Grund zur Freude
Lesestoff statt Schießpulver
Wiehl - Vor ziemlich genau 30 Jahren hat die Stadtbücherei Wiehl ihren
jetzigen Standort an der Hauptstraße 43 bezogen. Leider kann das
Jubiläum Corona-bedingt nicht gefeiert werden. Für einen
historischen Rückblick bietet sich die runde Zahl aber allemal an.
„Wir hatten eine Menge schöner Ideen im Kopf, um die 30 Jahre
angemessen zu feiern“, sagt Büchereileiterin Jessica Pallach. Doch
mitten hinein in die Vorbereitungen platzte der Lock-down und relativ
bald stand fest: Eine Festwoche wie geplant wird es nicht geben
können. Stattdessen nimmt das Team der Stadtbücherei das nächste
Jahr ins Visier, um so manche Aktion nachzuholen.
Für einen Blick zurück in die Geschichte gibt es aber schon jetzt
Gelegenheit. Fast hätte die langjährige Büchereileiterin Gerlinde
Hünninghaus das Jubiläum noch während ihrer aktiven Dienstzeit
mitfeiern können. Doch im vergangenen Dezember wurde sie in den
Ruhestand verabschiedet.
Bereits vor 30 Jahren führte sie die Einrichtung, die lange Jahre im
neuen Rathaus und zuvor im Provinzialhaus untergebracht war. Doch mit
dem Umzug in das frühere Kaufhaus Schumacher begann eine neue Ära
für die Wiehler Stadtbücherei.
Denn mit der Sanierung und dem Umbau geriet das Haus aus dem 18.
Jahrhundert zum architektonischen Schmuckstück, das Denkmalschutz und
öffentliche Nutzung bestens unter einen Hut brachte. In dem
ursprünglichen Kaufhaus Schumacher bot die Familie um 1900 Spezereien
und Schießpulver an, später dann Porzellan und Geschirr. Bis 1988
führte Karl-August Schumacher das Geschäft. Danach bekundete die
Stadt Wiehl Interesse, schreckte jedoch vor dem hohen
Sanierungsaufwand zurück.
In dieser Situation half der Unternehmer Christian-Peter Kotz: Er
kaufte das Haus und ließ es vom Bielsteiner Architekten Volker Howad
für den neuen Zweck umbauen. Anschließend vermietete Kotz das Haus
an die Stadt.
Die Arbeiten waren umfangreich: Die Fassade erhielt eine Verkleidung
aus bergischem Schiefer, das Haus einen gläsernen Aufzug. Das Projekt
bezog die benachbarte alte Scheune mit ein, legte uralte Holzbalken
frei und ließ Gemäuerteile der alten Gebäude sichtbar stehen. Das
Ergebnis war und ist ein echter Hingucker: Die Wiehler Stadtbücherei
gilt als schönste im Oberbergischen Kreis. Am 23. August 1990 zeigte
sie erstmals öffentlich das neue Gewand.
Der damalige Wiehler Bürgermeister Wilfried Bergerhoff bezeichnete
die Einrichtung als „Wiehls gute Stube“ – und das ist sie bis
heute geblieben. Christian Peter Kotz bekam aus den Händen
Bergerhoffs den Silbernen Wiehltaler überreicht: für seine
Verdienste um das historische Ortsbild.
Die Bausubstanz ist zwar betagt, zwischen den alten Mauern zeigt sich
die Stadtbücherei aber auf Höhe der Zeit: Außer Büchern gibt es
CDs, DVDs und trendige Medien wie die Tiptoi-Bücher. Fast 6000 Titel
entfallen auf elektronische Medien. Insgesamt bietet die
Stadtbücherei heute mit ihren Zweigstellen in Bielstein und
Drabenderhöhe rund 42.000 Medien, davon allein 36.000 Bücher und
Zeitschriften.
Natürlich zeigt das Haus seit einer Weile auch Präsenz auf Facebook
und Instagram. Insofern hat sich eine Menge verändert seit 1990 –
aber der Charme der Räume ist geblieben.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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