Firmen über Generationen führen
Die Geheimnisse der Profis

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Wie steuert man ein Unternehmen nicht nur erfolgreich durch Quartale und Jahre, sondern Jahrzehnte und Generationen? Darauf kommt es an:

Manche Zahlen sind fraglos ernüchternd. So etwa diese: Zwischen Gründung und Liquidation eines Unternehmens vergehen im heutigen Deutschland im Schnitt gerade einmal 12 Jahre. Diesen Wert haben Wissenschaftler der Universität Rostock unlängst in mühevoller Kleinarbeit aus unzähligen Datensätzen errechnet und veröffentlicht. Auf gut Deutsch: Gerade mal ein Dutzend Lebensjahre für die durchschnittliche Firma.

Doch „Durchschnitt“ bedeutet automatisch, es gibt ebenso andere Extreme. Sowohl Betriebe, die schon nach wenigeren Jahren wieder weg sind als auch solche, die es auf ein längeres Leben bringen. Die krassen Beispiele sind Firmen, die nicht nur älter als die Bundesrepublik sind, sondern die es sogar schon auf dreistellige Jubiläen gebracht haben – teils sogar mehrere davon.

Auffällig häufig handelt es sich um Familienbetriebe – allerdings gerade abseits der mehrere hundert Jahre alten Firmen nicht häufig genug, um daraus eine allgemeingültige Regel zu erstellen. Doch was machen (obendrein auch noch wechselnde) Führungskräfte in solchen Firmen, sodass ihre Häuser derart lange Zeiten und wechselhafte wirtschaftliche Gezeitenströmungen überdauern können?

Methusalems im Business: Eine kurze Liste von Deutschlands uralten Unternehmen

Selbst alte Unternehmen können vom Markt verschwinden – zumindest dem Namen nach. Ein Beispiel von vielen dafür stammt aus dem Jahr 2021: Damals ging die Firma Max Holder GmbH in der neu gegründeten Kärcher Municipal GmbH auf – nachdem die dahinterstehende Alfred Kärcher SE & Co. KG Holder bereits 2019 übernommen hatte.

Nicht zuletzt für Fans von Land- und Kommunalmaschinen war das damit verbundene Verschwinden der Marke Holder ein durchaus trauriger Tag. Denn die ursprüngliche Gebrüder Holder GmbH wurde bereits 1888 gegründet. Seitdem hatte sie in der Welt der Pflanzenschutzspritzen, Motorhacken, Einachsschlepper, Motormäher und herkömmlicher Traktoren sowie Allrad-Knicklenker-Traktoren eine prominente Rolle gespielt. Ein echter Traditionsname, mit dem mehrere Generationen von Hobbygärtner bis Winzer ihre Arbeit verrichteten. Zwar besteht Holder, wie erwähnt, als Kärcher Municipal fort, aber zumindest für viele Fans ist es nicht mehr dasselbe.

Tatsächlich kommen derartige Dinge häufig vor: Firmen oder Namen, die viele Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte überdauert haben, verschwinden vom Markt. Grundsätzlich solle deshalb kein Leser annehmen, es gäbe eine Art „magische Schwelle“ hinter der ein gereiftes Unternehmen vor jeglichem Unbill sicher wäre. Tatsächlich kann es mit dem Alter sogar schwieriger werden, sich am Markt zu behaupten – denn es ist gleichzeitig Innovativität und Traditionsbewusstsein nötig.

Für die folgenden Unternehmen darf das als gegeben angenommen werden. Sie gehören derzeit (Herbst 2023) zu den ältesten Firmen auf deutschem Boden. Die Liste erhebt aus gutem Grund keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es wurde mit Absicht darauf geachtet, nicht nur Familienunternehmen zu listen:

  • Möller Group, Kunststoffteilefabrikant, 1730
  • Merck, Chemie und Pharmazeutik, 1668
  • Berenberg, Privatbank, 1590
  • Prym, Handarbeits- und Nähzubehör, 1530
  • The Coatinc Company, Oberflächenveredelung, 1502
  • Hofpfisterei, Filialbäckerei, 1331
  • Weihenstephan, Staatsbrauerei, 1040
  • Staffelter Hof, Weingut, 862

Zumindest ehrenhalber muss in dieser Liste noch die Glasmanufaktur von Poschinger genannt werden. Sie wurde 1586 gegründet, jedoch wurde Ende 2021 der Betrieb eingestellt.

Familienunternehmen: Ein Garant für lange Existenz?

Die Liste im vorherigen Kapitel ist absichtlich etwas vermischt und unvollständig. Denn geht man nach denjenigen Daten, die von der gemeinnützigen Stiftung Familienunternehmen bereitgestellt werden, entsteht ganz schnell ein eindeutiger Eindruck. Einer, wonach es hauptsächlich Familienunternehmen sind, die überhaupt eine Chance auf ein extrem langes Leben haben.

Allerdings muss man hier einiges betrachten:

  • Die Liste der Stiftung endet 1791. Danach wurden noch sehr viele Firmen (im Familienbesitz oder nicht) gegründet und bestehen bis heute fort oder brachten es zumindest auf ein sehr langes Leben. Diese Betriebe waren/sind ebenfalls nach jeder Definition „alt“.

  • Leider gibt es keine offiziellen Zahlen dazu. Jedoch erstellte die Commerzbank im Jahr 2016 eine Studie mit Umfragen unter Mittelstandsbetrieben. Demnach waren von ihnen 18 Prozent älter als die Bundesrepublik (1949) und immerhin 8 Prozent mindestens 100 Jahre alt.

  • Grundsätzlich betrachtet hat eine Firma, nur weil sie ein Familienunternehmen ist, keine irgendwie geartet bessere Chance, ein hohes Alter zu erreichen. Denn selbst in diesen Betrieben können haarsträubende Fehlentscheidungen getroffen werden, die das Aus einläuten.

Was stimmt, ist folgendes: Es gibt durchaus in vielen Familienunternehmen aufgrund ihrer besonderen Besitz- und Führungskonstellation eine andere Herangehensweise an das Lenken der unternehmerischen Geschicke.

Anders formuliert: Es finden sich deshalb recht viele Familienbetriebe in der Liste der ältesten Unternehmen, weil familiäre Firmenstrukturen inhärent häufiger dazu tendieren, all diejenigen Dinge zu tun und zu unterlassen, die für ein langes Firmenleben sorgen beziehungsweise es verunmöglichen.

Was das alles ist, wird im folgenden Kapitel ausführlich erläutert. Eines sei jedoch bereits verraten:

Jedes Unternehmen, ganz gleich ob in Familienbesitz oder nicht, hat es in der Hand, seine Geschicke auf ein langes Leben auszurichten.

Ein Beweis von vielen dafür ist die im vorherigen Kapitel genannte Hofpfisterei. Sie war niemals ein klassisches Familienunternehmen, sondern eine herzogliche Bäckerei mit einem offiziell bestellten Bäckermeister.

Das Geheimnis ewiger Jugend

Wer eine Firma als Gründer frisch aus der Taufe hebt, der hat in den allermeisten Fällen automatisch einen recht kurzsichtigen Fokus: Der erste Monat, das erste Quartal, das erste Jahr, der Break Even Point und ähnliche Dinge.

Ein solcher Fokus ergibt sich zwangsläufig. Denn die erste Lebensphase eines Unternehmens ist die mit Abstand gefährlichste. Zirka 80 bis 90 Prozent aller deutschen Start-ups scheitern in den ersten drei Jahren nach Gründung. Daher gilt: Erst, wenn das neue Unternehmen es wirklich in ein „sicheres Fahrwasser“ geschafft hat, kann man sich überhaupt darüber Gedanken machen, es für ein sehr langes Leben vorzubereiten.

Das allerdings sollte dann wirklich zeitig geschehen. Denn ähnlich, wie ein hohes menschliches Lebensalter bereits in der Jugend richtiges Handeln verlangt, sieht es bei Firmen aus – es muss zeitig alles auf einen richtigen Kurs gebracht werden.

Nachhaltigkeit über allem anderen

Was bedeutet Nachhaltigkeit in einem unternehmerischen Kontext? Im Gegensatz zu dem, was vermutlich viele Leser mit diesem Begriff verbinden, hat es nur teilweise mit dem Schutz von Natur, Umwelt, und Klima zu tun.

Allerdings ist der dahinterstehende Sinn äußerst deckungsgleich. Denn es geht darum, ein Unternehmen auf eine effiziente, integre Art und Weise zu führen. Alles mit Augenmaß, Risiko- und Folgenabschätzung zu tun und dabei einen starken Fokus auf Langfristigkeit zu setzen. Ein nachhaltiges Unternehmen operiert beispielsweise niemals (wenigstens nicht ausschließlich) in Produkt- oder Dienstleistungssegmenten, für die es in absehbarer Zeit schon keinen Markt mehr geben wird. Ebenso stützt es sich nicht auf Quellen jeglicher Art, die urplötzlich versiegen können.

Ein nachhaltig ausgelegtes Unternehmen verfolgt zudem stets eine sehr konservative Strategie rings um das eigene Vermögen. Das bedeutet beispielsweise keine risikobehafteten Investments, möglichst wenige und immer kontrollierbare Schulden. Außerdem der Verzicht auf Geschäfte, deren Stil man „der schnelle Euro“ nennen könnte und stets große Reserven, um schlechte Zeiten überbrücken zu können.

Nicht zuletzt spielt hier das Thema Menschlichkeit, respektive menschliches Miteinander eine große Rolle, etwa:

  • Ein grundsätzlich verantwortungsbewusster, fairer, auf Langfristigkeit ausgerichteter Umgang mit Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern, ja mitunter sogar Konkurrenten.
  • Die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung im kleinen wie großen Rahmen, etwa durch die Unterstützung von Gruppen außerhalb des Unternehmens.
  • Das Investieren in die eigene Zukunft, durch einen starken Fokus auf die Zusammenarbeit mit Schulen und Hochschulen, umfassendes eigenes Ausbilden und nicht zuletzt Schaffen von Grundlagen, um die Region für Fachkräfte von außerhalb attraktiv machen.

Dabei sollten Leser sich jedoch nicht von dem Wort „Konservativ“ täuschen lassen. Der Konservatismus vieler nachhaltiger Firmen bezieht sich nicht auf Politik, sondern unternehmerische Grundkonzepte. Etwa Kontinuität, der Verzicht auf Experimente zugunsten bewährter Konzepte und das Ablehnen allzu zeitgeistiger Trends – zumindest was das Kerngeschäft anbelangt.

Tatsächlich hat das Thema Nachhaltigkeit eine derart wichtige Bedeutung, dass man behaupten könnte, ohne diesen Faktor hätte kein Unternehmen eine Chance, es auf ein hohes Alter zu bringen – selbst wenn es alle anderen Dinge aus den folgenden Kapiteln buchstabengetreu beachtet.

Fähigkeiten in der Nische

An dieser Stelle sei nochmals kurz auf die Firmenliste im ersten Kapitel verwiesen. Darunter finden sich gleich mehrere Betriebe, deren Produkte durchaus als „abseits des Mainstreams“ bezeichnet werden können. Etwa eine Privatbank, ein Oberflächenveredler oder ein Spezialist für Druckknöpfe und anderes Handarbeitszubehör.

Einer der wichtigsten Motoren hinter einem langen Firmenleben ist es, stets Produkte und Dienstleistungen anzubieten, für die es aktuell einen Markt, respektive Bedarf gibt. Das kann durchaus bedeuten, sich im Lauf der Zeit ein zweites Standbein in einer bisherigen Nische zu schaffen oder über die Zeit sogar das gesamte Kerngeschäft darauf zu fokussieren. Einfach, weil unter anderem in Nischen häufig weniger Konkurrenten bestehen und deshalb keine so harten (Preis-) Kämpfe ausgetragen werden müssen.

Nehmen wir die Marcus Transport GmbH aus Wuppertal. Mit Gründungsdatum 1936 darf sie langsam mit den Vorbereitungen für ihren 90. Geburtstag beginnen. Gegründet wurde die Firma als ein allgemeines Transportunternehmen. Ab den 1960er Jahren begann man jedoch damit, (auch) Spezialtransporte anzubieten – alles, was schwerer, länger, breiter oder höher als übliche Ladungen ist. Schon zuvor wurden Firmenumzüge ins Repertoire aufgenommen.

Heute kann der Geschäftsführer im Interview vermelden, welche Rolle Marcus Transport in dieser einstigen Nische spielt. Es ist heute unter anderem im Business der Spezialtransporte eines der bekanntesten Unternehmen Deutschlands – bietet nebenbei jedoch als weiteres Standbein die Vermietung von Staplern und ähnlichem Gerät an.

Diese Firma zeigt sehr schön, wie das Besetzen von Nischen funktioniert. Es ähnelt grob einer Baumstruktur: Neben dem eigentlichen Geschäft wird eine Nische sondiert und besetzt. Hat man sich darin etabliert, wird eine neue Nische gefunden etc. – ohne jedoch das einstige Kerngeschäft gänzlich zu verlassen.

Aufmerksame erkennen dabei, wie wenig dies mit einem Konservatismus als „starres Festhalten an Althergebrachtem“ zu tun hat. Ganz im Gegenteil, gerade die alten und ganz alten Firmen zeigen überdeutlich, wie wichtig eine gegenteilige Strategie ist:

Wandlungsfähigkeit ohne Vergangenheitsverachtung

Wenn ein Unternehmen überdauern will, dann muss es in der Lage sein, sein Geschäft ebenso wie seine Produkte sich wandelnden Ansprüchen anzupassen.

  • Holders Stammkundschaft waren über Jahrzehnte Privatgärtner, Landwirte, Großgärtnereien und Winzer, bevor das Unternehmen sich ab zirka den 1970ern stark auf kommunale Dienstleistungen fokussierte, da der Markt der bisherigen Kundschaft entweder gesättigt oder deutlich geschrumpft war – etwa, weil die zuvor so beliebten Einachsschlepper aus der Mode kamen.
  • Die heutige Renk Group AG (gegründet 1873) fabrizierte über lange Zeit primär Zahnräder, Kegelräder und ähnliche Bauteile. Mittlerweile ist es einer der bedeutendsten Hersteller von Spezialgetrieben, Antriebs- und Fahrwerkssystemen, etwa bei militärischen Großfahrzeugen.
  • Die Robert Bosch GmbH (Gründungsjahr 1886) war lange Jahre auf Fahrzeugelektrik fokussiert und machte hier einige sehr bedeutende Entwicklungen. Mittlerweile ist der Konzern der weltgrößte Autozulieferer und hat ebenso sehr feste Standbeine für Haushaltsgeräte, Gebäudetechnik, Elektrowerkzeuge und Industrietechnik.

Diese Liste ließe sich noch bedeutend verlängern. Sie müsste ebenfalls die erwähnte Marcus Transport GmbH umfassen. Sehr viele langjährige Unternehmen haben sich mit der Zeit deutlich weiterentwickelt.
Zu einem gewissen Teil hängt dies stets damit zusammen, sich Standbeine in Nischen aufzubauen und diese zu erweitern. Wandlungsfähigkeit ist diesbezüglich schlicht eine wichtige Kernkompetenz. Denn egal ob es ein Produkt ist, der Vertrieb, die Herstellung oder der Führungsstil: Eine Firma, die nicht gewillt ist, sich zumindest ein wenig dem Wandel der Zeiten anzupassen, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit irgendwann vor dem Ruin stehen, weil sie nicht der Zeit folgte.

Aber – und das ist das wichtige Detail – niemals sollte ein Unternehmen seine Wurzeln vergessen oder gar schlechtreden. Vielmehr ist es nötig, sie mit einem gewissen Stolz als Wurzel des langjährigen Erfolgs zu behandeln. Nehmen wir erneut Bosch: Das heutige Firmenlogo enthält nach wie vor jenen elektrischen Anker, der bereits das Logo von 1900 zierte.

Doch warum ist dieses Traditionsbewusstsein wichtig? Es hat mit mehreren Dingen zu tun:

  • Stammkunden, zumindest solange sie leben. Sie können durch „Vergangenheitsleugnung“ stark brüskiert werden.
  • Der über die Lebensdauer eines Menschen hinausgehende Status, Ruf, vielleicht sogar Mythos, den ein Firmenname sich erarbeitet hat.
  • Wahrnehmbare Kontinuität sowohl innerhalb des Unternehmens als auch hinsichtlich seiner Außendarstellung.

Je länger ein Betrieb besteht, desto wichtiger wird es, diese Tatsache zu unterstreichen. Sie ist ein extrem starker werblicher Effekt ganz für sich allein. Denn das lange Bestehen sorgt automatisch für Positivität in dem Sinn, dass hier sehr vieles sehr richtig gemacht wurde.

Kontinuität der Führung und Wissensbewahrung

Warum wird es in jeder Sportmannschaft als so problematisch angesehen, wenn der Trainer häufig wechselt? Ganz einfach, weil jeder auf diesem Posten einen anderen Stil hat, eine andere Philosophie verfolgt, Dinge anders angeht.

Bei sehr vielen langjährig erfolgreichen Vereinen und ebenso Wirtschaftsunternehmen sieht es anders aus. In den meisten Firmen bleiben die Führungskräfte auf allen Ebenen im Schnitt nur ein halbes Jahrzehnt auf dem Posten – so zumindest ermittelte es eine Studie für die USA. In langjährigen Erfolgsbetrieben hingegen sind es oftmals mehr als zehn Jahre – in einigen Familienunternehmen sogar Jahrzehnte.

Überdies wird in vielen solchen Firmen auf drei wichtige Dinge geachtet:

  • Aufstieg:
    Nach Möglichkeit wird versucht, höhere Posten aus den eigenen Reihen zu besetzen. Das stärkt die Selbstidentifikation mit dem Unternehmen, erhöht die Bindung und spült vor allem regelmäßig frisches Wissen aus den unteren Ebenen in die jeweiligen Führungsetagen – egal ob Abteilung oder Konzernspitze.
  • Wissensbewahrung:
    Viele Erfolgshäuser steuern derartige Führungswechsel über sehr lange Zeiträume, die oft ein Jahr oder sogar länger betragen. Während dieser Zeit arbeiten neue und alte Führungskräfte extrem dicht zusammen, damit der Neuling möglichst viel Detailwissen erhält.
  • Wertfokussierung:
    In den meisten Firmen ist es üblich, Personal ausschließlich nach Fähigkeiten auszusuchen, einzustellen und zu befördern. Alte Unternehmen durchleuchten dabei jedoch ebenso einen jeden Anwärter auf seine Eignung, was das Wesen der Firma anbelangt. So sollen Situationen vermieden werden, in denen Menschen Führungsverantwortung bekommen, die nicht im Sinn von Nachhaltigkeit und ähnlichen Wertvorstellungen operieren.

Das bedeutet nicht, Methusalem-Unternehmen würden sich streng nach außen abschotten – im Gegenteil. Es bedeutet jedoch, man nimmt sich dort insgesamt viel mehr Zeit, bereitet sorgsam vor und nach und sorgt so trotz ebenso ablaufender Wechsel für sehr viel mehr Ruhe auf jeder Ebene des Hauses. Aufgrund dessen agieren die meisten Führungskräfte darin deutlich besonnener, klüger und nachgerade „weiser“.

Aufmerksame erkennen vielleicht die Parallelen zum nachhaltig-vorsichtigen Vorgehen: Es geht nicht um schnelles Wachstum und Aufstieg, sondern um gesundes Wachstum und Aufstieg – ein fulminanter Unterschied. Damit wären wir bei einem weiteren bedeutenden Punkt angelangt:

Wachstum ohne Kontrollverlust

Jedes Unternehmen muss wachsen, denn Stillstand erhöht definitiv die Gefahr, mittelfristig an Bedeutung zu verlieren. Allerdings wird man unter alten Unternehmen keines finden, das Jahr für Jahr extreme Wachstumsraten vermelden wird. Tatsächlich sind viele von ihnen sogar relativ kleine Häuser, die nur wenige hundert Mitarbeiter beschäftigen – Ausnahmen bestätigen diese Regel.

Bei genauerer Betrachtung fällt sogar auf, wie gering die jährlichen Wachstumsraten in solchen Betrieben oft ausfallen. Von vielen Gründern und nicht wenigen modernen Wirtschaftsexperten würden solche „Nullkomma“-Werte sogar als gefährlich gering betrachtet.

Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Denn großes unternehmerisches Wachstum bedeutet stets

  • Unruhe,
  • Umbrüche,
  • Handlungszwänge sowie
  • Ablenkungen

Derartiges mögen viele alte Unternehmen nicht. Denn das schnelle, starke Wachstum zwingt sie dazu, bisherige Prinzipien zu verwässern. Etwa, weil nicht genügend Zeit bleibt, neue Führungskräfte jahrelang auf diese Rolle vorzubereiten und sie darin einzuarbeiten.

Häufig bedeutet ein solches Wachstum sogar Kontrollverluste. Nicht wenige Erfolgsfirmen sehen zu große Erfolge sogar als Indikator dafür, zu kurzfristig gehandelt zu haben. Solche Häuser pflegen in jeglicher Hinsicht eine Politik der kleinen, sicheren Schritte und der Detailverbesserungen anstelle großer, revolutionärer Durchbrüche.

Vielleicht bedeutet das, es niemals bis ganz an die Spitze der weltweit erfolgreichsten, kapitalstärksten, bekanntesten Unternehmen zu schaffen. Das jedoch haben viele alte Firmen gar nicht im Sinn. Ihnen ist die Sicherheit wichtiger, auch noch in zehn, zwanzig, dreißig Jahren operieren zu können – wenn die heute großen „Kometen“ mit den Milliardengewinnen und phantastischen Wachstumsraten vielleicht längst schon übernommen wurden oder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind.

4. Zusammenfassung und Fazit

Wohl jeder Gründer hofft am Eröffnungstag, wenigstens bis zu seinem eigenen Ruhestand durchhalten zu können – leider schaffen das jedoch nur wenige. Es ist vielleicht kein Geheimnis, was eine Firma die Zeiten überdauern lässt. Eher eine Abfolge richtiger Handlungen – und natürlich einer Portion Glück. Wer allerdings von Anfang an auf Nachhaltigkeit aus ist, der legt den wahrscheinlich wichtigsten Grundstein. Denn ein nachhaltig geführtes und ausgerichtetes Unternehmen begeht fast zwangsläufig einige Fehler nicht, die für einen frühen Untergang sorgen können.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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