NGG kritisiert: Haupterwerb muss zum Leben reichen
Zahl der Zweitjobber gestiegen

Zapfen im Zweitjob. Immer mehr Menschen sind auf ein Extra-Einkommen im Nebenerwerb angewiesen. In der Gastronomie sind solche Zusatzjobs besonders verbreitet. | Foto: NGG
  • Zapfen im Zweitjob. Immer mehr Menschen sind auf ein Extra-Einkommen im Nebenerwerb angewiesen. In der Gastronomie sind solche Zusatzjobs besonders verbreitet.
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Wesseling/Region - Immer mehr Zweitjobber: Rund 15.500 Menschen im Rhein-Erft-Kreis haben
neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 55 Prozent mehr als noch
vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Köln beruft sich dabei auf
neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Besonders verbreitet sind Zweitjobs
demnach im Gastgewerbe: 1.330 geringfügig Beschäftigte arbeiten in
der Branche im Rhein-Erft-Kreis – zusätzlich zu einer
sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 hat sich ihre
Zahl vedoppelt. Mohamed Boudih, Geschäftsführer der NGG Köln,
spricht von einem „alarmierenden Trend“. „Es kann nicht sein,
dass immer mehr Menschen mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht
über die Runden kommen.“ Auf den ersten Blick verzeichne der
Arbeitsmarkt im Rhein-Erft-Kreis steigende Beschäftigungsquoten.
„Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht alles Gold
ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt“, so Boudih. Mit Blick auf das
Gastgewerbe kritisiert der Gewerkschafter, die Branche dürfe nicht
zur bloßen Minijobber-Domäne werden. „In Hotels, Pensionen und
Restaurants brauchen wir mehr gelernte Vollzeit- und
Teilzeitbeschäftigte. Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte
ersetzen.“ Schon heute seien die Klagen über fehlende Köche und
Oberkellner groß. Doch die gewinne man nur, indem man gute Löhne
zahle. Dringenden Handlungsbedarf sieht die NGG Köln auch bei der
Politik. „Wenn laut Arbeitsagentur im Rhein-Erft-Kreis mittlerweile
mehr als jeder neunte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen
Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen“, betont
Boudih. Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger
Schritt gewesen, um extreme Niedriglöhne abzuschaffen. Doch mit
derzeit 8,84 Euro pro Stunde liege die Untergrenze zu niedrig, um
davon allein als Vollzeit-Beschäftigter etwa eine bezahlbare Wohnung
in der Stadt zu finden. Boudih plädiert dafür, dass ausgehandelte
Tarifverträge künftig in allen Betrieben einer Branche gelten sollen
– unabhängig davon, ob der Chef in einem Arbeitgeberverband ist
oder nicht. „Zugleich muss sich die nächste Bundesregierung
dringend um die Rente kümmern. Ein Großteil der Menschen, die heute
auf einen Zweitjob angewiesen sind, wird im Alter mit Armutsbezügen
leben müssen. Hier brauchen wir eine Haltelinie nach unten“, sagt
Boudih.

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