Gegenwind für Windkraft
Kritik am Bürgermeister - Neue Bürgerinitiative

Andreas Wilmschen, Sabine Wielpütz-Böckeler, Birthe und Henni Wielpütz, Tassilo Bergander und Sebastian Schmitter (v.li.) von der Bürgerinitiative. | Foto: Bürgerinitiative
  • Andreas Wilmschen, Sabine Wielpütz-Böckeler, Birthe und Henni Wielpütz, Tassilo Bergander und Sebastian Schmitter (v.li.) von der Bürgerinitiative.
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Eitorf. Kräftiger Wind bläst derzeit von allen Seiten. Sowohl die Gemeinde als auch die Bezirksregierung als Regionalplanungsbehörde lassen mögliche Vorrangflächen für Windenergie untersuchen, ein privater Waldbesitzer hat Interesse an einer Ausweisung bekundet und bereits eine Kartierung geschützter Tierarten vornehmen lassen und Bewohner der Eitorfer Höhen haben eine Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen gegründet. Noch 2012 hatte sich der Eitorfer Fachausschuss gegen Windenergie in Eitorf entschieden, um Landschaftsbild und Erholungsfunktion nicht zu beeinträchtigen. Doch im Oktober 2022 wurde im Kontext des geplanten Klimaschutzkonzepts beschlossen ,das alte Gutachten überarbeiten und erneut Vorrangzonen ermitteln zu lassen. Hintergrund für diese Entscheidung sind Vorgaben von Bund und Land, die die Kommunen zur Bereitstellung von Flächen verpflichten. Die Kommunen haben dabei die Wahl, eigene Vorschläge zu machen oder die Planung allein dem Land zu überlassen. Eitorf hat sich entschieden die Steuerung nicht aus der Hand zu geben und das Fachbüro ÖkoPlan mit der Untersuchung beauftragt. Die Ergebnisse wurden im Fachausschuss beraten und das Ergebnis der Bezirksregierung mitgeteilt.

„Von dieser wurden die Teilflächen im Eitorfer Süden bereits als ungeeignet ausgeschlossen, verbleibende Flächen in den höher gelegenen Gebieten des Schmelztals werden nun von der Bezirksregierung und dem Landesamt für Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) geprüft“, erklärt Bürgermeister Rainer Viehof im Nachgang zur letzten, recht turbulenten Sitzung des Planungsausschusses. Dort hatte Maik Palmer vom Büro ÖkoPlan den aktuellen Sachstand vorgetragen. Die Ausschussmitglieder hatten zu entscheiden, ob die Gemeinde selbst weitergehende Untersuchungen beauftragt oder zunächst die Ergebnisse aus dem Regionalplan abgewartet werden sollen. Einstimmig entschied sich die Politik zum Abwarten des Regionalplans.

Massive Kritik übten die Fraktionen allerdings an Bürgermeister Viehof. Dieser hatte sich gegenüber verschiedenen Medien Ende Mai zur Möglichkeit von bis zu 15 Windrädern im Bereich des Schmelztals geäußert und eine solche Entwicklung begrüßt. Zwar hatte er auf die noch ausstehenden Umweltprüfungen hingewiesen, allerdings auch seiner Hoffnung auf sprudelnde Gewerbesteuern für die Gemeinde und günstige Strompreise für die Bürger Ausdruck verliehen.

Sascha Liene (FDP) warf Viehof vor, dass die Politik solche - noch dazu rein spekulative - Infos aus dem Mund des Bürgermeisters aus der Presse erfahre, Sara Zorlu (SPD) nannte es unredlich, Hoffnungen zu wecken oder Ängste zu schüren, bevor der Ausschuss Entscheidungen getroffen habe und Dietmar Tendler befand, der Bürgermeister habe zum falschen Zeitpunkt den Mund aufgemacht. Tendler mahnte einen sensiblen Umgang mit dem Thema an sowie eine Kommunikation, die alle Betroffenen mitnehme. Dass dies hier nicht geschehen war, belegten Dutzende erboste Sitzungsbesucher aus den direkt betroffenen Ortsteilen Wilkomsfeld, Hönscheid, Plackenhohn, Nannenhohn und Bohlscheid, die ihrer Empörung in der Einwohnerfragestunde Ausdruck verliehen.

Die Anwohner fühlten sich überfahren, als sie die Stellungnahme des Bürgermeisters im Radio gehört oder in der Presse gelesen hatten. Sorge äußerten sie sowohl wegen gesundheitlicher Risiken für die Menschen, als auch Gefahren für die Tierwelt und nicht zuletzt Folgen für die Natur beispielsweise durch den Abrieb der Rotoren. Kritik galt der Zerstörung des Landschaftsbildes, der Beeinträchtigung des Wandertourismus und auch dem drohenden Werteverlust ihrer eigenen Immobilien. Zweifel herrschten an den in Aussicht gestellten Vorteilen wie günstigem Strom. Viehof stellte klar, dass noch viele Fragen offen und viele Prüfungen zu absolvieren seien, bevor belastbare Aussagen getroffen werden könnten, die von ihm gemachten Aussagen beruhten jedoch auf realen Informationen.

Auf Nachfrage des Extra-Blattes erläuterte Viehof, er sei in engem Austausch mit den beteiligten Behörden und stehe auch in Kontakt mit den Interessenten, deren Projekt in der Nutscheid Mitte Mai in einer Sitzung des Naturschutzbeirats öffentlich wurde und mediales Interesse fand. Dass bei ihm eingegangene Medienanfragen zu Windenergie in Eitorf einer Bürgerinformation zuvorgekommen seien, sei sehr unglücklich, bedauert Viehof, entziehen habe er sich diesen jedoch nicht können.

Die von den Ereignissen überrollten Bürger sind umgehend aktiv geworden und haben wenige Tage nach der Sitzung die Bürgerinitiative „Gegenwind Eitorf“ gegründet. Die sechs Gründungsmitglieder möchten ihre Interessen jetzt selbst in die Hand nehmen und die Thematik fachlich aufarbeiten. Sie prangern an, dass hier Klimaschutz in Konkurrenz zu Umwelt- und Naturschutz stehe und zeigen sich fest entschlossen, die Natur- und Erholungsregion gegen Windkraftindustrieanlagen zu schützen. Dabei hoffen sie auf weitere Mitstreiter. Ansprechpartner sind Tassilo Bergander aus Hönscheid und Sabine Wielpütz-Böckeler aus Wilkomsfeld. Natur zerstören für etwas, das Natur schützen soll, sei doch absurd, hält Wielpütz-Böckeler mit Blick auf den Bau von Windrädern fest. Akzeptabel seien nur Maßnahmen, bei denen weder Mensch noch Tier oder Natur Schaden nähmen. Die Bürgerinitiative will nun Arbeitsgruppen einrichten, die Lösungen erarbeiten, aber auch die Kommunikation mit Beteiligten suchen sollen.

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Renate Deitenbach aus Eitorf

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