Größtes Renaturierungsprojekt
Umgestaltung der Erft bei Gymnich
Es ist nicht nur das bisher größte Renaturierungsprojekt des Erftverbandes, wie Professor Heinrich Schäfer, Vorstand des Erftverbandes, betonte, sondern aktuell wohl sogar das größte des gesamten Bundeslandes, wie NRW-Umweltminister Oliver Krischer bestätigte. Gemeinsam mit weiteren Beteiligten gaben sie beim offiziellen Spatenstich den Startschuss für die Umgestaltung der Erft zwischen Erftstadt-Gymnich und Kerpen-Balkhausen.
Erftstadt/Kerpen. In unmittelbarer Nähe zum Naturparkzentrum Gymnicher Mühle und zur Autobahn A61 wird „aus dem heute 2,5 Kilometer langen und technisch ausgebauten Gewässerabschnitt eine 5,5 Kilometer lange neue Trasse mit Anbindung an die natürliche Aue entstehen“, erklärt die Projektleiterin des Erftverbandes, Ruth Haltof. Die Umsetzung soll 13 Monate dauern.
Oliver Krischer: "Wir kümmern uns!"
„Gerade vor dem aktuellen Hintergrund mit dem verheerenden Hochwasser in Süddeutschland setzt dieses Projekt hier ein wichtiges Zeichen: Wir kümmern uns um unsere Gewässer. Diese Maßnahme ist in vielfacher Hinsicht wichtig, auch, um zusätzliche Wassermassen aufzufangen. Gerade die Menschen hier in Erftstadt und entlang der Erft können die Hochwasser-Ereignisse und ihre Bedeutung für die Menschen in Süddeutschland sehr gut nachempfinden. Deshalb versuchen wir, Fehler der Vergangenheit, die seinerzeit sinnvoll erschienen, heute wett zu machen“, erklärt NRW-Umweltminister Oliver Krischer. Das Land fördert die Umgestaltung der Erft zwischen Gymnich und Balkhausen mit dem Höchstsatz und trägt somit 80 Prozent der Kosten - rund 8 Millionen Euro. Die restlichen 2 Millionen trägt der Erftverband.
Der Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Frank Rock, zeigte sich dankbar für die Maßnahme und betonte: „Wir sind hier in der Tagebau-Region ein Transformationsland und treiben nun die Renaturierung voran. Hier vor Ort entsteht im Grunde eine Art Real-Labor für Kleinstgewässertiere und mehr, wenn wir die Erft sozusagen wieder in ihr nahezu natürliches Bett verlegen.“ Denn auch für die Gewässerökologie ist das Projekt wertvoll. „Ziel der Renaturierung ist der Bau eines naturnahen gewundenen Flusslaufes, der durch eine vielfältige Auenlandschaft führt“, fasst Erftverband-Projektleiterin Ruth Haltof zusammen.
280.000 Kubikmeter Boden werden bewegt
Laut Erftverband werden im Rahmen der Maßnahme rund 280.000 Kubikmeter Boden bewegt, der aber vollständig im Projektgebiet zur Gestaltung der Aue und zur Abdichtung der Gewässersohle genutzt wird, denn: „Das Grundwasser liegt hier in der Region ja deutlich tiefer. Um die Versickerung von zu viel Wasser zu verhindern, wird das neu anzulegende Kiesbett verdichtet. Die Sohlbreite des Flusses wird bis zu zehn Meter betragen. Die Erft soll sich in ihrem neuen Bett und den zahlreichen Windungen entwickeln“, so Ruth Haltof, die betont: „Auch wenn die Windungen nicht identisch sind, so entspricht der neue Verlauf laut alter Karten den Mäandrierungen vergangener Erft-Zeiten.“ Die neu zu erschaffende Ufer- und Sohlstruktur soll Fischen und selbst wirbellosen Kleinstgewässertieren das „Wandern“ flussauf- und flussabwärts ermöglichen. In der Nähe des Naturparkzentrums Gymnicher Mühle soll zudem eine Besucherfläche mit einer Niedrigwasserzone entstehen, die beispielsweise auch Schulklassen eine sichere Erkundung der Erftaue ermöglicht. Apropos Besucher: Neben dem bestehenden Besucherturm sollten eigentlich weitere Besucherhügel nähere „Einblicke“ in die künftige Erftaue ermöglichen.
Wie wird die Erftaue "erlebbar"?
„Die Flut hat aber leider auch hier viel Erde und Hügel abgetragen, sodass diese Planungen so nicht mehr zu realisieren sind“, erklärte Ruth Haltof. Frank Rock regte dennoch an, „Erlebnis-Möglichkeiten“ für Besucher zu schaffen, die im Einklang mit dem Naturschutz ständen, zum Beispiel über Stege. Der Geschäftsführer des Naturparks Rheinland, Frank Scheer, betonte, dass sich auch das Naturparkzentrum Gymnicher Mühle noch einmal mit der „Erlebbarkeit“ und vielleicht punktuell anzulegenden Möglichkeiten beschäftigen werde. Aus der „Luft“ wird das Areal auf jeden Fall an drei Stelle zu beobachten sein, denn: „Die bestehenden Wegeverbindungen werden mit dem Bau von drei neuen Brücken aufrechterhalten“, erklärt Ruth Haltof. Die bestehenden Wehranlagen an der „Kleinen Erft“ sowie am Erftflutkanal würden aus Gründen des Denkmalschutzes bestehen bleiben. „An der Kleinen Erft wird aber auch ein neues Wehr zur Steuerung der Wassermengen im Fall der Fälle gebaut“, erläutert die Projektleiterin.
Und so startet das Projekt – nach jahrelangen Planungen - mit dem Spatenstich endlich in die finale Phase. Die vorläufige Bilanz von Erftverband-Vorstand Professor Heinrich Schäfer: „Auch wenn es gefühlt immer schneller gehen kann, es geht voran!“ Die tatsächlichen Bauarbeiten sollen, wenn alles nach Plan läuft, in 13 Monaten abgeschlossen sein. Der Boden für die Bauarbeiten ist jedenfalls bereitet, denn: „Die Vorarbeiten – zum Beispiel zum Artenschutz, wie die Umsiedlung von Haselmäusen, oder auch die Kampfmittelsondierungen – sind nahezu abgeschlossen“, betont Ruth Haltof. Damit werden in Kürze die Bagger deutlich mehr Erde für die „neue“ Erft bewegen, als die Verantwortlichen beim offiziellen Spatenstich.
Redakteur/in:Düster Volker aus Erftstadt |
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