Der Zirkus ist da
"Laola" gastiert in Wesseling

Mike Laola balanciert ineinander verkeilte Stühle. Sein Papa, Zirkusdirektor Alfredo, moderiert dazu. Wenn er nicht durch das Programm führt, gibt der 60-Jährige den „dummen August“. | Foto: Montserrat Manke
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  • Mike Laola balanciert ineinander verkeilte Stühle. Sein Papa, Zirkusdirektor Alfredo, moderiert dazu. Wenn er nicht durch das Programm führt, gibt der 60-Jährige den „dummen August“.
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Wesseling - „Herzlich Willkommen“ steht auf dem großen Kassenwagen und beim
Redaktionsbesuch bei der Zirkusfamilie „Laola“ sind wir das auch.
Als meine kleine Tochter und ich auf dem Gelände in Keldenich auf dem
Kirmesplatz ankommen, sind die Vorbereitungen für die erste Show am
Nachmittag so gut wie abgeschlossen, das Mittagessen für die Familie
brutzelt auf dem Grill, gerade sind Vertreter der Stadt Wesseling da
und nehmen das Zirkuszelt ab. Feuerlöscher, Bestuhlung, Zeltbau -
alles wird auf Tauglichkeit untersucht.

Wir dürfen Platz nehmen, vor dem großen original Zirkuswagen, der
das Herzstück des Familienlebens der fünfköpfigen Zirkusfamilie
bildet. In diesem wohnen Daniela, Alfredo sowie Leila „Laola“.
Leila ist die gute Seele des Familienunternehmens, sie kümmert sich
zusammen mit Daniela ums Essen, die Wäsche, den Haushalt und verkauft
Popcorn und Co. „Ich bin das Mädchen für alles“, erläutert sie
und deckt den Tisch, der im Freien steht.

Ob wir mitessen wollen, werden wir gefragt. Ich verneine, meine
Tochter nimmt nach anfänglicher Schüchternheit und mehrmaligem
Nachhaken gerne an. So sitzen wir bei Grillgut, Wasser sowie
Zitronenlimonade und Zirkusdirektor Alfredo Laola erzählt.

Er berichtet aus einer Zeit, als Artisten, die über die Lande fuhren,
noch ein Drahtseil zwischen Kirchturm und Rathausspitze zogen, um
darüber zu laufen.

Aus einer Zeit, als sein Berufsstand noch „Zigeuner“ und
„fahrende Sippe“ genannt wurde. Und manchmal mit Schimpf und
Schande aus der Stadt gejagt wurde.

In der siebten Generation sind die „Laolas“, die eigentlich einen
ganz anderen Nachnamen haben, aber darum bitten, nur den
Künstlernamen zu schreiben, schon im Geschäft.

Ende des 18. Jahrhunderts legte Urururur-Großvater „Schenni“,
Eugen Neigert, den Grundstein für das Unternehmen, damals noch als
„Circus Caroli“.

Erinnerungen an über 200 Jahre Familiengeschichte gibt es aber nicht
mehr, denn nach einer Gastierung im Osten der Republik brannte nach
dem Abbau der Bürowagen, als die Laolas wieder auf den Platz kamen.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Zwischen 300 und 500 Familienzirkusse gäbe es im neuen Jahrtausend
noch in der Bundesrepublik Deutschland, weiß Alfredo.

Nach der Öffnung in den Osten sei die Zahl der kleinen
Familienzirkusse sprunghaft angestiegen, da sich die vier staatlichen
DDR-Zirkusse aufgelöst hatten und die Familienverbände darin eigene
kleine Unternehmen gründeten.

Seitdem kenne man sich auch nicht mehr so genau, aber man sei sich
nicht minder verbunden: „Wir halten alle zusammen, teilen uns auch
schon mal einen Platz“, sagt der Chef.

Diesen hier am Vogelsang in Keldenich haben die Laolas für sich ganz
alleine. Es sei gut, mal wieder mitten in der Stadt zu gastieren,
führt Daniela, die Frau vom Chef und Mutter von Mike (28) und Daniel
(17) aus. Sie lobt den Platz, und freut sich, dass er in der Nähe
einer Grundschule ist: „Dann kommen mehr Schüler“.

In Erftstadt Konradsheim verbringt die Familie mit den Tieren die
kalte Jahreszeit. Zwischen zwei Nummernpausen erklärt Alfredo das
dann auch dem Publikum, und er berichtet auch von den Besuchen des
Kreisveterinäramtes, welches regelmäßig nach den Tieren schaue.
„Es gibt nichts zu beanstanden“, so der 60-Jährige.

Überhaupt, die Tiere: Als ich am Ende noch ein Schmuckfoto für einen
Anriss im sozialen Netzwerk Facebook brauche, soll ich besser nicht
das russische Kamel „Ivan“ (8, mit der Flasche großgezogen)
fotografieren. „Da kommen wieder die Hater“, erklärt Daniel, der
28-Jährige Juniorchef.

Ich respektiere den Wunsch den jungen Mannes und mache ein Foto vom
Zirkuseingang mit dem Kartenwagen. Aber auch ohne Tierfoto geht nur
wenige Stunden später die Diskussion bei „Facebook“ los.

Über Tierhaltung im Zirkus, über Kunststückchen, die die Tiere
aufführen und darüber, ob ein Zirkus heutzutage überhaupt noch
Tiere halten soll. Es wird heftig diskutiert, und zwar auf beiden
Seiten.

Wie auch immer - Dieser Zirkus hat Tiere: Hunde, Ziegen, ein Lama und
ein Kamel. Auch einen Esel, aber den sehe ich am Nachmittag in der
etwa eineinhalb Stunden langen Show - inklusive zehn Minuten Pause -
nicht.

Die anderen Tiere sind kurz in der kleinen Arena, und viel wird nicht
von ihnen verlangt. Die Ponys machen ein paar Runden, das Kamel setzt
sich einmal hin, das Lama springt dreimal.

Die Hunde hingegen, die sichtlich Spaß haben an ihren
Kunststückchen, bleiben etwas länger in der Manege, ebenso die
Bergziegen, bei deren Show auch ein Kind aus dem Publikum mit
eingebunden wird.

Im Vorfeld haben die Laolas über 30 000 Karten mit einer Ermäßigung
für den Eintritt in der Stadt verteilt. An Schulen, in Wohnblocks, in
Kindergärten, Supermärkten, einfach überall.

Leider ist die Resonanz am Nachmittag nicht entsprechend. Nur etwa 30
Gäste schauen sich die eineinhalbstündige Show an, aber die sind im
Anschluss begeistert, allen voran natürlich die Kinder: „Mir haben
die Pferde am besten gefallen“, strahlt Ole (4). Und auch Mami
Martina war zufrieden, ihr gefiel die Jonglagenummer am besten.

Elke und Egon, die gemeinsam mit Patenkind Tim (4) im Zirkus waren,
holten sich sogar eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit
zurück: „Ich habe mich gefühlt, wie in meiner Kindheit, sagt Elke.

Von März bis November sind die Laolas in der Republik unterwegs,
vornehmlich in Nordrhein Westfalen, denn bis vor kurzem ist der
jüngste Sohn Daniel hier beschult worden, und zwar in der
Zirkusschule von Biggi Herting, einer Wesselinger Lehrerin, über die
wir noch berichten werden.

Noch bis 21. Mai ist der Familienzirkus in Keldenich am Vogelsang
(unterhalb der Kirche St. Andreas), die Vorstellungen sind donnerstags
(ermäßigter Eintritt) bis sonntags um 16 Uhr, am Muttertag haben
Mamis freien Eintritt, Sonntag, 21. Mai ist die letzte Vorstellung um
11 Uhr. Infotelefon: 0163/45 02 690, Facebook:
www.facebook.com/zirkuslaola.

Redakteur/in:

Montserrat Manke

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