Die Krise meistern
Neue Stärken entwickeln

In der Coronakrise stehen Eltern vor ganz neuen Herausforderungen. | Foto: Pixabay
  • In der Coronakrise stehen Eltern vor ganz neuen Herausforderungen.
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Euskirchen (gr). Familien erleben unsichere Zeiten und gleichzeitig
ist ihr Alltagsleben stark eingeschränkt. Die Kontaktsperre dauert
schon zwei Wochen, und jetzt sind auch noch Ferien, ohne dass man
größere Aktivitäten unternehmen kann. Der geplante Urlaub fällt
sowieso ins Wasser. „Das fordert Eltern heraus, bietet aber auch
neue Möglichkeiten“, sagt Alfons Gehlen, der Leiter der Erziehungs-
und Familienberatungsstelle des Kreises Euskirchen. Die entscheidende
Frage sei jetzt: Wie können Eltern sich und ihre Kinder gut durch die
aktuelle Krise bringen?

Gerade Säuglinge und Kleinkinder entwickeln sich in rasantem Tempo.
Eltern können fast täglich miterleben, welche Fortschritte die
„süßen Kleinen“ machen. Da heißt es, sich selbst immer wieder
auf die neu eroberten Fähigkeiten einzustellen. Wenn das gelingt,
stärkt es das Gefühl, sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Eltern
wissen aus ihrem Alltag, dass die kleinen und großen Krisen zum Leben
dazugehören und finden mit Kreativität, Geduld und Zuwendung
vielfältige Lösungen.

„Durch die Erfahrung, eine besondere Situation gemeistert zu haben,
entwickeln wir mehr Vertrauen in unsere Fähigkeiten, wir wachsen
persönlich und gehen gestärkt in die Zukunft“, erklärt Gehlen.
Das gelte für Eltern genauso wie für Kinder, für die Partnerschaft
genauso wie die Familie als kleine Gemeinschaft: „Überstandene
Krisen schweißen zusammen!“

Und weiter: „Halten Sie Familienrat, finden Sie heraus, was zu
erledigen ist und wie die Arbeit auf verschiedene Schultern verteilt
werden kann, was jeder braucht, aber auch, welche Stärken jeder zu
bieten hat: Der 13-jährige Tom verschwindet sonst nur hinter seinem
Computer, jetzt findet der „Nerd“ in Windeseile heraus, welcher
Online-Shop wieder Handdesinfektion verkauft. Der Krav-Magan-Fan Kevin
entdeckt plötzlich, dass es ihm Spaß macht, beim Fahrradausflug mit
der Familie den Organisator zu machen und Lisa versorgt jetzt
freiwillig Menschen in Quarantäne mit Lebensmitteln.“

Krisen seien immer auch Chancen, um neue Stärken zu entwickeln. Aber
auch die Schwächen jedes Einzelnen treten deutlicher zu Tage und
wollen akzeptiert und respektiert werden. Jeder ist so, wie er ist.

Während der ganz „normale Familien-Wahnsinn“ für die meisten
ganz gut zu bewältigen ist, steige der Stresspegel in Krisen weiter
an. Besonders Familien mit knappen Ressourcen, etwa alleinerziehende
Mütter oder Väter, Eltern in Kurzarbeit oder nach Verlust des
Arbeitsplatzes, Eltern mit heftigen Konflikten in der Trennung oder
Eltern mit körperlichen oder psychischen Zusatzbelastungen könnten
in Krisen an Belastungsgrenzen kommen, und dann mache die
Fünfjährige plötzlich wieder nachts ins Bett. Gerade in der
jetzigen Krisenlage verschärfen sich schon bestehende Notlagen, weil
viele Möglichkeiten der Entlastung wegfallen: KiTa und Schule sind
zu, die Großeltern sollten nicht besucht werden, die Freunde bleiben
zuhause, der Sportverein hat Sendepause.

„Da liegen schon mal die Nerven blank, da kann der Druck manchmal
groß werden, und es ist hilfreich, Dampf aus dem Kessel zu nehmen“,
so Gehlen. „Holen Sie sich Hilfe und Unterstützung. Oft reicht
schon ein Telefongespräch, etwa mit Freunden. Gemeinsam geht es
leichter durch Krisen, niemand muss mit dem Druck allein bleiben.“

Kinder brauchen vor allem vier Dinge: einen sicheren Lebensraum,
liebevolle Zuwendung und Geborgenheit, klare Orientierungspunkte, aber
auch im wahrsten Sinne des Wortes „Spiel“-Räume, um sich
ausprobieren zu können.

In der aktuellen Lage, in der vielfältige Ängste von Eltern und
Kindern, Sorgen um die eigene Gesundheit und die der Großeltern eine
große Rolle spielen, können Eltern ihre Kinder gut begleiten, wenn
sie sich in zuverlässigen Quellen informieren, die Fragen der Kinder
altersgemäß beantworten, bewährte Alltagsroutinen, wie
Essenszeiten, beibehalten, Kreativität fördern, aber auch ein paar
Ausnahmen mehr als üblich, etwa beim Medienkonsum, zulassen.
Vielleicht helfen die Kinder jetzt beim Kochen oder machen mal ein
Gericht selbst.

Hier die wichtigsten Tipps des Leiters der Erziehungs- und
Familienberatungsstelle:

• Routine tut gut: Pflegen Sie gute Gewohnheiten, wie feste
Essenszeiten. Wenn sich alles um einen herum verändert, tut etwas
Normalität im Alltag gut.

• Gönnen Sie sich kleine Auszeiten: Kuscheln, träumen, in der
Sonne sitzen oder kleine Freiräume für jeden schaffen.

• Jeden Tag eine gute Tat: für sich selbst und für andere – das
stärkt das Gemeinschaftsgefühl und gibt uns Sinn.

• Loben, anerkennen, wertschätzen! Kinder reagieren mit Stolz auf
Lob und Anerkennung. Das stärkt die Beziehung zu den Eltern, genauso
wie ein kleines Kompliment die Partnerschaft stärkt.

• Den Humor nicht vergessen, miteinander lachen, und die Freude am
Spielen wiederentdecken.

• Ausnahmen bestätigen die Regel: Fünfe auch mal gerade sein
lassen (Mediennutzung, Essensregeln). Darf es ein bisschen mehr sein?
Gönnen sie sich Genuss!

• Soziale Kontakte pflegen, per Mail, SMS oder besser noch: Mal
wieder das gute alte Telefon benutzen und das direkte Gespräch mit
Freunden suchen! Gerade jetzt einmal die Chance nutzen, alte Bekannte
zu kontaktieren. Die meisten haben Zeit.

• In der Krise die Chancen sehen: Die Hektik des Alltages und die
vielen Aktivitäten der Familie nach außen lassen nach, die Familie
findet zusammen, es gibt mehr Zeit für einander, Zeit für
Gespräche, die etwas tiefer gehen, Zusammensein spendet Geborgenheit.

• Sich Hilfe holen

Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle des Kreises Euskirchen ist
erreichbar unter Tel. 02251 / 15710, und zwar Mo – Do von 8:30 h bis
15:30 h und Fr von 8:30 h – 12:30 h. E-Mail:
familienberatung@kreis-euskirchen.de

Auf der Homepage des Kreises Euskirchen findet sich eine Übersicht
über alle Unterstützungsangebote für Kinder, Jugendliche und
Familien im Kreis Euskirchen – und zwar aufgegliedert nach
Problemlagen: www.kreis-euskirchen.de

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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