Großschach im Rheinpark
Jeden Dienstag kann man den Geist anstrengen
Wesseling - „Schach“ leitet sich aus dem persischen Wort für „Schah“
(„König“) ab. Doch die Wurzeln darf man in Nordindien vermuten,
so wie alle anderen Vorläufer des Spiels, welchen man abgewandelt zum
Beispiel in Thailand als „Makruk“ kennt.
Als Persien im Altertum von den Arabern erobert wurde, breitete sich
das Schachspiel durch die islamische Expansion aus und war im 13.
Jahrhundert fest in Europa etabliert, gehörte zu den „sieben
Tugenden der Ritter“.
Eine große Reformation erfuhr das den Geist anregende Vergnügen zwei
Jahrhunderte später, vermutlich durch die Spanier: Dame und Läufer
bekamen ihre noch heute gültigen Gangarten, der Bauer durfte vom
Start aus den Doppelschritt machen und die Rochade wurde eingeführt.
Mit dem 18. Jahrhundert hielt das Schachspiel Einzug in die
bürgerliche Gesellschaft und heute ist es - gemessen an der Zahl der
Vereine - das beliebteste Brettspiel Europas.
Einer, der seit seinem 15. Lebensjahr täglich Schach spielt ist
Joachim Raabe. Und nicht nur das, er ist Ausbilder, Trainer und
Turnierspieler. Der 72-Jährige Wesselinger stellt sein Können nun
schon seit einigen Wochen - ehrenamtlich - vorerst jeden Dienstag im
Rheinpark zu Verfügung, denn hier wird immer ab 14 Uhr auf dem
eingemauerten Spielfeld vor der Kulisse von Vater Rhein Schach mit
Großfiguren gespielt.
Diese schöne Neuerung haben die Wesselinger dem Seniorenbeirat der
Stadt zu verdanken, oder besser gesagt, deren emsiger Vorsitzender,
Maria Mund: Sie war in einem Urlaub in Thimmendorf, und dort wurde
unter reger Zuschauerbeteiligung täglich Großschach gespielt: „Das
war toll, da waren immer viele Menschen, es wurde gefachsimpelt oder
einfach nur zugeschaut“, erklärt die 80-Jährige im Gespräch mit
der Redaktion.
Zur erste Partie finden zwei äußerst ungleiche Gegner im oberen
Rheinpark (Zugang zum Schachspiel ist über den Parkteil mit dem
Brunnen) zusammen: Rolf Hannemüller (71) aus Keldenich ist ein
ambitionierter Hobbyschachspieler, Herbert Gnesner bringt zwar durch
seinen Beruf als „IT’ler“ den analytischen Verstand mit, hat
aber noch nie in seinem Leben Schach gespielt.
Beide haben die Aufruf in unserer Zeitung gelesen, beide kommen aus
Keldenich, aber gesehen haben sie sich noch nie.
Die Figuren stehen schon auf dem Feld, glänzen in der Sonne und sind
schön anzusehen. Es ist ein warmer Sommernachmittag, perfekt für
eine Partie Großschach, das findet auch Raabe, der sich dezent
zurückhält, und seine beiden „Premieren“ Schachspieler in Ruhe
anfangen lässt.
Hannemüller gibt dem Neuling Gnesner die ersten Tipps, doch
spätestens, als die Figuren hinter den Bauern anfangen zu agieren,
kommt von Raabe ein dezentes: „Darf ich mal helfen?“. Natürlich
darf er, und er tut es mit der Erfahrung seiner Jahrzehnte als Trainer
und Ausbilder.
So ergibt sich im neu gestalteten Rheinpark nun immer dienstags die
wunderbare Möglichkeit, eine Partie Schach mit netten Menschen zu
spielen, altes Wissen wieder aufzufrischen, Neues dazu zu lernen oder
vielleicht einfach nur auf einer der Bänke Platz zu nehmen und den
Spielern bei ihrer Partie zuzuschauen.
Das ist schön und entspannend in einer Zeit, in der es alles
„schnell, schnell“ gehen muss und digitale Technik unser
ständiger Begleiter zu sein scheint. Denn das Großschach im
Rheinpark kommt all ohne das aus, einzig 32 Figuren, ein Spielfeld und
zwei wache Geister braucht man für eine gute Partie Schach.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, Infos hat Joachim Raabe unter 0
22 36/47 560.
Redakteur/in:Montserrat Manke |
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