Herbstzeit ist Pilzezeit!
Ab in die Pilze - auch noch bis Ende November
Region. Die gute Nachricht vorneweg: Bis weit in den November kann man noch ganz wunderbar „in die Pilze“ gehen.
Das sagt zumindest Erhard Sonnenfeld. Der 80-Jährige ist einer der Pilzssachverständigen der „Arbeitsgemeinschaft für Pilzkunde Vulkaneifel“ und im Telefonat mit der Redaktion schwärmt er von seinem aktuellen Lieblingspilz, dem „Flockenstiliegen Hexenröhrling“. Der schmecke fantastisch, aber er muss gut durchgebraten werden, denn roh ist er nicht nur ungenießbar, sondern auch giftig: „Ich würde aber auch einen Steinpilz nicht roh essen. Roh schmeckt eigentlich nur der Champignon“, so der Fachmann.
Zum Pilze sammeln in den Wald – das ist ein Hobby, welches immer mehr Menschen vornehmlich im Herbst in die Wälder unserer Region zieht.
Doch dieses Unterfangen endet nicht immer glücklich, sondern im Schnitt mit jährlich bis zu 600 Pilzvergiftungen, und acht bis zehn Menschen per Anno müssen dabei ihr Leben lassen.
Sonnenfeld ist einer der Experten, die von Krankenhäusern bei Verdacht auf Pilzvergiftungen angerufen werden, aber es gibt auch die, die den pensionierten Lehrer anrufen, und dann mal eben durchs Telefon eine Pilzbestimmt haben möchten. Das geht aber natürlich nicht so einfach, und das ist auch nicht die vornehmliche Aufgabe des Bonners.
„Korb, Messer, Pinsel, Buch“
„Korb, Messer, Pinsel, ein Buch zur Pilzbestimmung“: So beschreibt Erhard Sonnenfeld die Materialien, die vonnöten seien, wenn man zum Pilze sammeln in den Wald geht. Wobei ein Weidekorb mit Luftdurchlässigkeit (und ohne Zeitungseinlage) ein weit wichtigeres Merkmal ist, als man meinen könnte. Nicht nur, dass die Sammelstücke in diesem an der Luft sind und schwitzfrei bleiben, durch den Gang mit dem Pilz im offenen Korb durch den Wald verteilt man die Sporen, aus denen dann neue Pilze wachsen – man gibt der Natur also etwas zurück.
Etwa ein bis zwei Kilo pro Person darf man sammeln – hält man sich nicht daran, kann das ziemlich teuer werden, wenn der Förster einen erwischt: 50 Euro pro Kilo musste ein Mann Strafe zahlen, der mit 80 Kilo Steinpilzen erwischt wurde. Immerhin: Ein Kilo genehmigte ihm der Richter, für den Rest wurde das happige Bußgeld fällig, erzählt Sonnenfeld. Dazu kommt, dass es Pilze gibt, die unter Naturschutz stehen, wie zum Beispiel Morchelarten.
Nicht „pflücken“ - drehen!
Beim ernten der Pilze gibt es auch einiges zu beachten: Reißt man sie heraus, beschädigt man das darunter liegende Mycel. „Herausdrehen“ sagt der Fachmann, auch um den Pilz bestimmen zu können. Lässt sich der Pilz aber schon vom Ansehen alleine eindeutig zuordnen, kann man ihn auch vorsichtig mit dem Messer nicht zu tief abschneiden.
Mit einem Pinsel – es gibt spezielle für Pilze – entfernt man Erde und Schmutz, ein mitgebrachter Pilzratgeber hilft bei der Bestimmung. Und hier greife die Pilzregel Nummer eins: Ist keine eindeutige Bestimmung möglich, soll der Pilz im Wald bleiben.
Pilze mögen es mild und feucht
Wann aber nun lohnt sich der Gang in den Wald? Pilze wachsen am besten, wenn milde Temperaturen und feuchte Luft vorherrschen. Dann „schießen“ sie aus dem Boden und können von dort aus gleich in die Pfanne wandern, sofern sie ungiftig und schmackhaft sind. Und nicht verseucht: „Maronen zum Beispiel sind Blei, Cadmium und Quecksilber belastet“, sagt der Experte, wohingegen sich die Strahlenbelastung nach Tschernobyl in NRW-Wäldern von Anfang an in Grenzen gehalten habe.
Ganz im Gegenteil zu Süddeutschland, dort sei die Belastung doppelt so hoch wie bei uns: „Von da würde ich kein Wild essen“, betont Sommerfeld.
Denn Pilze sind natürlich auch ein Nahrungsmittel der Waldtiere, wobei man sich dabei Sorgen machen müsse, ob man dem Reh oder dem Wildschwein die Nahrung nehme, dem sei nicht so, der 80-Jährige. Die würden sich aktuell auf Eicheln konzentrieren.
Die Pilzvergiftung
Die Crux bei allem: Giftige Pilze können eine leckere Mahlzeit in einen Albtraum verwandeln! Mit viel Glück schmeckt man die Giftstoffe beim ersten Bissen heraus, mit weniger Fortune endet die Mahlzeit mit Magenkrämpfen, Organversagen und dem Tod.
Der giftigste von allen ist der grüne Knollenblätterpilz und die Zeit, bis sein Gift im Körper wirkt, kann bis zu 24 Stunden dauern. Bereits kleine Mengen führen zu starken Bauchkrämpfen, Erbrechen, Kreislaufversagen, Muskelkrämpfen, Herzversagen, blutigem Durchfall und Leberzersetzung.
Übrigens: es gibt keine tödlich giftigen Röhrenpilze, so Sommerfeld auf Nachfrage. Zwar ist auch der äußerst seltene Satansröhrling giftig, aber man komme mit dem Leben davon: „Er ruft schweren Brechdurchfall hervor. Aber ich habe noch nie einen gefunden“.
Was hingegen aktuell massenweise auftrete, ist der Hallimasch, ein sehr wohlschmeckender Speisepilz, gegen den – so Sommerfeld – allerdings persee etwa 20 Prozent der Menschen allergisch seien.
Echte und sekundäre Vergiftung
Wenn man den Verdacht hat, man könnte eine Pilzvergifung haben, muss man zwischen der „echten“ sowie der „sekundären“ Pilzvergiftung unterscheiden.
Erstere tritt nach dem Verzehr von Giftpilzen auf, letztere ist eine Lebensmittelvergiftung, die nach dem Essen von verdorbenen, eigentlich genießbaren, Speisepilzen auftritt.
Das können eigens gesammelte sein, die entweder schon verdorben waren und/oder durch falschen Transport und unsachgemäßes Lagern verdorben wurden, oder aber gekaufte Pilze, bei denen die Kühlkette unterbrochen wurde oder die zu lange und zu warm gelagert wurden.
Und auch Rauschpilze, so genannte „Magic Mushrooms“ sowie das Essen von bestimmten Pilzen (zum Beispiel dem Schopftintling) in Verbindung mit alkoholischen Getränken können eine sekundäre Vergiftung hervorrufen, genauso wie eine allgemeine Unverträglichkeit gegen Pilze.
Bei den meisten Pilzvergiftungen treten die Symptome bereits nach 15 Minuten auf, aber es kann auch bis zu vier Stunden nach dem Verzehr dauern, bis die ersten Symptome – Übelkeit, Schwindel, Erbrechen und Durchfall – auftreten. Achtung: Vergiftungssymptome von gefährlichen, potenziell tödlichen Vergiftungen können sich mitunter erst nach sechs bis acht Stunden oder sogar erst nach ein bis zwei Tagen zeigen!
Bei dem Verdacht einer Pilzvergiftung soll man sich sofort in ärztliche Behandlung begeben – entweder man fährt in die nahe gelegene Notaufnahme oder wählt den Notruf 112.
Salz, Pfeffer, Butter, Zwiebeln
Und was braucht man nun eine leckere Pilzpfanne? Nicht viel, schwärmt der Experte. Die Pilze in etwas Butter mit Zwiebeln anbraten, Salz, Pfeffer, Sahne dazu und bei Belieben etwas frische Petersilie. Wir wünschen einen guten Appetitt!
Redakteur/in:Montserrat Manke |
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