Wasserstoff für Wesseling
„It‘s amazing, what you‘re doing here“

Und hoch mit der Schaufel: Christoph Dammermann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, Raffineriedirektor Frans Dumoulin, Bart Biebuyck (EU Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking, Simon Bourne von ITM Power, Thomas Zengerly (Geschäftsführer Shell Deutschland Oil) und Wesselings Bürgermeister Erwin Esser. | Foto: Montserrat Manke
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  • Und hoch mit der Schaufel: Christoph Dammermann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, Raffineriedirektor Frans Dumoulin, Bart Biebuyck (EU Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking, Simon Bourne von ITM Power, Thomas Zengerly (Geschäftsführer Shell Deutschland Oil) und Wesselings Bürgermeister Erwin Esser.
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Wesseling - Die weltweit größte Anlage zur Herstellung von Wasserstoff mittels
Elektrolyse – sie wird auf Wesselinger Boden entstehen, mitten im
Herzen der Shell Rheinland Raffinerie.

Betrieben werden soll die 16 Millionen Euro teure Anlage auch mit
erneuerbaren Energien, und gut die Hälfte des Strombedarfs kann Shell
aus seinen beiden eigenen Kraftwerken in Wesseling und Godorf
„ziehen“. Der Rest würde am Markt eingekauft, so Dr. Thomas
Zengerly, Chef von Shell Deutschland und ehemaliger Werksleiter der
Rheinland Raffinerie.

„Weltweit größte Wasserstoff-Elektrolyse“ klingt angesichts
einer Grundfläche von 20 mal 25 Metern und einer maximalen Höhe
(nämlich die der Schornsteine) von zehn Metern etwas übertrieben,
aber es ist tatsächlich ein Novum, bei dessen Spatenstich am frühen
Dienstagmorgen über 100 Gäste dabei sein durften.

Mit Bussen wurden sie auf das Werksgelände gebracht, zu der Stelle,
wo jahrelang eine grüne Wiese über massivem Werksbeton noch aus den
30er Jahren gewachsen war.

Zu Mini-Bergen geschaufelt war der abgeschlagene Beton gut sichtbar,
davor stand eine kleine Bühne und etwas weiter links wurden die
Geladenen mit eisgekühlten Getränken vom Caterer versorgt –
schließlich herrschten schon um kurz nach 10 Uhr über 30 Grad.

Solche Temperaturen seien die Folge des Klimawandels sagen Experten
und sprechen in dem Zusammenhang von der Erderwärmung durch CO-2
Ausstoß, unter anderem durch Autos, oder eben auch durch industrielle
Anlagen.

Es gäbe zwei Wege zur Lösung des Klimawandels, sagte Christoph
Dammermann, Staatsekretär im Wirtschaftsministerium NRW, im Interview
mit Axel Pommeränke, Kommunikationsmanager der Shell Deutschland: der
eine sei der Verzicht, zum Beispiel aufs Auto, auf Fleisch, aufs
Fliegen.

Der zweite, und das sei seiner Meinung nach bessere, sei der der
Innovation, also neue Wege zur Energiegewinnung zu gehen. Wasserstoff
– so Dammermann - habe eine relevante Zukunft, und deshalb müsse
man auch die Elektrolyse in einem großen industriellen Maßstab
zugänglich machen.

Werksleiter Frans Dumoulin sprach schon in der Einladung zum
Spatenstich davon, dass Wasserstoff Elektrizität, Verkehr und
Wärmeversorgung vernetze und damit einen wichtigen Baustein der
Energiewende darstelle. Die Elektrolyse könne eine
Schlüsseltechnologie für eine CO2-freie Wasserstoff-Erzeugung in der
Raffinerie darstellen.

#article

Für das Projekt haben sich starke Partner zusammengeschlossen: Mit
Shell bilden ITM-Power, SINTEF, thinkstep und Element Energy das
Konsortium namens „Refhyne“.

Als solchen bekommen sie 10 Millionen Euro der für den Bau nötigen
16 Millionen als Fördergeld von der „Europäischen Fuel Cell
Hydrogen Joint Undertaking“.Hierbei handelt es sich um eine
öffentlich-private Partnerschaft zur Unterstützung von Forschung,
technologischer Entwicklung und Demonstration in Brennstoffzellen- und
Wasserstoff-Energietechnologien in Europa.Ziel der Organisation mit
Sitz in Brüssel ist es, die Markteinführung dieser Technologien zu
beschleunigen und ihr Potenzial als Instrument für ein
kohlenstoffarmes Energiesystem zu nutzen.

„It’s amazing, what you’re doing here“, schwärmte Bart
Biebuyck, der als Vertreter der „Europäischen Fuel Cell Hydrogen
Joint Undertaking“ aus Brüssel gekommen war.

Fünf Projekte hätten sich für die 10 Millionen Fördergelder
beworben, und drei Gründe seien ausschlaggebend für die Vergabe nach
Wesseling gewesen: Der Bau einer Elektrolyse im industriellen Ausmaß,
die Auswirkungen darauf auf den gesamten Markt und die Qualität der
Produkte.

Bereits heute verwendet die Raffinerie für ihre Produktionsprozesse
ungefähr 180.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Dieser wird bislang
noch mittels Dampfreformierung aus Erdgas und Wasserdampf hergestellt.

Bei der Elektrolyse hingegen wird Wasser mit Hilfe von Strom in seine
Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Ab Mitte 2020
können dann rund 1300 Tonnen aus der neuen vollautomatischen Anlage
mit in den Kreislauf zur Entschwefelung mit einfließen – denn
dafür braucht die Raffinerie den Wasserstoff.

Beim Spatenstich konnten die Gäste neben vielen Schautafeln und der
großen Baugrube noch etwas sehr anderes bewundern: drei Autos, die
mit Wasserstoff betrieben werden. Zurzeit gebe es etwa 500 solcher
Wagen, die in Deutschland am öffentlichen Verkehr teilnehmen würden,
sagte Lorenz Jung, Head of Network Delivery von „H2 Mobility“.

Die Firma mit Sitz in Berlin ist für den Ausbau von
Wasserstoff-Tankstellen in der Republik verantwortlich. Davon gibt es
mittlerweile 71.

Rund 1,5 Millionen Euro koste eine solche Tankstelle, und das
Unternehmen habe vom Kartellamt eine Ausnahmegenehmigung zum Aufbau
bekommen, so Jung. Später sollen die Tankstellen in den freien Markt
gehen.

Toyota, Hyundai und Daimler sind aktuell die einzigen Hersteller, die
Wasserstoff-Autos bauen. Etwa 5 Kilo Wasserstoff fasst ein Tank, mit
einem Kilo kommt man rund 100 Kilometer, der Preis für ein Kilo
Wasserstoff liege bei etwa 9,50 Euro.

Das „Betanken“ dauere nur wenige Minuten, und wer einen solchen
Wagen haben möchte, muss zwischen 69.000 und 80.000 Euro investieren

Redakteur/in:

Montserrat Manke

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