Kreativ-Workshops zum Mitmachen
Stadtbibliothek Bergheim testet Service-Roboter

Marko Nagl und Anja Hunsche von der Firma ITQ, Bibliotheksmitarbeiterin Christina Pantelidu, Michael Macher von Humanizing Technologies und Werner Wieczorek starten das neue Robotic-Projekt.   | Foto: Andrea Floß
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  • Marko Nagl und Anja Hunsche von der Firma ITQ, Bibliotheksmitarbeiterin Christina Pantelidu, Michael Macher von Humanizing Technologies und Werner Wieczorek starten das neue Robotic-Projekt.
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Noch steht der Neue von der Stadtbibliothek Bergheim etwas schüchtern in der Ecke herum. Serviceroboter Temi wartet darauf, von Mitarbeiterin Christina Pantelidu zum Leben erweckt zu werden. Beim Robotik-Symposium in der MEDIO-Lounge hat er seinen ersten großen Auftritt. Im Rahmen eines vom Land NRW geförderten Projekts sollen insgesamt vier mobile Serviceassistenten – für jede Etage einer – das Bibliotheksteam künftig unterstützen, Besucherinnen und Besucher in Empfang nehmen, als Orientierungshilfe dienen und allgemeine Fragen beantworten. Einmal programmiert, sauste das Tablet auf Rädern gezielt zu den Getränken, gebremst nur durch virtuelle Wände und andere Hindernisse im Raum. „Keine Angst, der tut nichts“, stellte Bibliotheksleiter Werner Wieczorek den flinken Kollegen vor. Seine digitale Begleitung „Frau Holle“ - ein Avatar in Gestalt einer freundlichen älteren Dame im Strickjäckchen – lächelte stets vom großen Bildschirm herab, kam aufgrund von WLan-Problemen aber nicht ihrem Begrüßungsmodus heraus.

„Bibliotheken sind heute nicht nur Ausleihorte für verschiedene Medien, sondern Freizeit-Treffpunkte und lebendige Orte zum Lernen und Mitmachen“, so Werner Wieczorek. Durch den digitalen Wandel hätten sich die Bedürfnisse und Erwartungen bezüglich Service und Angeboten rasant verändert. E-Books, Rückgabeautomaten und Fernleihe haben den alten Leihzettel im Buch längst abgelöst. Viele Bibliotheken arbeiten bereits mit Künstlicher Intelligenz und Chatbots: Im Industriedesign oder in Menschengestalt sind Mini-Roboter als autonom fahrende Transport- oder Assistenzsysteme vielerorts im Einsatz, analysieren den Standort des Medienbestands und versorgen die Besucherinnen und Besucher mit nützlichen Informationen.

Angebote zum Experimentieren und Erforschen

Innovative Digitalkonzepte mit neuen Techniken wie VR, 3D-Druck und Robotik werden auch in Bergheim schon seit längerem erfolgreich umgesetzt und stehen zum ausgiebigen Ausprobieren und Erforschen bereit. Mit den Makerspace-Angeboten tritt der MINT-Bereich besonders in den Fokus: Angebote zum Experimentieren und Programmieren fördern technisches Verständnis und eigenständiges Lernen gerade auch bei Kindern und Jugendlichen. Zur Erweiterung dieses zukunftsweisenden Bereichs arbeitet die Stadtbibliothek mit den unterschiedlichsten Partnern aus Bildung und Forschung zusammen. So sollen die erfolgreiche Kooperation mit der VHS Bergheim und bestehende Kontakte zu Medienpädagogen, Jugendeinrichtungen und Schulen gezielt ausgebaut werden. Auch die Stabstelle Digitalisierung der Kreisstadt Bergheim unterstützt das Bibliotheksteam bei ihrem Robotik-Projekt, parallel läuft im Rathaus ein Versuch mit der Universität Köln zum Einsatz des Roboters „Furhat“ für die digitalen Angebote der Stadt.

Verschiedene Sensoren und Kameras ermöglichen „Temi“, der so heißt wie die Bochumer Firma, die ihn entwickelt hat, eine flüssige Navigation durch den ebenen Raum. Über den integrierten Bildschirm können visuelle und akustische Inhalte angezeigt werden. Der Serviceassistent spricht 24 Sprachen und führt Besucher und Schulklassen zuverlässig durch die Einrichtung. Über eine App lässt sich er sich mit Smart-Home-Geräten verbinden und kann ohne große Programmierkenntnisse über eine einfache Konfigurieroberfläche individuell konfiguriert werden. Einmal im Browser eingerichtet, können Avatare über eine Software auf einer Vielzahl von Endgeräten wie Tablets oder Smartphones mit dem Roboter kommunizieren.

In enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern ITQ aus Duisburg, Humanizing Technologies aus München und Dr. Roman Brick von der Universität Maastricht sind innerhalb der nächsten beiden Jahre insgesamt sechs Kreativ-Workshops geplant, bei denen die Bergheimerinnen und Bergheimer mit an Bord genommen werden und kreative Ideen für weitere Einsatzmöglichkeiten sammeln sollen. „Technik macht Spaß“ ist nicht nur der Name der ITQ-Stiftung, sondern Programm bei den Robotik-Trainings für Unternehmen, Schülern und Studenten, wie Marko Nagl erläuterte. Eigens zum Symposium nach Bergheim gekommen war auch Michael Macher, „technischer Allrounder“ und Softwareentwickler bei Humanizing Technologies und mit 27 Jahren Professor an der Fachhochschule St. Pölten. Der Österreicher kam über seine an Demenz erkrankte Oma auf den Roboter und geriet regelrecht ins Schwärmen: So sind „Pepper“ und „Nao“ beispielsweise in der Altenpflege tätig und sorgen für mehr Lebensqualität und eine Verzögerung der Krankheit. Theo, ein schwerkranker Junge, kann dank seines digitalen Doubles wieder am Unterricht teilnehmen und Gemeinschaft erleben. Und in Zeiten des Personalmangels übernehmen Serviceroboter in Restaurants Kellnerjobs, damit sich die Verbliebenen mehr um die Gäste kümmern können.

„Es geht gar nicht darum, unsere menschlichen Mitarbeiter zu ersetzten“, baute Werner Wieczorek Berührungsängste ab. Diese hätten dann mehr Zeit für andere Aufgaben. Nicht immer sei jemand an Ort und Stelle, um Kunden bei der Suche nach ihrem Wunschmedium beraten zu können. Ob sich der Name „Ursula“ allerdings für den neuen Vorzeige-Kollegen durchsetzen wird, muss sich erst erweisen. Der nächste Ideenfindungs-Workshop wird am Dienstag, 23. Januar 2024, von 18 bis 20 Uhr in der Stadtbibliothek Bergheim stattfinden – nicht nur für Technik-Freaks und Nerds: „Hier kann wirklich jeder mitmachen, auch für uns ist das noch Neuland“, so Werner Wieczorek.

LeserReporter/in:

Andrea Floß aus Bergheim

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