Grube Carl
Gegenwind für Supermarkt
Jetzt also doch ein Supermarkt! CDU und Bündnis90/Die Grünen haben anscheinend ihre Bürgerpark-Pläne für den Ortsteil Grube-Carl überdacht. Im Ausschuss für Stadtplanung und Strukturwandel stimmten auch ihre Fraktionen für den Bau eines Nahversorgers an der seit 2007 dafür vorgesehenen Stelle. Nicht alle Anwohner begrüßen die Entscheidung. Sie werben um Unterstützung ihrer Online-Petition „Zur Verhinderung des Baus eines Supermarktes in der Grube Carl“.
Frechen-Grube Carl. Den Anwohnern des Frechener Ortsteils Grube Carl wurde in der Vergangenheit schon viel versprochen: Die Politik versprach eine Bahnanbindung und eine Grundschule, ein Investor warb sogar mit einer geplanten U-Bahn-Anbindung und einem Einkaufszentrum. Umgesetzt wurde davon nichts.
Trotz des Baubooms und der erhöhten Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern in den vergangenen Jahren kam die Weiterentwicklung und der Ausbau des neuen Stadtteils faktisch zum Stillstand. Versuche, einen Kiosk und später eine Bäckerei am Standort zu etablieren, scheiterten. Somit wurde auch der Bau eines Supermarktes auf der dafür vorgesehen Brachfläche zwischen Wolfgang-Giesen-Platz und der ehemaligen Brikettfabrik bisher nicht umgesetzt.
Zur Entwicklung eines Stadtteilmittelpunktes beantragten daher im vergangenen Jahr CDU und Bündnis90/Die Grünen die Errichtung eines „ansprechenden Bürgerparks“ auf der Freifläche.
„Der Bebauungsplan muss geändert werden; ein Supermarkt gehört nicht hier hin und wird erst gebraucht, wenn der Stadtteil tatsächlich zukünftig weiter ausgebaut wird, dann aber an passender Stelle“, hieß es in der gemeinsamen Pressemitteilung der beiden Parteien. Die Stadtverwaltung wies anschließend daraufhin, dass der Stadt durch die schwarz-grünen Pläne Verkaufserlöse in Höhe von rund 3 Millionen Euro verloren gehen würden.
Trotzdem wurde ein externer Gutachter beauftragt, nach einem Alternativstandort für einen Nahversorger zu suchen. Das Ergebnis: Der bisher vorgesehene Standort ist der am besten geeignete.
Aber nicht alle Anwohner des Ortsteils freuen sich über die mögliche Ansiedlung eines Supermarktes an der vorgesehenen Fläche. Im Internet wird für die Unterstützung der Online-Petition „Zur Verhinderung des Baus eines Supermarktes in der Grube Carl“ geworben.
„Ein Supermarkt an dieser Stelle würde aus unserer Sicht bei nur geringem Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger viele Nachteile nach sich ziehen: Es käme zu zunehmendem Kunden- und Lieferverkehr, was eine höhere Gefahr insbesondere für die Kinder bedeuten würde, hinzu käme die Lärmbelästigung durch Anlieferungen“, heißt es in der Online-Petition, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 196 Menschen unterstützen.
Ein Supermarkt an der geplanten Stelle würde den „unverbauten Blick auf die historische Fassade der denkmalgeschützten Brikettfabrik“ verhindern. Die Unterstützer kommen größtenteils aus Frechen, aber auch aus Hamburg, Hürth, Bonn, Münster, Düsseldorf und Neuss. „Ein Supermarkt würde vollkommen den Charme der alten, unter Denkmalschutz stehenden, Brikettfabrik zerstören“, wird die Petition auf openPetition kommentiert.
„Es gibt genug Möglichkeiten in Frechen einkaufen zu gehen. Ältere Menschen haben sich bisher auch arrangiert“, schreibt ein weiterer Unterstützer. „Die Stadt hat für Grube Carl schon vieles versprochen für die Bürger. Insbesondere für Familien mit Kindern. Nur wenig wurde tatsächlich umgesetzt. Ich fühle mich von der Stadt Frechen betrogen“, ärgert sich eine Anwohnerin.
Doch die Chancen der Petition stehen schlecht, denn im Planungsausschuss, Ende September, wurde der seit 2007 anvisierte Supermarkt-Standort, einstimmig von der Politik beschlossen.
„Die Gutachterkosten sowie das fast zweijährige, überflüssige Szenario hätte man sich ersparen können. Diese unendliche Geschichte muss schleunigst ein Ende haben“, ärgerte sich anschließend die Perspektive für Frechen und freute sich gleichzeitig, dass CDU und Grüne „angesichts der eindeutigen Empfehlung des externen Gutachters doch noch die Kurve gekriegt“ hätten. „Jetzt wird die weitere Entwicklung des Stadtteils Grube Carl hoffentlich Fahrt aufnehmen“, so Dieter Zander, Fraktionsvorsitzender der Perspektive, abschließend.
„Wir begrüßen, dass auf Grube Carl - nach zehn Jahren Tiefschlaf - endlich wieder was passiert“, freut sich auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Bernhard von Rothkirch.
Das Interesse von Politik und Verwaltung, den ins Stocken geratenen Ausbau des Ortsteils wieder voranzutreiben scheint geweckt zu sein, auch wenn aktuell hohe Baukosten und steigenden Zinsen dem Wunsch nach den „eigenen vier Wänden“ vielen Interessenten im Weg stehen. Die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser sind im Rhein-Erft-Kreis, laut einer Studie des Pestel-Instituts, innerhalb eines Jahres um 61 Prozent zurückgegangen.
„Viele vor allem junge Familien wünschen sich ein bezahlbares Eigenheim oder eine attraktive Wohnung in Frechen. Der Zuspruch ist weiter ungebrochen“, sind hingegen SPD und CDU überzeugt und prognostizieren, in einer gemeinsamen Pressemitteilung: „Auf Grube Carl könnten zusätzliche Ein- und Mehrfamilienhäuser mit bis zu 1.300 Wohneinheiten entstehen.“ Insgesamt sieben weitere Planzellen seien für die Wohnbebauung zu erschließen.
Dazu müssten dort aber eine zweizügige Grundschule mit Sporthalle und weitere Kindertagesstätten gebaut werden. In einem „Kreativquartier“ sollen sich „kleinere Läden und Büros“ ansiedeln.
Auch das Personal der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) soll verstärkt werden. SPD und CDU glauben, ohne einen „Geschäftsführer in Vollzeit“ seien ihre Ideen und Pläne für den Ortsteil zeitnah aber nicht umsetzbar.
„Um Frechen und den Stadtteil Grube Carl weiterzuentwickeln, dürfen wir uns keine Verzögerungen erlauben“, sind sich die Fraktionsvorsitzenden Karla Palussek (CDU) und Hans-Günter Eilenberger einig.
Ob die OnlinePetition der Arbeitsgruppe zum Schutz des Baudenkmals Grube Carl genügend Zuspruch erhält, um den politischen Wunsch nach schnellem Fortschritt zu bremsen, bleibt abzuwarten.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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