Kunstprojekt „Puls“
Am Bahnhof pocht das Herz der Stadt

Dreharbeiten am Euskirchener Bahnhof: Michael Perpeet (r.) und Andreas Albrecht (Mitte) werden bei ihrer Begegnung von Rolf A. Kluenter gefilmt. | Foto: S.Eickschen/ProfiPress
  • Dreharbeiten am Euskirchener Bahnhof: Michael Perpeet (r.) und Andreas Albrecht (Mitte) werden bei ihrer Begegnung von Rolf A. Kluenter gefilmt.
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Euskirchen - (pp). Seit vier Jahren arbeitet der aus der Eifel stammende und mit
seiner Familie in Shanghai lebende Künstler Rolf A. Kluenter mit dem
Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) Lebenshilfe zusammen. In seinem neuen
Kunstprojekt „Puls - Stadt, da pocht ein Herz!" spielen sieben
Menschen mit Behinderung, die von der Lebenshilfe HPZ betreut werden,
die Hauptrollen.

In verschiedenen Filmszenen rund um den Euskirchener Bahnhof
interagieren sie mit dem Düsseldorfer Autor und Performer Andreas
Albrecht - und hinterfragen gleichzeitig die Definitionen
„behindert" und „nicht-behindert". Auch „Promis" wie
Bürgermeister Dr. Uwe Friedl, Landrat Günter Rosenke,
Lebenshilfe-Geschäftsführer Rolf Emmerich und Chansonnier Günter
Hochgürtel agieren vor Kluenters Kameras.

Für ein Gespräch über sein neues Kunstprojekt unterbrach Rolf A.
Kluenter jetzt kurzzeitig die aktuellen Dreharbeiten im Euskirchener
Stadtmuseum. Dort drehte er einige ergänzende Szenen, etwa eine
abgewandelte Variante der Eifeler Geschichte „Wie die Noobesch Tant
bahl no Kölle jefahre wär" von Fritz Koenn, nachgespielt vom Eifeler
Mundart-Experten Manfred Lang zusammen mit Ingrid Hoffmann, einer
Bewohnerin der Lebenshilfe HPZ.

Dreh- und Angelpunkt von „Puls - Stadt, da pocht ein Herz!" ist der
Euskirchener Bahnhof. Angelegt als Reportage werde die
Videoinstallation in ihrem Verlauf zu einer Mischung aus Schauspiel
und Poesie, erklärt Rolf A. Kluenter.

Der Künstler hat bereits im November intensiv mit seinen
Protagonisten gedreht - auch um herauszufinden, wie sie vor der Kamera
reagieren. Nun sind auch für den weitere Dreharbeiten geplant, in
denen die zum Teil sehr persönlichen Geschichten weiterentwickelt
werden sollen.

„Puls“ steht für das pulsierende Zentrum der Stadt, für
Aktualität und Mobilität

„Puls", das steht in den Augen von Rolf A. Kluenter zum einen für
das pulsierende Zentrum der Stadt, für Aktualität und Mobilität.
Zum anderen betrachtet er „Puls" als medizinische Metapher für die
innere Situation und Haltung der Menschen: „Als Eifeler Künstler,
der in Asien lebt, ist mir die Pflege der inneren Geistlichkeit ein
wichtiges Anliegen, angelehnt an die chinesische Pulsdiagnose, die
viel über die Befindlichkeit des Menschen auszusagen vermag."

In der Rahmenhandlung von „Puls" geht es zunächst um den
Schauspieler Andreas Albrecht, der im Euskirchener Parkhotel lebt und
jeden Tag zum Bahnhof geht. Dort sitzt er und liest seine Texte, wobei
der Bahnhof zu seiner Bühne wird. Abwechselnd trifft er dort auf die
verschiedenen Protagonisten, die sich mit ihm austauschen und wieder
weiterreisen. „Der Bahnhof ist eine Bühne, auf der alle
gleichberechtigt und auf Augenhöhe spielen und agieren", erklärt
Rolf A. Kluenter.

So zeigt eine der Szenen zum Beispiel Michael Perpeet, einen Bewohner
der Lebenshilfe HPZ, der Andreas Albrecht am Eingang zum
Fußgängertunnel beobachtet. Schließlich nimmt er ihm die Angst vor
der Dunkelheit und hilft ihm, die Schwelle in den Tunnel zu
überqueren. „Damit werden die Begriffe »behindert« und
»nicht-behindert« hinterfragt - und es stellt sich die Frage: »Wer
hat hier eigentlich welche Talente?«", so der Künstler.

Ergänzende Interviews bei der Vieoinstallation

Die Videoinstallationen sollen in einer Ausstellung im Euskirchener
Stadtmuseum im Kulturhof vom 7. Oktober 2017 bis zum 28. Januar 2018
auf sieben parallel geschalteten Bildschirmen zu sehen sein.
Themenbezogen sollen auf einem achten Bildschirm ergänzende
Interviews laufen, unter anderem mit Euskirchens Landrat Günter
Rosenke, dem Euskirchener Bürgermeister Dr. Uwe Friedl, Josef C.
Rhiem, ehemaliger Vize-Landrat und Zülpicher Ehrenbürgermeister,
sowie Dr. Heike Lützenkirchen, die die Ausstellung als Leiterin des
Euskirchener Stadtmuseums kurativ begleitet.

„Für das Stadtmuseum ist es natürlich besonders interessant, dass
ein Aspekt der Stadt aus künstlerischer Sicht unter die Lupe genommen
wird", sagt Dr. Heike Lützenkirchen. Die Ausstellung soll deshalb von
verschiedenen museumspädagogischen Angeboten begleitet werden, unter
anderem mit Workshops für Schülergruppen und Expertenführungen mit
dem Künstler.

Darüber hinaus soll es einen Ausstellungskatalog und ein Making-of
geben, für das der Bonner Fotograf und Grafiker Dr. Stephan Eickschen
das Projekt begleitet. Auch für Rolf A. Kluenter hat das Projekt
einen besonderen Stellenwert. Als Einzelausstellung wird sie in diesem
Jahr eingerahmt von zwei weiteren Gruppenausstellungen: So sind seine
Film-Installation „Shanghai Soulmates" im Museum für
Zeitgenössische Kunst Shanghai und sein Filmprojekt „Jenseits
meines Tisches – Beyond My Table" im Museum der Festung
Ehrenbreitstein in Koblenz zu sehen.

„Puls“ ist eine Möglichkeit, dass sich Menschen mit
Behinderung in der Kunst ausdrücken können

Rolf A. Kluenter: „Euskirchen als Mittelstadt ist eine tolle
Plattform für das Projekt, diese Konstellation ist außergewöhnlich
und für mich ein großer Ansporn." Die Grundlage der künstlerischen
Zusammenarbeit zwischen der Lebenshilfe HPZ und Rolf A. Kluenter
basiert auf der finanziellen Anerkennung durch die Smurfit Kappa
Stiftung und die Kreissparkasse Euskirchen.

Realisiert wird das aktuelle Kunstprojekt mit der Unterstützung durch
e-regio, die Euskirchener gemeinnützige Baugesellschaft (Eugebau),
das Ameron Parkhotel in Euskirchen und Heinrich Urfey von Euronix in
Kommern. „Wir freuen uns natürlich immer über weitere
Unterstützer", sagt Rolf Emmerich, Geschäftsführer der Lebenshilfe
HPZ.

Letztendlich ist „Puls – Stadt, da pocht ein Herz!" ein weiterer
Schritt, Menschen mit Behinderung in der Kunst die Möglichkeit zu
geben, sich auszudrücken. Den Anfang dafür machte er vor rund drei
Jahren mit dem Kunstprojekt „Kleiner Kosmos Felsenkeller" in
Bürvenich, für das er Menschen mit und ohne Behinderung vor die
Kameralinse holte. Nun begleitet „Puls" die Eröffnung der
Autismus-Ambulanz und des Betreuten Wohnens der Lebenshilfe HPZ im
Euskirchener „Quartier City Süd". Damals wie heute ist für Rolf A.
Kluenter „Kunst die Sprache der Inklusion".

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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