"Wenn es brennt, müssen wir rufen"
Hans Bösch referierte zum 20-jährigen Bestehen
Euskirchen-Kuchenheim - (pp) Die Welt verändert sich rasend, selbst die Demokratie verändert
ihr Angesicht so gründlich, dass man sich manchmal die Augen reibt.
Und das, was gestern noch unveränderbarer Konsens unter Menschen
guten Willens war und so etwas wie ein Erbe an Menschlichkeit zu sein
schien, wird heute zur Disposition gestellt. Über Werteverlust und
probate Mittel des christlichen Humanismus dagegen referierte Hans
Bösch, der Ehrenvorsitzende des Fördervereins des
LVR-Industriemuseums, Tuchfabrik Müller, jetzt in der Reihe
„Persönlichkeiten im Museum“. Und zwar vor einem voll besetzten
Auditorium im Vortragsraum „Mottenburg“ des Museums. Ein CDU-Mann
habe ihm auf die Frage, ob er denn heute in der Union noch christliche
Werte vertreten könne, geantwortet: „Ich mache mich doch nicht
unbeliebt.“ Ähnlich gründlich ging Ex-Kreissparkassendirektor Hans
Bösch, der sich zeitlebens in der evangelischen Kirche und für die
Ökumene engagiert, mit den Kirchen ins Gericht: „Für uns Christen
gibt es keinen Winterschlaf. Wenn es brennt, dann müssen wir
rufen.“ Stattdessen hielten es „Kardinal Reinhard Marx und
Heinrich Bedford-Strohm für Ökumene, wenn sie sich gegenseitig
umarmen. Und andere sind schon zufrieden, wenn die Chöre der
evangelischen und der katholischen Kirche zusammen singen.“ Bösch
sparte nicht mit Kritik an einer in vielen Fragen zu laschen und
unpräzisen Haltung seiner evangelischen Kirche. Gleichzeitig
verurteilte Bösch im Beisein der Pfarrer Edgar Hoffmann, Felix
Dörpinghaus und Peter Berg sowie Superior Paul Cyrys von Kloster
Steinfeld und der Diakone Horst Lennartz und Manfred Lang in der
katholischen Kirche die Vertuschung von sexuellem Missbrauch,
mangelnde Partizipation für Frauen und eine immer noch überhebliche
Art gegenüber evangelisch-lutherischen Kirchen. In einer Zeit, in der
gerade aus dem christlichen Glauben heraus Werte definiert und klare
Orientierung gegeben werden müssten, litten die Kirchen unter von
massivem übertriebenen Klerikalismus (katholisch) und Liberalismus
(evangelisch) befeuerten hausgemachten Imageverlust. Diplom-Kaufmann
und Betriebswirt Hans Bösch: „Einige Terminologien aus der
Betriebswirtschaftslehre könnte die Kirche gut gebrauchen.“
Andererseits habe er während seines BWL-Studiums wenig über
ethisch-moralische Gesichtspunkte der Wirtschaft gehört.“ Bösch
konstatierte vor einem am Applaus gemessen stark beeindruckten
Publikum: „Es geht nicht um Spinnerei. Wir haben christliche Werte
grob vernachlässigt.“ Was ihn selbst betreffe, so könne er „mit
der Bitte um Nachsicht für alle meine Unzulänglichkeiten Zeugnis
dafür ablegen, dass Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Treue,
Zuverlässigkeit und Vertrauen in die Führung Gottes sich bewährt“
hätten. „Das war ein sehr, sehr guter Vortrag“, fasste Heinz Otto
Koch, Hans Böschs Nachfolger als Vorsitzender der „Freunde und
Förderer des Industriemuseums“, am Ende zusammen. Er hatte schon
vor Beginn des Vortrages über seinen früheren Vorstandskollegen und
Chef in der Bank erklärt: „Dieser Mann war und ist immer noch stets
präsent. Er ist aufmerksam, freundlich, hilfsbereit, korrekt und
aufrecht.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.