Das Leben des Bodi
Archäologie hautnah erleben

Der Goldring des Bodi.  | Foto: Rolf Thienen
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  • Der Goldring des Bodi.
  • Foto: Rolf Thienen

Bonn (rth). Wer sich unter Archäologie nur vorstellt, wie irgendwelche Menschen bei Wind und Wetter, bewaffnet mit Pinsel und Spachtel in engen Gruben sitzen und irgendwelche Gegenstände aus der Erde buddeln, hat ein zumindest eingeschränktes Verständnis von der Materie. Das Bergen der Artefakte gehört zwar zwingend dazu, doch ein wesentlicher, von Laien immer wieder unterschätzter Teil der Arbeit der Archäologen beginnt erst, wenn sie und der Restaurator den Gegenstand „auf dem Tisch haben“, wie die Gerichtsmediziner in einschlägigen Krimis zu sagen pflegen.

Wenn aus einer Grabung eine ausreichend große Menge an brauchbarem Material gefunden wurde, kann man relativ schnell zu ersten Ergebnissen kommen. Aber wie sieht es aus, wenn man nur wenig findet und die einzelnen Gegenstände durch vorhergegangene Ereignisse, z B. durch Raubgrabungen, nur in homöopathischen Mengen vorhanden und dann noch verstreut sind? Was macht man, um dennoch zu Ergebnissen zu kommen?

Die Ausstellung „Der Ring des Bodi“ im LVR Landesmuseum Bonn zeigt in eindrucksvoller und für jeden nachvollziehbarer Weise, wie die Arbeit des Archäologen gestaltet ist, wie sie sich teilweise über Jahrzehnte hinzieht und immer wieder Überraschungen bereithält. Und das i-Tüpfelchen dabei ist noch, dass die Besucher mitmachen können, direkt am Tisch!

Angefangen hat es mit einem Haufen korrodierter und mit Rheinkies verbackener Metallteile, die bei Ausgrabungen im Bislich bei Xanten gefunden wurden. Hier, in einem Gräberfeld von über 500 Gräben, die allerdings, wie sich schnell herausstellte, alle gründlich ausgeraubt waren, wurden in einem aufwändig gestalteten Ringgrab auch nur einige wenige Funde geborgen. Doch die sollten es in sich haben und weitere Einblicke und Erkenntnisse zur Zeit des Frankenreiches, in gesellschaftliche und militärische Struktur dieser Zeit um 500 n.Chr. sowie auf die beigesetzte Person erlauben und somit seine soziale Stellung rekonstruieren konnten.

Diese korrodierten Metallklumpen wurden über dass gesamte Grab verteilt gefunden. Erste Röntgenaufnahmen zeigten, dass es sich dabei um Lamellen (kleine, länglich geschmiedete Metallplätchen) handelte, die auf eine Art Rüstung, einen Lamellenpanzer schließen ließen. Das Konstruktionsprinzip dieser Art von Schutz (die Lamellen werden mittels Lederriemen überlappend zusammengehalten) ist schon aus der Zeit der Assyrer, 5. - 7. Jahrhundert v. Chr., bekannt und hielt sich in sich jeweils verändernder Form bis in die Neuzeit. Doch hier m Niederrhein war es schon eine Sensation, Überreste einer solchen Rüstung zu finden. Der, der hier bestattet wurde, musste schon eine besondere Stellung innegehabt haben, worauf auch einige andere Funde hinwiesen. So z. B. ein goldener Ring, auf dem, wie man im weiteren Forschungsverlauf herausfand, sein Name eingraviert war: Bodi.

Die Ausstellung zeigt, wie man aus den geringen Funden weitreichende Erkenntnisse gewinnen konnte. Es gibt in der Darstellung zwei sich ergänzende Prinzipien, die am Ende ein recht anschauliches Bild der Person des Bestatteten ergeben.

Das erste Prinzip besteht darin, dass man bereits bekannte Erkenntnisse über die Lebensweise der damaligen Bevölkerung im Umkreis von Xanten in Bereiche ordnete. So in die Bereiche „Gastmahl und Hallenfreude“, „Männer, Macht, Musik“, „das Schwert“, „Kriegerelite“ und damit verbunden Bewaffnung, Schutzausrüstung, Reiter und Pferde sowie „Gold, Macht und Ansehen“ als Anerkennung und Würdigung für ein herrschergefälliges Leben.

Das zweite Prinzip besteht darin, dass alle diese Bereiche (und noch einige mehr) in kleinen, inselartig zusammengestellten Vitrinen zueinandergestellt sind, die, einerseits die Funde aus dem Grab des Bodi zeigen, andererseits Funde aus anderen, früheren oder späteren europaweiten Grabungen unmittelbar gegenübergestellt sind. So kann man im direkten Nebeneinander sehen und erfahren, wie ein kleines Teil aufgrund der Vergleiche mit anderen Funden Teil eines viel komplexeren Zusammenhangs ist und auf eine bestimmte Lebenssituation, Stellung innerhalb der Gesellschaft schließen lässt.

Texte an den Wänden erläutern den Zusammenhang der ausgestellten Funde in den gesamtgesellschaftlichen Rahmen der damaligen Zeit am Niederrhein und deren Verbindung zu anderen Gebieten im Bereich des nordöstlichen bis südwestlichen Frankenreichs.

Am Ende jeder dieser Inseln vermittelt eine Zeichnung eines fiktiven Bodi, welche Erkenntnisse aus der jeweiligen Zusammenstellung für das Gesamtbild des Mannes ergeben haben, sodass am Ende dieses Ausstellungsteils ein lebendiges Bild des Bodi entstanden ist.

In einem zweiten Teil der Ausstellung, sozusagen über den Flur hinüber, besteht die Möglichkeit selbst in die Funktion eines forschenden Archäologen zu treten. An themenspezifischen Tischen kann man mit original technischen Instrumenten der Renovierungswerkstatt des LVR Landesmuseum Bonn Forschungsarbeiten nachvollziehen und, besonders spannend, allererste Einblicke in den Bereich der experimentellen Archäologie vollziehen.

Das Leben des Bodi

Eine Forschungsreise

ins frühe Mittelalter

LVR Landesmuseum Bonn

Colmantstraße Bonn

bis 15. Oktober 2023

Tel.:0228 207 03 501

dienstags - sonntags

11 - 18 geöffnet

Der Goldring des Bodi.  | Foto: Rolf Thienen
„Und sie saßen und tranken zusammen und ehrten sich durch wertvolle Geschenke; dann schieden sie in Frieden“ bezeugte Gregor von Tours die Gepflogenheiten. Sicherlich kamen bei höhergestellten Mitgliedern der Gesellschaft auch solche „Rüsselbecher“ zum Einsatz.   | Foto: Rolf Thienen
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RAG - Redaktion

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