Prügelattacke auf Gesamtschüler
Unfassbare Untat
EUSKIRCHEN - In Euskirchen gibt es weiterhin nur ein Gesprächsthema: die
brutale Prügelattacke zweier zwölfjähriger Gesamtschüler auf ihren
gleichaltrigen Mitschüler. Der zwölfjährige Eric, der unter anderem
schwerste, aber wohl nicht sichtbare Schädelverletzungen erlitten
hatte, wurde nach einer ersten Untersuchung im Euskirchener
Marien-Hospital unverzüglich in die Neurologische Spezialklinik nach
Köln-Merheim geflogen.
Seitdem liegt der Schüler im künstlichen Koma und wird
intensivmedizinisch betreut. Am Donnerstagabend vor einer Woche hatten
Ärzte des Marien-Hospitals die Euskirchener Polizei über den Vorfall
informiert.
Nach Informationen des Blickpunkt am Sonntag war der Junge am
Donnerstagmittag vor einer Woche gegen 14 Uhr in einem Schulgebäude
einer Lehrerin aufgefallen. Er soll über Schwindelgefühle, Übelkeit
und starke Kopfschmerzen geklagt haben. Die Lehrerin brachte den
Jungen ins Lehrerzimmer, wo er betreut und mit einer Kühlmanschette
versorgt wurde. Danach soll der Gesamtschüler plötzlich kollabiert
sein. Die Pädagogen alarmierten sofort den Rettungsdienst.
Einen Tag später nahm eine Mordkommission aus Bonn unter der Leitung
von Kriminalhauptkommissar Dietmar Kaiser und Staatsanwalt Ulrich
Kleuser in der Schule die Ermittlungen auf. Seitdem gibt es fast
tägliche neue Entwicklungen in dem Fall. Die Beamten suchten
zunächst nach Spuren einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen
dem Zwölfjährigen und gleichaltrigen Mitschülern. Später suchten
sie nach Zeugen, die die Attacke beobachten haben könnten.
Diese meldeten sich einige Tage später dann auch bei der Polizei. Was
folgte war eine erneute Wendung, doch dazu später mehr. Am Montag
sprach Schulleiter Thomas Müller noch von einer „Schockstarre bei
allen Beteiligten". An diesem Tag fand an der Euskirchener
Gesamtschule das erste Mal nach Bekanntwerden des gesamten Ausmaßes
der Prügelattacke eines Zwölfjährigen auf seinen gleichaltrigen
Mitschüler Eric wieder Unterricht statt. Bei den Schülern löste
sich die Schockstarre nach Angaben des Leiters der Euskirchener
Gesamtschule als Erstes. „Die Schüler werden von den Kollegen
wundervoll aufgefangen", sagte Müller, den die Ereignisse in seiner
Schule auch eine Woche später immer noch sichtbar mitnehmen.
Oberstaatsanwalt Faßbender bestätigte bereits zu diesem Zeitpunkt,
dass es sich bei Opfer und dem mutmaßlichen Täter um deutsche Kinder
handelt: „Von einem Migrationshintergrund ist hier weit und breit
keine Spur." Faßbender berichtete auch, dass der Streit, der zur
Prügelattacke eskalierte, bei einer Partie des Kartenspiels Yu-Gi-Oh
ausgebrochen sei.
Schulleiter Müller bekräftigte, dass es sich beim mutmaßlichen
Täter um „einen ganz normalen Schüler handelt, der bisher nicht
negativ aufgefallen war". Müller: „Ich stehe im Kontakt mit Erics
Eltern und mache mir große Sorgen um ihn." Er hoffe, so der
Schulleiter, dass kein falsches Bild in den Köpfen der Menschen
hängenbleibe.
„Ich weiß, dass wir hier einen guten Job machen. Und ich weiß,
dass wir uns auch in diesem schlimmen Fall nichts vorzuwerfen haben",
so Müller, der zwischenzeitlich auch Kontakt zu Sylvia Löhrmann,
NRW-Ministerin für Schule und Weiterbildung, hatte: „Sie hat sich
nach dem Vorfall erkundigt und uns bei Bedarf Unterstützung
zugesichert."
Unterstützung erhält die Schulleitung auch vom Jugendamt des Kreises
Euskirchen und von der Stadt, die Träger der Gesamtschule ist.
„Unsere Gedanken sind bei dem verletzten Jungen", erklärte der
Euskirchener Bürgermeister Dr. Uwe Friedl nach dem Vorfall an der
städtischen Gesamtschule. Er wünsche dem Opfer, „dass es so
schnell wie möglich und vollständig genesen wird".
Landrat Günter Rosenke zeigte sich bestürzt: „Meine Gedanken sind
bei Eric. Ich hoffe, dass er keine bleibenden gesundheitlichen
Beeinträchtigungen hinnehmen muss. Wenn ich an meine eigene Schulzeit
denke, dann hat es auch damals Keilereien gegeben, aber das jetzige
Ausmaß ist erschreckend. Wenn jemand so verletzt wurde wie in diesem
Fall, dann ist das nicht durch eine Ohrfeige passiert."
Der Leiter des Kreisjugendamtes, Erdmann Bierdel, wusste am Montag zu
berichten: „Wir sind im engen Kontakt mit den Eltern des Jungen, der
seinen Mitschüler so schwer verletzt haben soll. Die Eltern sind sehr
kooperativ." Bierdel weiter: „Am Anfang steht nun eine umfangreiche
sozialpädagogische Diagnostik, um etwas über die Ursachen zu
erfahren. Dann überlegen wir, welche Maßnahmen und Hilfestellungen
erforderlich sind. Der Junge war uns bisher nicht bekannt."
Mittlerweile stehen die Mitarbeiter in Kontakt mit zwei mutmaßlichen
Tätern und deren Erziehungsberechtigten. Denn: Im Laufe der Woche
bestätigte sich der Tatverdacht gegen einen weiteren Schüler. Nach
Angaben der Staatsanwaltschaft Bonn gibt es somit einen zweiten,
ebenfalls strafunmündigen Tatverdächtigen. Er soll mit einem
Zwölfjährigen den gleichaltrigen Eric nach einem Kartenspiel, das
eskaliert war, lebensgefährlich verletzt haben.
Nach einem Aufruf der Polizei an Zeugen der brutalen Tat hatte sich
ein Gesamtschüler in Begleitung seiner Eltern bei der Polizei
gemeldet. Der Junge habe die Tat beobachtet, aber selbst nicht
eingreifen können, so Faßbender.
Mittlerweile seien die Ermittlungen der Bonner Mordkommission unter
der Leitung von Kriminalhauptkommissar Dietmar Kaiser praktisch
abgeschlossen. Da es sich bei allen Beteiligten um strafunmündige
Kinder handele, gebe es keine Möglichkeit, Strafverfahren
einzuleiten, so Faßbender. Die Ermittlungsakten würden in Kürze
geschlossen, die Ergebnisse dem zuständigen Jugendamt mitgeteilt.
Die Diskussionen in Euskirchen werden hingegen noch weitergehen. Denn
die schulische Zukunft der vermeintlichen Täter ist noch nicht
geklärt und Eric geht es ja bekanntlich auch noch nicht besser. Eine
Sprecherin der Kölner Klinik, in der Eric betreut wird, bestätigte
auf Nachfrage des Blickpunkt am Sonntag, dass Eric immer noch
intensivmedizinisch betreut werde. „Wie lange der Zustand noch
andauert, ist nicht abzusehen", sagt sie.
- Tom Steinicke
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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