Großes Sportidol
Ulrike Nasse-Meyfarth in Wesseling

Monika Engels-Welter (li.) und Martina Zech (re.) begrüßten Ulrike Nasse-Meyfarth im Wesselinger Rathaus. Die 66-Jährige ist für viele immer noch ein großes Sportidol. | Foto: Frank Engel-Strebel
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  • Monika Engels-Welter (li.) und Martina Zech (re.) begrüßten Ulrike Nasse-Meyfarth im Wesselinger Rathaus. Die 66-Jährige ist für viele immer noch ein großes Sportidol.
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Wesseling. Heimspiel für eine Sportlerinnen-Legende: Sichtlich Spaß hatte Ulrike Nasse-Meyfarth als sie vergangene Woche ihrer früheren Heimatstadt Wesseling einen Besuch abstattete und sich im Ratssaal den Fragen von Stadarchivarin Martina Zech und zahlreichen Bürgern stellte. Viele von ihnen kannten die Sportlerin noch aus ihrer Kinder- und Jugendzeit und schwelgten gemeinsam in Erinnerungen.

Für den Besuch der heute 66-jährigen Sportlerin gab es einen doppelten Anlass. Zum einen feiert die Stadt Wesseling in diesem Jahr ihr 50-jähriges Stadtjubiläum, genauso lange ist es her, dass in München die Olympischen Sommerspiele stattfanden und die damals 16-jährige Meyfarth völlig überraschend und unerwartet die Goldmedaille im Hochsprung schaffte.

Mit einem kurzen Film ließ Zech den triumphalen Empfang der jungen „Gold-Ulrike“ quer durch Wesseling noch einmal aufleben. „Der Tag des Wettkampfs war für Wesseling und ganz Deutschland ein Krimi“, betonte Zech. Als Meyfarth die Marke von 1,88 Metern übersprungen hatte, war ihr Bronze bereits sicher, bei ihrem Goldsprung sei es im Stadion „mucksmäuschenstill“ gewesen: „Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“

In einer „Chronik des Sports“ ist später nachzulesen: „Da macht sich so eine Göre den Jux, rückwärts zu springen und gewinnt womöglich noch. Die Latte liegt auf 1,92. Und Ulrike ‚flopt‘ und sitzt lachend und winkend auf dem Schaumgummipolster.“ Mit Olympia 1972 ist aber auch das Attentat palästinensischer Terroristen verbunden, bei dem drei der fünf Geiselnehmer und neun israelische Geiseln starben. Das geschah einen Tag nach Meyfarths Triumph, auch darüber sprach sie in Wesseling: „Ich hatte von dem Attentat in der Mensa gehört, wollte eigentlich feiern, meine Stimmungslage wechselte von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt, wir hatten alle Angst, ob noch was Schlimmeres passieren könnte.“ Sie fand die Entscheidung richtig, dass die Spiele weitergingen: „Wir dürfen uns von solchen Attentätern nicht unterkriegen lassen.“ Was sie anschließend in Wesseling erwartete, damit hatte sie nicht gerechnet: „So einen Triumphzug erlebt man nur einmal im Leben.“

1984 kam dann das zweite Olympia-Gold in Los Angeles bei den Sommerspielen. Dieser Sieg bedeutete Nasse-Meyfarth mehr als der erste von 1972: „Mein erster Sieg fiel mir in den Schoß, war eher eine Spielerei, den zweiten Sieg habe ich mir hart erarbeitet, weil ich keine Eintagsfliege bleiben wollte.“ Seit 2004 trägt das Wesselinger Sportstadion ihren Namen, bis heute eines der wenigen Sportstadien weltweit benannt nach einer Frau. Zech wollte wissen, was sie davon hält? „Ich fand das toll, ich fühlte mich gebauchpinselt und ich finde das gerechtfertigt“, meinte die zweifache Olympiasiegerin mit einem Augenzwinkern.

Und was meinten die Besucher, die in den Ratssaal kamen? Einige trainierten Anfang der siebziger Jahre gemeinsam mit Meyfarth, waren beim TuS Wesseling in der Leichtathletik-Abteilung aktiv. Doch niemand ahnte, mit einer künftigen Olympiasiegerin gemeinsam Sport zu treiben oder die Schulbank zu drücken. Meyfarth erhielt auch das eine oder andere Erinnerungs-Souvenir, so überreichte ihr ein Mann ein Foto von dem 1973er Karnevalszug, auf dem ein Prunkwagen mit Ulrike Meyfarth aus Pappe zu sehen war.

Ein anderer überreichte ihr eine CD mit Fotos und Filmaufnahmen. Günter Nett, ein ehemaliger Sportlehrer und Wegbegleiter beim TuS Wesseling, zeigte stolz die damals erschienene Sonderpostkarte. Und Wesselings stellvertretende Bürgermeisterin Monika Engels-Welter überreichte der prominenten Tochter noch ein paar aktuelle Souvenirs aus der Stadt am Rhein und einen Blumenstrauß.

Zur Person: Ulrike Nasse-Meyfarth wurde 1956 in Frankfurt am Main geboren, wuchs in Wesseling auf, besuchte das Gymnasium in Rodenkirchen und trainierte beim TuS Wesseling. Ein Jahr vor ihrem ersten Olympiasieg wurde sie Zweite im Hochsprung bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften. Zwischen 1973 und 1985 war sie siebenmal deutsche Meisterin. 1982 sprang sie mit der Weltrekordhöhe von 2,02 Metern zum Sieg bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Athen. Die zweite Goldmedaille holte sie sich im selben Jahr in Los Angeles. Ein Jahr später stellte sie mit 2,03 Metern einen neuen Weltrekord auf.

Meyfarth, die 1987 den Rechtsanwalt Roland Nasse heiratete, war 1981, 1982, 1983 und 1984 Sportlerin des Jahres. Sie studierte an der Deutschen Sporthochschule Köln, ist Diplom-Sportlehrerin und ist Trainerin beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Seit 1984 engagiert sie sich ehrenamtlich für krebskranke Kinder, und seit 2016 unterstützt sie die kommunale Hospizarbeit für Kinder im Rheinisch-Bergischen Kreis. Sie lebt heute mit ihrer Familie in Odenthal im Bergischen Land.

Monika Engels-Welter (li.) und Martina Zech (re.) begrüßten Ulrike Nasse-Meyfarth im Wesselinger Rathaus. Die 66-Jährige ist für viele immer noch ein großes Sportidol. | Foto: Frank Engel-Strebel
Stolzer Weggefährte: Günter Nett zeigt die Sonderpostkarte nach dem Olympiasieg Meyfarths von 1972.

 | Foto: Frank Engel-Strebel
Redakteur/in:

Georg Zingsheim aus Kerpen

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