Sonderschichten bei der Müllabfuhr
Der Morgen danach
Meckenheim (prl). Ein ernüchternder und erschütternder Morgen war der 15. Juli 2021 für viele Meckenheimer in der Mühlenstraße, der Bachstraße, der Unterdorfstraße und in weiteren betroffenen Straßenabschnitten. Für die Stadt hieß das, „die Ärmel hochkrempeln und so gut es geht den Betroffenen helfen“, sagte Bürgermeister Holger Jung seinerzeit. Die Stadt richtete seinerzeit Müllplätze ein, an denen die Berge zerstörter Möbel und Inventars aufgestapelt wurden.
So bildete sich entlang der Bonner Straße ein langgezogener Müllberg, auf dem Bolzplatz an der Adolf-Kolping-Straße schaufelte ein Bagger schlammverkrustete Möbel, Spielzeug und andere Einrichtungsgegenstände immer höher, um Platz für weiteren Flutmüll zu schaffen. In Ersdorf brachten die Menschen vom kompletten Wohnzimmer über Teppiche bis zur Heißmangel all das, was das Wasser unbrauchbar hinterlassen hatte, zum Parkplatz am Sportplatz.
Durch den immer wieder und in weiten Teilen der Stadt länger dauernden Stromausfall waren viele Lebensmittel in den Kühltruhen und -schränken unbrauchbar geworden. Deshalb stellte die Stadt zusätzlich Container gezielt für verdorbene Lebensmittel in der Mühlenstraße, am Ersdorfer Sportplatz und „Auf den Steinen“ in der Nähe des Lüftelberger Friedhofs auf. Insgesamt 98 Containerladungen entsorgte der Baubetriebshof. Städtische Mitarbeitende transportierten damit rund 3 920 Kubikmeter, insgesamt etwa 882 Tonnen Müll der betroffenen Haushalte ab.
Im gesamten Rhein-Sieg-Kreis mussten die unterstützenden Maßnahmen parallel zum normalen Tagesgeschäft, auch in Sonderschichten und an den Wochenenden geleistet werden, berichtete Joachim Schölzel, Pressesprecher der RSAG. Insgesamt wurden unter ihrer Ägide etwa 30 000 Tonnen Abfall und Hausrat sowie rund 2 000 kleine und große Elektrogeräte entsorgt. Die logistischen Herausforderungen waren hoch. Nicht zuletzt, weil die eigene Entsorgungsanlage in Miel selbst vom Unwetter betroffen war und zeitweise ausfiel. In der Hochphase der Flutfolge wurden täglich mehrfach Einsatzpläne der Fahrzeuge angepasst. Vielfach stand man vor dem Problem erschöpfter Kapazitäten in den Entsorgungsanlagen im Kreisgebiet. In der Folge musste Müll in Zwischenlager transportiert werden.
Im Jahresschnitt fallen im Rhein-Sieg-Kreis rund 25 000 Tonnen Sperrmüll und rund 68 000 Tonnen Hausmüll an, nannte Joachim Schölzel Vergleichszahlen. Somit verursachte die Flut etwa ein Drittel der üblichen Jahresgesamtmüllmenge im Rhein-Sieg-Kreis in nur einer Nacht. Um die Abläufe optimal zu steuern, war die RSAG seinerzeit Mitglied der Krisenstäbe einiger Städte und Gemeinden. „Insgesamt ist die Koordination gut gelaufen“, schätzte Schölzel die Situation aus dem Blickwinkel der Müllentsorgung rückblickend ein. Aber auch Lernfaktoren habe es gegeben. „Bei so einer Mammutaufgabe gibt es immer Dinge, die nicht gleich reibungslos laufen“, sagte Schölzel. Dennoch habe man bei den seinerzeit notwendigen Entscheidungen schnell und konstruktiv mitwirken können.
Das Land stellte auch für die Meckenheimer innerhalb kurzer Zeit unbürokratische Soforthilfen für Betroffene zur Verfügung. In der Woche konnten die Menschen täglich von 8 bis 16 Uhr im Rathaus einen Antrag stellen und Unterstützung erhalten. Am Wochenende halfen die städtischen Mitarbeiter von 8 bis 12 Uhr. Für in ihrer Existenz bedrohte Flutopfer standen neben einem Sockelbetrag von 1 500 Euro pro Haushalt 500 Euro für jede im Haushalt lebende Person bis maximal 3 500 Euro bereit. Betroffenen Unternehmen, Gewerbetreibenden, Freiberuflern und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben griff das Land mit je 5 000 Euro unter die Arme, um ihren Broterwerb aufrecht zu erhalten.
Neben den Soforthilfen vom Land richtete die Verwaltung in Meckenheim ein eigenes Spendenkonto ein. Viele Menschen leisteten mit einer finanziellen Zuwendung einen Beitrag zum Wiederaufbau. „Die Folgen des schlimmen Unwetters haben uns sehr betroffen gemacht. Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, den Flutopfern zu helfen, bewegt mich in gleichem Maße. Ich bedanke mich herzlich für jede einzelne Spende“, sagte Bürgermeister Holger Jung wenige Wochen nach dem Unwetter im September 2021. Insgesamt 40 000 Euro flossen über eine Spendenkommission vor allem an betroffene Menschen, die keine Versicherungsleistungen erhielten.
Zusätzlich zu diesen Aufgaben standen Verwaltung und Bauhof vor einer Vielzahl von zerstörten Abschnitten in und an Wasserläufen und den säumenden Straßen. So riss das Wasser des Altendorfer Bachs eine Brückenbrüstung und in der Bachstraße etliche Meter Asphaltdecke mit sich. Den Bewohnern eines der Häuser in der Bachstraße mussten Fachleute mitteilen, dass sie bei einer Absackung des Erdreichs wegen der ausgespülten Bereiche unter der Straße unter Umständen ihr Haus verlassen müssten. Laut Auskunft der Stadt konnte jedoch ein Unternehmen zügig nach dem Hochwasser den Schaden provisorisch reparieren. „Die Kosten beliefen sich auf rund 30 000 Euro“, so Marion Lübbehüsen, Sprecherin der Stadt. In welcher Form der Bereich vollständig wiederhergestellt werden soll, solle nach einer ganzheitlichen Betrachtung unter anderem der Hydraulik, der Wasserführung und der Bauarten entschieden werden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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