Es droht der Verfall
Spenden für Erhalt eines Stücks Dorfgeschichte benötigt
Mülldorf - Unscheinbar steht es im Schatten eines prächtigen Magnolienbaums und
versteckt hinter einer Hecke - das Grabkreuz von Josephine Loewenich.
Längst ist der Sandstein verwittert und an vielen Stellen
zerbröselt. Den eisernen Corpus Christi, den es einst Trug, schmolzen
sehr wahrscheinlich die Nationalsozialisten bei Eisensammlungen im
Zweiten Weltkrieg ein, um Waffen herzustellen, wie Professor Dr.-Ing.
Michael Werling, Denkmalpfleger und Architekt, in einem Aufsatz zur
Stadtgeschichte für das Stadtarchiv recherchiert hat: „Auf dem
berühmten Kölner Friedhof Melaten, mit seinen hunderten von
spektakulären Grabdenkmälern bzw. Grabkreuzen wäre dieses schlichte
Teil schon längst im Abfallcontainer gelandet. Für den Mülldorfer
Friedhof ist dieser Gedenkstein aber etwas Besonderes, weil er die
erste Beisetzung schmückte, welche im Juli 1922 auf diesem Friedhof
vorgenommen wurde“.
Das Kreuz erzählt Geschichte und ist als Teil der Mülldorfer
Ortsgeschichte unbedingt erhaltenswert, urteilt nicht nur der Experte,
sondern sagen auch Ortsvorsteher Heinz-Peter Schumacher und
Claudia-Feld Wielpütz, die sich nicht nur als CDU-Ratsfrau, sondern
engagierte Mülldorferin für den Erhalt starkmacht: „Wir haben in
Mülldorf nicht viel Geschichte, aber die, die wir haben, wollen wir
pflegen“.
Die Loewenichs und auch Tochter Josephine waren in Mülldorf nicht
ohne Grund sehr bekannt: Vater Peter Loewenich (1868-1951) war
studierter Pädagoge und Lehrer, ab 1903 Hauptlehrer der Schule in
Mülldorf. Nicht nur als Dirigent des Kirchenchors und Geigenspieler
bei Konzerten war er geschätzt, sondern auch im Vorstand des
Turnvereins Siegburg-Mülldorf. Tochter Josephine hatte insgesamt zehn
Geschwister. Ihr ältester Bruder Paul zog als Kriegsfreiwilliger in
den Ersten Weltkrieg und starb dort am 24. März 1918 ein halbes Jahr
vor Kriegsende bei einem Sturmangriff zur Überquerung des Flusses
Somme in Nordfrankreich. Bei einer Schlacht in Flandern verlor
„Finchen“, wie Josephine Loewenich im Dorf genannt wurde, am 9.
September 1917 ihren Bruder Karl durch einen Granatenangriff. Der
Verlust traf die Familie hart. Doch für die Loewenichs, die bereits
den dritten Sohn Hermann als Kleinkind verloren hatten, kam es noch
schlimmer. Als Josephine im Juli 1922 über Bauchschmerzen,
Appetitlosigkeit und Erbrechen klagte, wurden - damals so üblich -
Bettruhe, Eisbeutel und Nahrungsentzug angeordnet. Doch Besserung trat
nicht ein. Wenige Tage später erlag sie den Folgen eines
Blinddarmdurchbruchs.
„Ein Vorbild der Unschuld ihren Altersgenossinnen trug sie sonniges
Glück ins Haus der Eltern und Geschwister. Eine sehr schmerzhafte
Krankheit suchte sie heim, aber wie sie die Leiden ertrug, so gab sie
auch willig am 20. Juli 1922 ihre Seele in die Hand des Schöpfers
zurück“, zitierte der Totenzettel ihrer Beisetzung. An ihr
Schicksal von Josephine Loewenich und ihrer bekannten Familie, die
später auch noch Josephines älteren Bruder Walter im Zweiten
Weltkrieg verlieren sollte, erinnert heute allein das verwitterte
Grabkreuz – das erste, das auf dem „neuen“ Mülldorfer Friedhof
1922 aufgestellt worden war. „Wir haben das Kreuz von einem Experten
untersuchen lassen“, erklärt Claudia Feld-Wielpütz: „Für die
Restauration des Sandsteins benötigen wir rund 1.500 Euro.
Einschließlich der Einhausung, die den Stein vor erneuter
Verwitterung schützt, einer kleinen Stele und einer Infotafel
benötigen wir etwa 2.500 Euro“. Bei vielen Mülldorfern und den
Ortsvereinen habe das Engagement zum Erhalt des Denkmals großes
Interesse geweckt, freuen sich die beiden Initiatoren. „Wir glauben,
dass es für jeden Mülldorfer eine Möglichkeit ist, sich mit der
Geschichte des Ortes und seiner Menschen auseinanderzusetzen und sich
für den Erhalt der Geschichte einzusetzen. Wirklich jede
Unterstützung ist willkommen,“ betont Claudia Feld-Wielpütz:
„Auch wenn es nur ein, zwei oder fünf Euro sind“.
Dazu wurde bei der Raiffeisenbank Sankt Augustin ein offizielles
Spendenkonto eingerichtet: Kontoinhaber H.P. Schumacher, IBAN:
DE413706 97071008190026, BIC: GENODED1SAM, Stichwort „Grabkreuz
Loewenich“.
- Thomas Heinemann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.