"Leicht.Sinn"
Ausgezeichnete Kunst
Wesseling - Man könne zwar ohne Kunst überleben, aber sie bereichere und
verschönere unser Dasein ungemein. Erwin Esser beginnt so sein
Vorwort im 52 Seiten zählenden Ausstellungskatalog zum elften
Wesselinger Kunstpreis.
Nicht nur der Bürgermeister ist ein Liebhaber der schönen Künste,
eine Reihe von Bürgern unserer kleinen Stadt scheinen es auch zu
sein, die Preisverleihung in der Scheune des Schwingeler Hofes
erfreute sich großer Beliebtheit.
Kein Wunder, denn geboten wurde nicht nur ein Event mit Talkshow,
Preisverleihung und sich anschließenden Gesprächen bei dekorativ
angerichtetem Fingerfood, sondern natürlich die Ausstellung der Werke
aller nominierten Künstler. Die Scheune des aus dem 18. Jahrhundert
stammenden Schwingeler Hofes bildete dabei den eleganten Rahmen und
eignete sich bestens zur Präsentation der Kunst.
Mit großer Sorgfalt agierte der Ausrichter, der örtliche Kunstverein
zusammen mit der Stadt Wesseling, im Vorfeld der Preisvergabe. Mit
Gérald Goodrow wurde ein Fachmann als Jury-Vorsitzender gefunden, der
32 Jahre Berufserfahrung mitbringt: zu den wichtigsten Stationen des
gebürtigen Amerikaners gehören sicher das Museum Ludwig, das
Londoner Auktionshaus Christie’s sowie die Kunstmesse „Art
Cologne“, die der 53-Jährige von 2003 bis 2008 leitete.
Es sei natürlich schwierig gewesen, aus über 2500 Einsendungen von
849 Bewerbern die schlussendlich 34 Werke zu finden, die nominiert
wurden, so Goodrow.
Mehrfach wurde jeweils gut acht Stunden getagt, und gerade beim ersten
Mal, als alle Einsendungen im Rathaus mittels Projektor an die Wand
projiziert wurden, habe man mitunter im Sekundentakt entschieden.
Aber es sei auch ebenso lange und beharrlich über die eingesandte
Kunst gestritten worden, so Goodrow, der mittlerweile als Kuratpr und
Auto in Köln lebt. Es habe „gemenschelt“, und dadurch, dass
„ein Herz gebrochen“ wurde, sei ein anderes „aufgegangen“.
Zur Jury gehörten Margot Keila, Vorsitzende des Kunstvereins, Jürgen
Querbach und Karl-Heinz Lutter (beide Kunstverein), Georg Böhner,
Vorsitzender des Kulturausschusses und Ratsfrau Heidi Meyn, die
ebenfalls im Kulturausschuss wirkt sowie Stefan Bab vom Kulturamt der
Stadt, der seinen Sitz vom Bürgermeister bekommen hatte, denn - so
Esser - er sei die viel bessere Wahl für diese Aufgabe.
Die Preise wurden im Bereich Malerei, Fotografie sowie Skulptur und
Objekt vergeben und an der Skulptur von Preisträgerin Jana Merkens,
die im benachbarten Alfter ihr Atelier hat, blieben die Besucher
sofort stehen und einer jungen Dame entfuhr es schockiert: „Das ist
doch die Merkel“. Ja, genau: Gut erkennbar sitzt die Kanzlerin mit
neun Flüchtlingen in einem Gummiboot. Ein halbes Jahr hat die
28-Jährige am Objekt „Das Boot“ gearbeitet, und wer die
Silikon-Gusstechnik-Skulptur kaufen möchte, muss 40 000 Euro
investieren, denn die spektakuläre Arbeit der Studentin hat schon
jetzt, ein Jahr nach dem Entstehen, überregionale Berühmtheit
erlangt.
Kristina Kanders gewann mit dem Bild „Housewife 36, Irene“, einer
1,20 Meter hohen Arbeit, auf der die 56-Jährige eine bügelnde
Hausfrau auf eine Retrotapete in Öltechnik gemalt hat.Der erste Preis
für die beste Fotografie ging an Wolfgang Fröhlings Werk
„Rundgang“, dem Foto eines Spülbeckens in der Kunstakademie in
Düsseldorf. Das Bild stammt aus der zwölfteiligen Serie „Weiß in
Weiß“, die in nur zwei Stunden entstanden sei, zeigte sich der
Künstler selbst erstaunt. „Eine ganz normale Situation, in der aus
der Kleinigkeit etwas großes gemacht wird“, sagte Gérald Goodrow
über die 50 mal 70 Zentimeter große Arbeit.Die Vergabe des
Sonderpreises sei eine „Entscheidung des Augenblicks“ gewesen,
hieß es seitens der Jury und prämiert wurde ein Großformat in Acryl
auf Leinwand von Heng Li. Der 29-jährige gebürtige Chinese ist
Meisterschüler von Prof. Ottmar Hörl und es ist seit Beendigung des
Studiums der Malerei und freien Künste der dritte Kunstpreis, den Li
gewonnen hat. Der 29-Jährige habe das Thema des Preises
„Leicht.Sinn“ perfekt umgesetzt sagte Margot Keila. Denn die
meisten hätten entweder das Thema „leicht“ oder den „Sinn“
für ihr Werk ausgesucht. Oder nichts von beidem: „Viele Künstler
sehen einfach nur „Kunstpreis“ und senden dann etwas ein“. Keila
erläuterte, dass man mit dem Thema bei all den aktuellen Katastrophen
die in der gegenwärtigen Kunst thematisiert werden, auch mal wieder
die Leichtigkeit der Kunst hätte sichtbar machen wollen: „Ich
denke, dem haben wir Rechnung getragen“.
Redakteur/in:Montserrat Manke |
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