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Karneval Brauchtum Tierschutz
Pferde im Karneval

Im Juli 2022 brach beim Karnevalsumzug auf der Düsseldorfer Königsallee ein Pferd plötzlich zusammen, schlug mit dem Kopf auf den Asphalt und war auf der Stelle tot. Trotzdem ist der Einsatz von Pferden auch in diesem Jahr im rheinischen Karneval, z.B. in Köln und Düsseldorf erlaubt. Die Diskussion um dieses Thema bleibt damit ein Dauerbrenner, der kontroverse Positionen Jahr für Jahr neu in die Schlagzeilen befördert.
Lobbystarke Karnevalsvereine pochen dabei auf Brauchtumspflege. Tierschützer*innen argumentieren dagegen mit Verweis auf eine Vielzahl von möglichen riskanten Zwischenfällen, die Mensch und Tier gleichermaßen gefährden.
Tatsächlich hat die Mitwirkung von Pferden im Karneval eine lange Traditionsgeschichte, die 200 Jahre bis zu den Anfängen des organisierten närrischen Treibens zurückreicht. Doch hat seitdem nicht nur die Tierschutzgesetzgebung vieles verändert: Pferde werden in Städten und auf dem Land längst nicht mehr zum Transport von Gütern und Personen eingesetzt. Im Stadtbild präsent ist allenfalls die berittene Polizei, z.B. bei Großveranstaltungen, um allein mit ihrer Erscheinung für Respekt zu sorgen. Für diesen Einsatz erhalten Polizeipferde ein intensives Gelassenheitstraining. Auch die Reiter*innen werden speziell geschult. In der Bundeswehr wiederum ist das Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen der Gebirgsjägerbrigade in Bad Reichenhall zur einzigen Dienststelle für die militärische Verwendung von Pferden geworden. Ihre Verfügbarkeit ist in Situationen vorgesehen, in denen Menschen, Maschinen und Technik an Grenzen stoßen.
Vor dem Hintergrund, dass Pferde dagegen im Karneval über Stunden extremen Geräuschpegeln, Menschenmassen und Bonbonhageln ausgesetzt sind, hat die Landesregierung NRW 2022 immerhin neue Leitlinien rund um ihren Einsatz während der tollen Tage erlassen. Drei Monate vorher ist das Ablegen einer speziellen Gelassenheitsprüfung vorgesehen. Außerdem gibt es eine Altersbegrenzung: Nur Pferde zwischen sechs und zwanzig Jahren sollen im Karneval zugelassen werden. Zudem soll ihre körperliche Verfassung veterinärmedizinisch überprüft und anhand von Stichproben kontrolliert werden, ob die Tiere illegal durch die Verabreichung von Drogen ruhiggestellt wurden.
Vor allem letzteres macht deutlich, welcher extremen psychischen Belastung Pferde in der fünften Jahreszeit ausgesetzt sind. Diesem karnevalistischen Spaß an der Freud stellt sich einzig die Stadt Bonn entgegen: Ihr Festausschuss erklärte 2022, zukünftig bei jecken Umzügen keine Pferde mehr einzusetzen – zum Wohl der Tiere und aufgrund von Sicherheitsbedenken.
Wer sich möglicherweise ebenso wenig wie Pferde, aber auch andere große und kleine Tiere zum Karneval hingezogen fühlt und lieber ins Grüne flieht, ist eingeladen, zu beobachten, wie Spaß an der Freud unter Vierbeinern aussieht. Zum Beispiel auf Hof Huppenhardt, dem großen Tierschutzhof des Europäischen Tier- und Naturschutzvereins in Much, im Rhein-Sieg-Kreis. Hier werden circa 100 sogenannte Nutztiere artgerecht gehalten und gepflegt, nachdem sie von ihren Besitzer*innen aus verschiedensten Gründen abgegeben werden mussten oder von den Behörden beschlagnahmt wurden. Darunter sind auch zahlreiche Pferde, die sich neben gutem Futter vor allem über ausgiebige Bewegung freuen und aus purer Lebenslust gerne mal einfach so ungestüm närrisch über die Wiese galoppieren.

Fazit: Traditionen brauchen Aktualisierungen, die ihren Sinngehalt auch in der Zeit, in der wir leben, nachvollziehbar machen. Karneval lebt von Kreativität: Warum also nicht lebendige Pferde durch Nachgemachte, z.B. aus Pappmaché, oder verkleidete Menschen ersetzen?

LeserReporter/in:

Ingrid Dr. Kreide-Damani aus Rhein-Sieg

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