Neues Heft der Heimatblätter
Das Kriegsende in Wesseling vor 75 Jahren

Ein Flugblatt der Alliierten aus dem Frühjahr 1945. | Foto: Sammlung Drösser
  • Ein Flugblatt der Alliierten aus dem Frühjahr 1945.
  • Foto: Sammlung Drösser
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Wesseling - Anfang 1945 hat die Stadt am Rhein noch 4301 Einwohner – Ein Jahr
vor dem Ende des zweiten Weltkrieges waren es noch 12.025. Es herrscht
ein unglaubliches Elend in der Stadt, selbst die durch
Lebensmittelkarten versprochenen 2 Kilo Brot pro Woche pro Person gibt
es nicht mehr. Da eine Hungersnot droht, fordern die Gauämter der
NSDAP für Volksgesundheit unter anderem dazu auf, das wenige Brot
durch Ballaststoffe zu strecken, wobei ausdrücklich nicht
„Baumflechten, Sägemehl und Baumrinde“ empfohlen werden.

Den Wesselingern wird nahe gelegt, ihre Vitaminversorgung durch das
Aufbrühen von jungen Fichtennadel- sowie Kieferntrieben zu
verbessern. Fünf Jahre schon wird die Stadt am Rhein, und hier vor
allem die Union Kraftstoff, von alliierten Bombern angegriffen. Das
Werk ist so schwer beschädigt, dass es im Oktober 44 geschlossen
wird, aber Wesseling wird weiter bombardiert. Immer wieder suchen die
verbliebenen Menschen Schutz in den Bunkern.

Am 4. März erreicht die vierte Panzerdivision der „First US Army“
die Stadtgrenze Kölns, einen Tag später marschieren sie in die
Domstadt ein. Am Abend des 6. März drücken die ersten Amerikaner dem
Domvikar die Hand. Am gleichen Tag schlagen zwei amerikanische
Granaten in den Berzdorfer Wasserturm ein, zwei Menschen verlieren ihr
Leben, mehrere werden schwer verletzt.

Mit weißen Fahnen gehen die Berzdorfer an diesem Tag den
amerikanischen Truppen entgegen, aus den Fenstern des heutigen
Wesselinger Stadtteils hängen weiße Bettlaken, die die Bereitschaft
zur Kapitulation zeigen. Gute 2800 Menschen leben zu diesem Zeitpunkt
noch in Wesseling, und auch für sie naht am 8. März 1945 die
Befreiung, auch wenn das kleine Urfeld von der anderen Rheinseite aus
noch von deutschen Truppen beschossen wurde – wohl bis zum 18. März
waren die Häuser rheinseits evakuiert.

Mehr als eindringlich schildert Historiker Wolfgang Drösser in Heft
74 der „Wesselinger Heimatblätter“ das Ende des zweiten
Weltkrieges in Wesseling und es kommen auch Zeitzeugen zu Wort,
darunter der ehemalige Bürgermeister Alfons Müller, der als Junge
ein Standgericht miterleben musste. Oder Anneliese Schöneberger, die
schildert, wie die Amerikaner am 8. März auf der Kreuzung am alten
Rathaus stehen und wie eine Touristengruppe aussieht, welche sich
verlaufen hat.

Ganz bewusst hat die Redaktion der Heimatblätter entschieden, nach
dem 40., 50., 60. und 70. Jahrestag des Kriegsendes erneut über die
Geschehnisse zu berichten, denn wie Wolfgang Drösser es im Heft
ausdrückt, sind die Schüsse auf die Synagoge in Halle und die Morde
in Hanau kein „Vogelschiss“, sondern „Ausdruck brauner
Gesinnung“ und „kaum zu überbietende Brandzeichen“.

Interessant ist auch der neue Bericht von Stadtarchivarin Martina Zech
über die Geschichte des Vereinsfußballs. Im neuen Heft geht es um
den 1929 gegründeten SSV Berzdorf und den Fußball in Keldenich.

Über römische Zeugnisse auf Wesselinger Stadtgebiet schreibt
Wolfgang Drösser und wie immer steuert Franz-Josef Thiemermann Texte
in kölscher Mundart bei. Es geht unter anderem um Erinnerungen an das
Jahr 1946.

Außerdem zeigt er an vielen Beispielen auf, wie der Begriff
„Heimat“ in Redensarten und regionalen Hymnen verankert ist –
zum Beispiel erfährt man, was es mit „unrasiert und fern der
Heimat“ auf sich hat.

Petra Lohr hat die Malerin und Bildhauerin Eva Ohlow in ihrem
Wesselinger Atelier besucht und stellt die Künstlerin vor.

Interessant sind auch die Tagebucheintragungen, die Hans-Josef Nies
1960 als Praktikant bei der „Reederei Braunkohle GmbH“ getätigt
hat.

Mit den Nachrichten aus dem Vereinsleben endet Heft 74. Es ist an den
bekannten Verkaufsstellen zum Preis von 5 Euro zu erhalten. Die
Meinung der Redaktion: Unbedingt kaufen und in die Geschichte unserer
Stadt eintauchen!

Redakteur/in:

Montserrat Manke

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