Oliver Ring liefert Hilfsgüter in die Ukraine
Mit Ausnahmegenehmigung an die Front

Oliver Ring mit Medizinern des „Cherson City Clinical Hospital, A. and O. Tropinyh“. Hier - ungefähr 200 Meter entfernt von der Front - hat der Wesselinger ein Ultraschallgerät ausgeliefert, welches er von einer Wesselinger Kinderarzt Praxis organisiert hatte.  | Foto: Oliver Ring (Quelle)
  • Oliver Ring mit Medizinern des „Cherson City Clinical Hospital, A. and O. Tropinyh“. Hier - ungefähr 200 Meter entfernt von der Front - hat der Wesselinger ein Ultraschallgerät ausgeliefert, welches er von einer Wesselinger Kinderarzt Praxis organisiert hatte.
  • Foto: Oliver Ring (Quelle)

Cherson/Odessa/Wesseling. Es ist ein Jahr her, das Russland seine Invasion in die Ukraine auf das ganze Land ausweitete: „Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung drei Tage danach.

Dieser Tag war auch eine Wende im Leben des Wesselingers Oliver Ring. Er wollte aktiv werden, aber nicht indem er Geld an eine Hilfsorganisation spendet, sondern sein internationales Netzwerk und seinen Linkedin-Account nutzt, um Geld und Sachspenden zu sammeln und selbst ins Kriegsland zu bringen.

Siebter Transport steht an

Und mit dem mittlerweile zweiten gepanzerten Transporter (den ersten hat er dem ukrainischen Militär zum Transport Verwundeter geschenkt) wird sich der 56-Jährige nach Karneval bereits zum siebten Mal auf den Weg über Ungarn und Rumänien nach Odessa machen, wo er seit einem Jahr in einem Hotel Quartier bezogen hat.

Nicht nur, dass Oliver Ring medizinisches Gerät, Wundmaterial, Skalpelle, Op-Tische, Unterlagen für Operationen, Damenhygieneartikel, Windeln, Babynahrung und noch so viel mehr bei seinen Fahrten mitbringt, er organisiert auch von Odessa aus ständig neue Hilfsgüter, die er in Krankenhäuser und zu Hilfsorganisationen bringt, denen er vertraut.

Nachts nach Cherson an die Front

Ein neuer Schwerpunkt seiner Arbeit liegt mittlerweile in Cherson, der Stadt in der Südukraine, die Anfang März 2022 nahezu kampflos von den Russen eingenommen wurde und in der ab Ende Juli 2022 eine ukrainische Gegenoffensive schlussendlich dazu führte, dass die Russen sich im November vergangenen Jahres zurückzogen – nicht, ohne dabei die Infrastruktur der Stadt zerstörten.

Da es keinen Strom und keine Heizung in Cherson gab, und der Winter vor der Türe stand, evakuierte der ukrainische Staat im November 2022 alle, die dazu bereit waren - Anfang Januar lebten laut Medienberichten noch etwa 40.000 Menschen in Cherson.

Die Stadt liegt genau an der Front: Russische Streitkräfte haben nach ihrem Rückzug auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Dnepr Stellung bezogen, es gibt ständig Artilleriefeuer und Raketenbeschuss.

Von Odessa aus sind es ungefähr vier Stunden mit dem Auto bis nach Cherson, und bei seinen Strecken muss Ring mehrere Kontrollpunkte passieren, bei denen das ukrainische Militär und der Heimatschutz nach Kollaborateuren suchen.

Aufbau einer Ambulanz

In die Region selbst fährt Ring nur nachts, und das auch nur mit Sondergenehmigung. Aktuell ist der Wesselinger in dem kleinen Dorf Blahodativka nordöstlich von Cherson aktiv, er hilft dort eine Ambulanzstation wieder aufzubauen. In dem Dorf sind nur alte Menschen, die nicht wegwollen, sowie junge Frauen und ihre Kinder.

In solchen Gebieten wie Cherson herrscht natürlich der Ausnahmezustand, ständig gibt es Explosionen und der Himmel leuchtet in der Nacht rot vom Feuer. In Odessa hingegen würden die Menschen versuchen, ein Stück weit „normal“ zu leben. Wer Arbeit hat, versuche dieser nachzugehen, Restaurants sind geöffnet: „Die Angst kommt in Wellen, immer dann wenn es neue Beschüsse, neue Treffer gibt, ist die Bevölkerung wieder nervös“, sagt Oliver Ring.

Netzwerk an Hilfe

Am meisten hilft dem ehemaligen Banker sein internationales Netzwerk bei der ehrenamtlichen Arbeit – der 56-Jährige ist in der ganzen Welt vernetzt, bekommt Großspenden monitärer Art, aber auch in Form von zum Beispiel Krankenhausbetten. Auch diese Transporte organisiert er, mittlerweile hat Ring in Sachen Logistik Menschen, denen er voll vertrauen kann: „ Es ist ja Krieg, da gibt es immer welche, die sich bereichern wollen. Zum Beispiel an den Grenzen werden immer wieder welche rausgefischt, die unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe mit Luxusgütern wie Parfum oder Designerjeans ins Land einreisen wollen“, sagt er im Interview.

Helfen beim Wiederaufbau

Wie wir alle hofft auch Oliver Ring auf ein baldiges Ende des Krieges, und wenn es soweit ist, wird er weitermachen mit seiner Arbeit und will helfen, das Land wieder aufzubauen: „Ich bin der Überzeugung, dass es ähnlich wie in Deutschland nach dem Krieg dann wirklich aufwärts geht. Da ist viel Potential, die Leute werden wieder zurückkommen, und nach der Stunde Null kann man einiges tun“, so Ring.

Doch noch ist es nicht soweit, und wenn Oliver Ring wieder in den Transporter steigt, um sich auf den Weg zu machen, wird er bis nach Rumänien von seiner erwachsenen Tochter Marie begleitet werden – wie schon bei vorherigen Fahrten wird die 23-järhige Wesselingerin bis Rumänien mitfahren und von dort mit dem Flugzeug zurück nach Deutschland kommen.

Im Laderaum des weißen gepanzerten Autos werden dann auch die Spenden sein, die sein Bruder Dr. Daniel Ring, ein Wesselinger Kinderarzt, jüngst in seiner Praxis gesammelt hat – Windeln für Babys und Pulvernahrung für Säuglinge.

Mehr Infos

https://www.linkedin.com/in/oliver-ring-55563924
ORCA (@orca.project.ukr)
Instagram-Fotos und -Videos

Bitte lesen Sie auch: Wesselinger seit Kriegsbeginn in der Ukraine

Redakteur/in:

Montserrat Manke

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