Freilichtmuseum Lindlar I
Von Erpelsetzen, Kartoffelkäfern und Brennesseljauche
Donnerstag, 19. April 2018:
Es ist ungewöhnlich warm. Im Freilichtmuseum in Lindlar blühen die
Apfelbäume so früh wie lange nicht mehr. Schmetterlinge schweben
durch die Luft, Hummeln und Bienen bestäuben die Apfelblüten im
Akkord. Auch für Museumsgärtner Andreas Otto und sein Team beginnen
jetzt arbeitsintensive Wochen.
Anders als heutzutage üblich, wird auf dem Museumsgelände die meiste
Arbeit noch von Hand erledigt, ganz wie in alter Zeit.
Der Gemüsegarten ist soweit angelegt und bepflanzt. Jetzt sollen die
Kartoffeln in die Erde. Der kleine Acker wurde bereits im Herbst
gepflügt, mit Pferdemist angereichert. Nach Auflockerung des Bodens
werden jetzt mit dem Furchenzieher im Abstand von 60 Zentimetern die
Setzreihen vorbereitet. In Kisten und Eimern warten
Kartoffelsetzlinge, die im dunklen Keller des Wohnhauses Hoppengarten
auf dem Museumsgelände vorgekeimt wurden.
„Unser Ziel ist es, die alten Kartoffelsorten zu erhalten. Daher
bringen wir insgesamt 25 Sorten in die Erde“, erklärt Andreas Otto
und zeigt die Schautafel. Im Museum werden die Kartoffeln nicht zum
Verkauf angebaut. Zwei Drittel der Ernte wird an die „Gartenarche“
abgegeben, die sich mit Hilfe von Pflanzenpaten um den Erhalt alter
heimischer Gewächse kümmert.
Ein Drittel behält der Museumsgärtner zurück. „Das sind die
Setzlinge fürs nächste Jahr.“ Unter seiner Regie machen sich
Thorben Weschenbach, er absolviert ein Freiwilliges ökologisches Jahr
im Museum, und Ottos Gehilfe Alex Janiak ans Werk. Im Abstand von
jeweils einer Fußlänge legen sie die Setzlinge in die Furchen. Mit
den Füßen verscharren sie die Knollen mitsamt den ersten Trieben,
flach in der Erde. „Das geht in die Beine.
Kartoffelanbau wie "Anno tobak" ist "Knochenarbeit“, das merkt
jeder, der es einmal selbst versucht. Noch dazu in solcher Hitze.
Gedüngt wird der Erpelsacker im Freilichtmuseum übrigens mit selbst
angesetzter Brennesseljauche.
26. Mai: Häufeln
Heiß ist es auch am 26. Mai, beim Häufeln, wieder mit Muskelkraft.
Das geschieht, wenn sich die ersten Blätter zeigen. Sinn dieser
Arbeit ist, die Knollenbildung zu fördern, den Boden zu lockern und
Unkrautwuchs zu verhindern. Zudem wird vermieden, dass neue
Tochterknollen aus der Erde herauswachsen und dann durch
Lichteinwirkung grün und ungenießbar werden. Kaum ist das
Kartoffelkraut zu sehen, zeigt sich schnell auch etwas anderes:
Der Feind und die spezielle Plage eines jeden Kartoffelbauern, der
Leptinotarsa decemlineata, übersetzt Zehnstreifen-Leichtfuß oder
ganz einfach Kartoffelkäfer.
Eigentlich sieht er ziemlich hübsch aus, wenn er sich auf den
Blättern der Kartoffelpflanzen sonnt. Aber dann legt er seine Larven
unter den Blattachsen ab. Was aussieht wie orangener Kaviar entpuppt
sich als ziemlich gefräßig. Was macht man, wenn man auf die
Giftkeule verzichten will?
Andreas Otto und Thorben Weschenbach sammeln die Käfer von Hand ein
und rupfen die larvenbefallenen Blätter von den Pflanzen. „Das
können wir jeden Tag machen. Es sind immer wieder neue da“,
schildert Thorben Weschenbach, der während seiner Zeit im
Freilichtmuseum längst seine Liebe zu den Kartoffeln entdeckt hat und
erstaunlich gut informiert ist.
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- Anke Eifel
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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