Frau des Jahres
Margaretha-Linnery-Preis für Ellen Behrenbeck
Euskirchen - (epa). Der alljährlich vom Arbeitskreis Frauen im Kreis Euskirchen
verliehene Margaretha-Linnery-Preis ging diesmal an Ellen Behrenbeck.
Die „Frau des Jahres 2018“ ist Hebamme und damit Vertreterin eines
Berufs, der zwar zu den wichtigsten Berufen überhaupt zählt, deren
Ausübenden aber Jahr um Jahr mehr Steine in den Weg gelegt werden, so
dass bereits viele Hebammen enttäuscht, frustriert und vor allem
völlig überarbeitet ihre Arbeit niedergelegt haben.
Der stellvertretende Landrat und Kuratoriumsvorsitzende der
Bürgerstiftung der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), Markus Ramers,
erinnerte bei seinem Grußwort im Alten Rathaus daran, dass erst vor
einhundert Jahren etwas so Selbstverständliches wie das
Frauenwahlrecht eingeführt worden sei. Die Politik sei durch die
Beteiligung der Frauen besser geworden, sagte Ramers. Dennoch müsse
man konstatieren, dass der Frauenanteil im Bundestag derzeit wieder
zurückgehe und auch im Kreistag das Verhältnis von 11 Frauen zu 46
Männern alles andere als vernünftig sei. Ramers sprach sich daher
vehement für eine Quotenregelung aus, da Apelle bislang nicht viel
bewirkten.
Die schlechte Bezahlung für Arbeiten im sozialen Bereich nannte
Ramers eine „himmelschreiende Unverschämtheit“ und fügte hinzu:
„Wenn mehr Männer im sozialen Bereich arbeiten würden, dann wäre
die Bezahlung mit Sicherheit besser.“
Wie wichtig der Dienst einer Hebamme sei, habe der junge Familienvater
erst vor einiger Zeit selbst erfahren. Seither sei er davon
überzeugt, dass einer der ältesten und wichtigsten Berufe auch eine
Zukunft haben müsse.
Horst Belter, der stellvertretende Bürgermeister der Stadt
Euskirchen, berichtete von seinen eigenen, recht schockierenden
Erfahrungen bei der Geburt seiner beiden Kinder im Krankenhaus, von
der Zangengeburt seines Sohnes und der eingeleiteten Geburt seiner
Tochter in einem Kreißsaal, in dem das Chaos tobte. Eine
Familienhebamme, die sich vor, während und nach der Geburt um alles
gekümmert hätte, hätte er gern an seiner Seite gewusst und nannte
es daher eine sehr gute Entscheidung, Ellen Behrenbeck zur „Frau des
Jahres“ zu wählen.
Die Vorstandsvorsitzende beider KSK-Stiftungen, Rita Witt, besaß eine
ganz besondere Verbindung zur Preisträgerin. Sie durfte sich nämlich
glücklich schätzen, bei der Geburt ihres Kindes Ellen Behrenbeck an
ihrer Seite gehabt zu haben. „Ein Kind zu bekommen, ist eine
tiefgreifende Erfahrung, die das Leben von Grund auf verändert“, so
Rita Witt.
Eine Betreuung durch eine sowohl sozial als auch medizinisch
kompetente Frau, die das Wechselbad der Gefühle einer werdenden
Mutter besser verstehen könne als ein Mann, sei daher unverzichtbar.
„Der Zuspruch, den nur eine Hebamme einem vermitteln kann, und die
positive Grundstimmung, die sie verbreitet, sind für eine werdende
Mutter enorm wichtig“, betonte Witt.
Anschließend hielt Anne Buschkamp eine Laudatio auf die
Preisträgerin. Ellen Behrenbeck, selbst Mutter dreier, heute bereits
erwachsener Kinder, sei eine kritische, politische und vorurteilsfreie
Frau, die den Beruf der Hebamme seit nunmehr 32 Jahren ausübe. Im
Jahr 2000 habe sie mit zwei Kolleginnen eine Hebammenpraxis in
Euskirchen eröffnet. 2008 dann sei sie als Familienhebamme bei der
Caritas Euskirchen eingestiegen. „Das Berufsbild steckte damals noch
in den Kinderschuhen“, so Buschkamp, so dass Behrenbeck es quasi mit
entwickelt habe.
Bei der Caritas betreue Behrenbeck primär „Frauen mit Schicksal“,
dazu zählten psychisch erkrankte Frauen, Frauen mit
Migrationshintergrund sowie drogensüchtige und arbeitslose Frauen.
Die Arbeit sei nicht immer leicht, aber Ellen Behrenbeck meistere sie
mit viel Engagement und einer ansteckenden Begeisterung.
Die Preisträgerin selbst zeigte sich bescheiden. „Ich möchte den
Preis für alle Hebammen annehmen, denn unser Beruf ist derzeit nicht
einfach“, sagte sie. Die freiberuflichen Hebammen seien aufgrund der
ständig steigenden Haftpflichtversicherungen mit hohen Kosten und
komplizierten Rahmenbedingungen konfrontiert, die ihre Freiheiten
immer weiter
einschränkten. Auch würden die Anfahrtswege zu den Kliniken immer
länger, da immer mehr Kliniken ihre Geburtshilfeabteilungen
schlössen. Die Art und Weise, wie Kinder heute das Licht der Welt
erblickten, sei nicht immer positiv. Die notwendige liebevolle
Zuwendung werde durch die eng gestalteten Rahmenbedingungen mehr und
mehr zunichte gemacht.
„Viele meiner Kolleginnen geben daher auf, und wir sind jetzt schon
zu wenige, um uns um alle Familien kümmern zu können“, so
Behrenbeck. Vor allem die Familien, die einen besonderen Hilfebedarf
hätten, blieben oft auf der Strecke. Ellen Behrenbeck mahnte daher
dringend neue Rahmenbedingungen für den Beruf der Hebamme an. Die
Gewinnoptimierung dürfe beim Beruf der Hebamme keine Rolle spielen,
schon gar nicht in einem so reichen Land wie Deutschland. Behrenbeck
forderte daher für ihren Berufszweig mehr „Wertschätzung,
Anerkennung und Respekt.“
Zumindest während der Preisverleihung war der weit über ihren
Berufsalltag engagierten Frau Anerkennung, Wertschätzung und Respekt
aber gewiss. Die Anwesenden erhoben sich ihr zu Ehren zu stehenden
Ovationen
Die KSK hatte darüber hinaus nicht nur erneut für die ansprechende
Feier und den anschließenden Imbiss gesorgt, sondern auch zwei
Mitarbeiter für den musikalischen Rahmen ins Rennen geschickt. So
verwöhnte das Duo „Ananda KlangGestalten“, bestehend aus Jörg
und Claudia Winter, die Gäste mit leisen Tönen auf der Hang, die
ohne Frage auch in jedem Geburtsvorbereitungskursus für eine
entspannende Atmosphäre gesorgt hätten, und genau so ungewöhnlich
waren wie die Preisträgerin selbst.
Und auch der eigentliche Preis war ungewöhnlich. Er bestand in diesem
Jahr aus einer Tuschezeichnung, angefertigt von Künstlerin Ricarda
Büttgen. Für die kurzweilige und versierte Moderation sorgte Barbara
Brieden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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