Tag der Deutschen Einheit
„Wir bräuchten mehr zivilpolitisches Engagement“

Gastrednerin Ulrike Poppe (Mitte) wurde von Bürgermeister Klaus Schumacher, der CDU-Landtagsabgeordneten Andrea Milz, dem CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Frank Uhland, Vizelandrätin Notburga Kunert und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Schell (v.li.) begrüßt.  | Foto: Heinemann
  • Gastrednerin Ulrike Poppe (Mitte) wurde von Bürgermeister Klaus Schumacher, der CDU-Landtagsabgeordneten Andrea Milz, dem CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Frank Uhland, Vizelandrätin Notburga Kunert und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Schell (v.li.) begrüßt.
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SANKT AUGUSTIN - Die Bilder aus der ehemaligen DDR, von flüchtenden Menschen nach
dem Mauerfall, vom Mangel im Alltag und den Geschäften und der
„provinzialisitischen Depression" haben sich ins kollektive
Bewusstsein eingebrannt - doch sie greifen zu kurz, um die letzten
Jahre der DDR zu beschreiben, sagte Ulrike Poppe. Die ehemalige
Bürgerrechtlerin und Oppositionelle ist seit 2010 die erste
Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen
Diktatur in Brandenburg.

Als Gastrednerin des traditionellen Festakts zum Tag der Deutschen
Einheit bei der CDU Sankt Augustin erinnerte sie an die wichtige wie
zum Teil gefährliche Arbeit von Bürgerrechtlern, Andersdenkenden und
Oppositionellen in der DDR. Gänsehaut hatten die 150 Besucher, als
Poppe von den Tricks und Strafen des DDR-Regimes sprach, etwa als sich
wieder über hundert Leute zu geheimen Lesungen und Diskussionsabenden
über Demokratie und Gesellschaft im kleinen Wohnzimmer der Poppes
versammeln wollten.

Bis ins Private mischte sich der Staat ein, denunzierte die Kinder der
Familie in der Schule, pfändete Löhne. „Ohne die Unterstützung
von der Familie, von Freunden und auch von völlig Unbekannten wäre
das alles nicht möglich gewesen", erinnerte Poppe und betonte, wie in
den Jahren vor dem Mauerfall sich die Gesellschaft veränderte, nach
Veränderungen und Wegen aus der ausweglosen Situation rief. „

Als die Mauer fiel, herrschte nicht nur Euphorie, sondern auch
Verunsicherung", berichtete die Augenzeugin der Geschehen an der
Berliner Mauer: Für viele Menschen sei der Umbruch hart gewesen,
manche seien gar arbeits- oder heimatlos und „aus dem Milieu
gerissen" worden, auch, weil sie über zwei Generationen nichts
anderes als die DDR kannten: „Die DDR war ein Stück unseres
gewachsenen Ichs geworden".

Schwierig sei auch der rasche, harte Umbruch gewesen, der nicht wie
geplant fünf bis zehn Jahre, sondern gerade einmal ein Jahr dauern
sollte. Niemand habe dem alten SED-Regime nachgetrauert, stellte die
Bürgerrechtlerin dar. Gekommen seien neue Herausforderungen, etwa der
Wandel vom Mangel zum Überfluss im Handel oder auch die Demokratie
selbst, die man nicht kannte und auf die man große Stücke setzte.
„So eine Demokratie ist auch fragil und nicht unangreifbar", habe
man lernen müssen, und auch, dass Demokratie kein Selbstläufer sei.

„Wir bräuchten mehr zivilpolitisches Engagement, um die Demokratie
lebendig zu halten", warb Ulrike Poppe bei den Anwesenden um
Mitwirkungsbereitschaft, auch, um Frust, Fremdenfeindlichkeit und
Politikverdrossenheit in der Gesellschaft abzubauen. Und das gelte
ausdrücklich nicht nur für Deutschland, so Poppe: „Die
Entwicklungen in unseren Nachbarländern berechtigt zur Sorge, ob das
EU-Europa noch eine Zukunft hat." Denn auch das gehöre für sie zur
Erinnerung an den Mauerfall vor 26 Jahren dazu, ein Rückblick auf die
Entwicklungen: „Friedlicher ist die Welt nach dem Ende des Ostblocks
nicht geworden - das ist unsere größte Enttäuschung".

- Thomas Heinemann

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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