Hühner und Gerechtigkeit
Kunstsäulen als sozialer Spiegel der Gesellschaft

Die Säulezeigt die „Haltungsklasse“ von Jens Mühlhoff. | Foto: Visualisierung: Jens Mühlhoff
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Was haben Hühner mit sozialer Gerechtigkeit zu tun?
Der Kölner Künstler Jens Mühlhoff beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Haltungsformen von Hühnern – von der Freilandhaltung bis zur Massentierhaltung – und setzt sie in einen überraschenden Zusammenhang: Auf Litfaßsäulen zieht er Parallelen zu sozialen Ungleichheiten in Köln.

Köln. Die Kölner Litfaßsäulen werden wieder zur Kunstbühne. Den Auftakt zur diesjährigen Reihe macht der Kölner Künstler Jens Mühlhoff mit seinem Werk „Haltungsklasse“, das seit dem 20. Februar bis Mitte April auf 27 Kunstsäulen in der Stadt zu sehen ist. Seine farbenfrohe Installation verwandelt die Säulen in eine Art offenen Hühnerstall – doch dahinter steckt weit mehr als ein verspieltes Motiv.

Auf fünf Ebenen zeigt er verschiedene Haltungsstufen der Tiere, versehen mit Eier-Codes, die den Postleitzahlen der Stadt entsprechen. Die Botschaft: So wie es gravierende Unterschiede in der Tierhaltung gibt, variieren auch die Lebensbedingungen der Menschen je nach Stadtteil enorm.

„Die Lebenserwartung in Köln schwankt je nach Wohnort um bis zu zehn Jahre“, erklärt Mühlhoff. „Das lässt sich mit den Bedingungen in der Hühnerhaltung vergleichen – nicht jede Umgebung bietet gleiche Chancen.“
Ein weiteres Detail gibt Rätsel auf: Die höchste Haltungsstufe ist nicht etwa die Bio-Klasse „0“, sondern eine fiktive „000“. Warum? Der Künstler selbst löst das Mysterium nicht ganz auf, gibt aber einen Hinweis: „Auch die beste Biohaltung entspricht oft nicht unserer idyllischen Vorstellung vom glücklichen Bauernhofhuhn.“

Die Standorte aller 27 Kunststäulen finden sich in der Auflistung. | Foto: Ströer

Die Idee hinter „Kunst an Kölner Litfaßsäulen“ ist es, den öffentlichen Raum als Ausstellungsfläche zu nutzen. Kein Eintritt, keine Barrieren – einfach Kunst im Vorbeigehen erleben. Die Aktion erfreut sich großer Beliebtheit: Über 200 Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland hatten sich beim Kölner Kulturamt beworben. Eine Jury wählte sechs Motive aus, die bis Februar 2026 an den 27 Säulen im gesamten Stadtgebiet präsentiert werden.

Neben Mühlhoff werden in den kommenden Monaten Arbeiten von Suse Itzel, Tobias Schulenburg, Hiltrud Gauf, Felicitas Fäßler und Markus Willeke zu sehen sein.
Zum Künstler: Jens Mühlhoff wurde 1991 in Wuppertal geboren, studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln. Er beschäftigt sich in seinen Werken oft mit öffentlichen und halböffentlichen Räumen und den gesellschaftlichen Dynamiken, die sie prägen. Sein Dokumentarfilm „Vergiss Meyn nicht“ wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Green Dog Award (Watch Docs Warsaw 2023) und dem First Future Award beim Filmfest Emden 2023. Im Jahr 2024 war er zudem für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ nominiert.

Weitere Infos und alle Standorte gibt es unter der Adresse stadt-koeln.de/kunstsäulen. Wissenswertes zum Künstler selbst sind auf seiner Homepage unter jensmuehlhoff.de zu finden.

Die Säulezeigt die „Haltungsklasse“ von Jens Mühlhoff. | Foto: Visualisierung: Jens Mühlhoff
Die Standorte aller 27 Kunststäulen finden sich in der Auflistung. | Foto: Ströer
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EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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