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Aus dem Leben eines Admins
Was bedeutet Meinungsfreiheit?

Willkommen an die neuen Mitglieder in der Facebook-Gruppe Wesseling.  | Foto: Ulrich Lotz, Design: Sylvia Goergen
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  • Willkommen an die neuen Mitglieder in der Facebook-Gruppe Wesseling.
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Wesseling. Seit zehn Jahren bin ich als Admin in der Städtegruppe für Wesseling aktiv. Die Gruppe hatte ich zunächst zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit für das Akkordeon-Orchester Wesseling genutzt, um Kultur-Beiträgen eine höhere Reichweite zu verschaffen. Bei dieser ehrenamtlichen Tätigkeit stößt man immer wieder auf die Frage: Was bedeutet Meinungsfreihet?

Das hört der Admin einer Facebook-Gruppe nämlich am häufigsten, wenn er einen Eingriff in das Gruppengeschehen tätigt entsprechend der Gruppenregeln, denen jedes Mitglied eigentlich zugestimmt hat? Sei es eine Löschung oder sogar eine Sanktionierung für Desinformation. Du respektierst nicht die Meinungsfreiheit. Da wird dann sogar der Artikel 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bemüht:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Sind Admin-Entscheidungen Zensur, wie es im Internet oft behauptet wird? Schränken Löschungen die Meinungsfreiheit ein? Da werden dann sogar Gegengruppen gegründet mit den Zusätzen: Gruppe der Meinungsfreiheit, Gruppe ohne Grenzen oder Gruppe ohne Zensur... Wie netzpolitik.org das beschreibt: eigentlich stimmt das nicht!

Grundrechte binden stets nur den Staat, also Justiz, Verwaltung und Gesetzgebung. Eine unmittelbare Bindung von Privatpersonen, Unternehmen und Konzernen an Grundrechte kennt unser Grundgesetz hingegen nicht.

Anatol Stefanowitsch, Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin, hat das "kurz und flüchtig" so zusammengefasst:

Was wirklich im Grundgesetzt steht:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]. Eine Zensur findet nicht statt. [Art. 5, Abs. 1]
Wovon viele Menschen glauben, dass es im Grundgesetz steht:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Widerspruch oder Spott finden nicht statt.

Randall Patrick Munroe, ein amerikanischer Comicautor und ehemaliger Robotiker der NASA sowie Betreiber der Internetseite xkcd, hat das in seinem Comic "Free Speech" sehr treffend, aber auch etwas böse dargestellt:  

Dazu gibt es eine deutsche Übersetzung "Meinungsfreihet", ebenfalls von Anatol Stefanowitsch:

Interessanterweise sind es oft Rechtspopulisten und Corona-Leugner, die sich so auf die Meinungsfreiheit berufen. Sie fühlen sich ausgegrenzt, wenn sie nicht überall unkommentiert ihre oft hasserfüllte und demokratiefeindliche Meinung besteuern oder sogar gezielte Desinformation betreiben dürfen. Sie fragen, wo denn die Demokratie bleibt, auch wenn sie im gleichen Atemzug die Demokratie angreifen.  Siehe die Darstellung von Simone Rafael "Wo ist denn hier meine Meinungsfreiheit?"

Es sollte deshalb die Aufgabe eines jeden Admins sein, bei jedem rassistischen Spruch, bei jeder flüchtlingsfeindlichen Bemerkung, bei jeder Corona-Verschwörungstheorie oder bei jeder Diffamierung von Politikern, die Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung treffen, einzuschreiten: im besten Fall durch Widerspruch, wenn Unreflektiertes gesagt wird, aber auch durch Löschung oder sogar durch Ausschluss aus der Gruppe. Denn das ist demokratische Kultur!

LeserReporter/in:

Anita Brandtstäter aus Köln

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