Gerda Boss ist 103!
Leben für das Ehrenamt und die Menschlichkeit

Gerda Boss feierte ihren 103. Geburtstag - sie ist Wesselings älteste Mitbürgerin. | Foto: Montserrat Manke
  • Gerda Boss feierte ihren 103. Geburtstag - sie ist Wesselings älteste Mitbürgerin.
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Wesseling - Mittlerweile ist der Besuch bei Gerda Boss Geburtstagen ein fester
Termin im jährlichen Redaktionskalender. Die rüstige Wesselingerin
ist nämlich die älteste Einwohnerin der Stadt und auch ich freue
mich, wenn wir – bis auf 2020 – an der Kaffeetafel sitzen und ich
diese blitzenden Augen sehen darf.

Als die Redaktion zum 100. Geburtstag von Gerda Boss da war, da habe
ich mich schon mit „Tschüss, bis zum nächsten Mal“
verabschiedet. Und tatsächlich, die damals schon älteste
Mitbürgerin der Wesselinger Innenstadt – sie feierte gestern ihren
103. Geburtstag!

Gerda, die gebürtig aus Soest kommt und in Hamm aufgewachsen ist,
wurde 1918 geboren, kurz bevor der erste Weltkrieg beendet werden
konnte. Mit Nelson Mandela hat sie nicht nur das Geburtsjahr gemein,
sondern auch das Engagement für Schwächere: Zeitlebens hat sie sich
für andere eingesetzt, ihr Augenmerk auf die gerichtet, denen es
nicht so gut geht. „Seinen Nächsten lieben wie sich selbst“, sagt
die Frau, die Hindenburg, Hitler, Adenauer, Kiesinger, Brand, Schmidt,
Kohl und Schröder als Kanzler erlebt hat und dabei war, als die
Bundesrepublik Deutschland mit Angela Merkel die erste Frau in dieses
Amt wählte.

Gerda Boss ist 21 Jahre, als der zweite Weltkrieg ausbricht und ihr
erster Mann David nach Russland an die Front geschickt wird. Er kehrt
nicht mehr zurück, und die junge Witwe sucht Ablenkung im Lazarett,
wo sie Kriegsverletzte pflegt. Hier – als Rot-Kreuz-Helferin - lernt
sie ihren zweiten Mann Rudi kennen. Aus Sympathie und Fürsorge wird
Freundschaft und Liebe. Das Paar heiratet und weil der Rudi nicht
wollte, dass Gerda arbeitet, widmet sie sich in der Heimatstadt ihres
Ehemannes dem Aufbau des Wesselinger Rot-Kreuzes und arbeitet dazu
ehrenamtlich ab den 50er Jahren im hiesigen Krankenhaus in der -
damals noch vorhandenen – Bibliothek.

An ihrem 100. Geburtstag bekam die Jubilarin für ihr 75 Jahre
währendes Engagement für das DRK eine eigens für sie angefertigte
Nadel, denn eine solange Mitgliedschaft – das gab es bis dato noch
nicht.

Gerda Boss ist Initiatorin des Wesselinger Rot-Kreuz-Seniorencafés,
und noch bis zu ihrem 95. (!) Geburtstag leitete sie die dortige
Tagesstätte, spazierte durch die Stadt bis zur Oberwesselinger
Straße und wieder zurück. Auch das hat sie fit gehalten.

Mit 103 lebt sie nun schon ein paar Monate im CBT-Haus Luzia, gehört
hier aber zu den unruhigen Geistern: „Tant` Gerda“ wird von ihrer
Nichte Elke Heider oft gesucht, wenn sie ihre Tante besuchen geht.
Heider kümmert sich liebevoll um ihre Tante, der eigene Kinder
verwehrt blieben.

Seit den 50er Jahren wohnte Boss im „Spinatbunker“, jenem
Hochhaus, das seinen Spitznamen in Wesseling wegen des markanten
grünen Anstriches und der Hausform hat: „Mir geht es gut. Mir tut
nichts weh, ich bin sehr zufrieden. So kann es bleiben“, sagte Boss
noch an ihrem 101. Geburtstag.

Immer noch ist die Jubilarin für ein gutes Essen zu haben, es sollte
nur die richtige Konsistenz haben, und ab und zu ein schönes Glas
Wein dazu. Beim Abschied kann ich nicht anders, ich strahle sie an,
diese schöne alte Frau und sage (recht laut, „Tant Gerda“ hört
nicht mehr gut) aus voller Überzeugung: „Frau Boss, ich hoffe, wir
sehen uns nächstes Jahr wieder“. Ich bin mir nicht sicher, ob sie
alles verstanden hat, aber ihre schönen blauen Augen, die so viel
mehr gesehen haben, als die meisten von uns, leuchten, weiß ich es.

- Montserrat Manke

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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