Minuten vor
Spielschluss wurde ein Spieler von einem anderen Spieler grob gefoult.
Die Fans beschimpften ihn, woraufhin der Foulspieler einige Frauen,
die weiße Petticaots trugen, mit der roten Erde des Spielfelds
bewarf, erinnert sich Siggi Reuss. Er zeigte ihm daraufhin die rote
Karte, blieb aber ruhig. Wutentbrannt schlug ihm der Foulspieler
daraufhin eine Hand gegen sein Kinn. Siegfried Reuss pfiff die Partie
sofort ab. Das war aber das einzige Mal, dass er als Schiedsrichter so
etwas erlebt habe. In 50 Jahren habe er kaum Platzverweise aussprechen
müssen, weniger als eine Handvoll. Denn er habe immer mit den
Spielern kommuniziert und sie hätten ihn respektiert. Eine gewisse
Autorität gehöre schon zum Amt eines Schiedsrichter, aber er habe
immer Spaß am Umgang mit Menschen gehabt.
- Patrizia Wackers
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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