Albert Klütsch las in Mines Spatzentreff
Seefahrt in die Verlorenheit
Wesseling. Lesungen in Zeiten von Corona - im September hatten Mine Murzoglu von Mines Spatzentreff und Albert Klütsch, Wesselinger Autor und Schauspieler, eine Lesung über Reisen in Zeiten von Corona vereinbart. Der im November angepeilte Termin konnte nicht realisiert werden. Und der eigentlich kurz angelegte November-Lockdown verhinderte auch noch eine Lesung im Februar. Mit den Öffnungsschritten aufgrund des verminderten Infektionsgeschehen im Juni hat es dann endlich im dritten Anlauf geklappt.
Albert Klütsch konnte die 14 Zuhörer im Café am Rhein eine Stunde lang in seinen Bann ziehen - mit seinen ausgeführten Tagebuchnotizen von Tag 1 bis 30 einer Reise, die in Hamburg vor Corona startete und ihr Ziel in Chile wegen Corona nie erreichte. Durch seine schauspieleische Ausbildung versteht er es, seine anschaulich und bildhaft geschriebenen Texte über eine "Seefahrt in die Verlorenheit" mit vielen Randnotizen über seine Beschäftigung an Bord mit Literatur, Philosophie und Politik eindrucksvoll rüber zu bringen.
Er hatte drei Jahre gewartet, um endlich im Februar 2020 mit dem Containerschiff CMA CGM Jean Gabriel unter maltesischer Flagge gemeinsam mit drei anderen Passagieren, die er erst auf der Reise kennenlernte, nach Chile zu fahren. Eine solche Reise erfordert es, dass jeder gut mit sich selbst klar kommt, so Klütsch, denn trotz der Mitpassagiere und der Besatzung des Schiffes hat jeder viel Zeit mit sich selbst, alleine und einsam, außerdem völlig abgekoppelt von Nachrichten im Radio, Fernsehen oder Internet.
Winterstürme im Atlantik, Frühling in der Karibik, Sommer in der Südsee, Panamakanal und Äquatortaufe, Häfen und Menschen beschreibt der Autor. Insgesamt 15.000 km zur See. Nachdem schon in Peru einige Tage vor dem Zielhafen Ärzte begonnen hatten, bei Passagieren und Besatzung Fieber zu messen und der Zutritt des Landes verboten wurde, konnte Klütsch schon ahnen, dass er seinem Ziel Chile zwar ganz nahe kommen würde, es aber trotzdem nicht erreichen konnte. Es gab nur eine Möglichkeit: mit der "Jean Gabriel" wieder viren- und pandemiefrei nach Hamburg zurückzufahren.
Im Blog seiner Website finden interessierte Leser Texte aus dem Buch: Mit dem Frachtschiff nach Chile. Und die Stadt Wesseling produzierte im letzten Jahr eine virtuelle Lesung auf YouTube: Von Hamburg nach Chile auf hoher See. Für den Autor war eine Präsenz-Lesung wie jetzt in Mines Spatzentreff mit Blicken in die Gesichter seiner Zuhörer aber viel schöner!
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