Das Doppelinterview im EDW
Hohn Hennings letzter Vorhang
Im November nahm Höhner-Frontmann Henning Krautmacher (66), der eigentlich erst Silvester 2022 in den Ruhestand gehen wollte, ganz plötzlich seinen Hut. Der Grund: Die Krebserkrankung seiner Frau. Mittlerweile geht es ihr wieder besser und das Kult-Hohn möchte nun etwas verspätet doch noch „Tschö“ sagen. Im Höhner Rock and Roll Zirkus „Viváce“ (4. bis 27. Mai im Zelt an der Zoobrücke) wird Henning in jeder Vorstellung gemeinsam mit seiner alten Band auf der Bühne stehen. EXPRESS – Die Woche (EDW) sprach hierzu im Doppelinterview mit Henning und dem neuen Höhner-Sänger Patrick Lück (46).
von Alexander Kuffner
Viváce steht an, den gesamten Mai über gastieren die Höhner in ihrem eigenen Zirkus am Messekreisel. Was sind die Highlights in diesem Jahr?
Patrick: Eins ist natürlich, dass Henning in jeder Show mit dabei sein wird und sich so nach seinem verfrühten Abgang im letzten Jahr noch einmal richtig vom Publikum verabschieden kann. Was die Show angeht, haben wir unglaublich gute Artisten in der Manege und trauen uns auch selbst etwas, zum Beispiel wird Jens Streifling im Todesrad Saxophon spielen.
Henning: Und Patricks Einlage als Pantomime, als lebende Puppe sozusagen, ist auch sensationell. Eine ähnliche Nummer habe ich vor 20 Jahren bei „Höhner Rockin‘ Roncalli“ gehabt – selbst da übergebe ich also sozusagen den Staffelstab.
Patrick: Genau. Es ist, wenn man so will, ein „Best of“ aus 20 Jahren Höhner-Zirkus. Und Henning wird nicht der einzige Gast sein, auch Peter Werner, Janus Fröhlich und Hannes Schöner werden vorbeischauen, wenn auch nicht jeden Tag. Insgesamt sind es ja knapp 30 Vorstellungen.
Was glaubt ihr treibt die Menschen heutzutage in die Manege? Ist es der immer noch anhaltende Musical-Boom oder der Wunsch, neben all dem Netflixen und TikToken wieder einmal etwas Reales zu erleben?
Henning: Ich würde sagen eine Mischung aus Beidem.
Patrick: Und außerdem ist Zirkus für viele immer noch eng mit der eigenen Kindheit verbunden. Als Zuschauer in der Manege kann man für zwei Stunden wieder ein Kind im Traumland sein.
Patrick, man kann ja jetzt nicht sagen, dass du nach Hennings vorgezogenem Abgang ins kalte Wasser gestoßen wurdest – aber trotzdem habt ihr euch das alle anders vorgestellt. Wie erleichtert warst du, dass ihr mit „Prinzessin“ einen Sessionshit landen konntet und gefeiert wurdet?
Patrick: Wir hätten uns alle gewünscht, dass Hennings Abgang wie geplant abgelaufen wäre und den holen wir mit „Vivàce“ ja jetzt zum Glück nach. Aber zu deiner Frage: sehr. „Prinzessin“ hat dazu beigetragen, dass wir die Session wirklich gerockt haben und wir als die „neuen Höhner“ wie selbstverständlich akzeptiert wurden. Das hat sich richtig gut angefühlt.
Henning: Für mich übrigens auch! Ich bin mehr als glücklich darüber, dass wir einen so tollen Nachfolger gefunden haben und die Band direkt mit einem Hit weitermacht, als wäre nie etwas gewesen und dabei von den Leuten gefeiert wird. Ich habe, wie alle langjährigen Ex-Höhner, ja auch ein Interesse daran, dass unser Babys, also unsere Lieder, weiter leben.
Im Januar gab es eine Diskussion um „Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche“ im Bezug auf Frauenfeindlichkeit, dazu Rufe nach einem weiblichen Dreigestirn und mehr Diversität im Karneval. Gibt es Lieder, die ihr deswegen aus dem Programm entfernt habt?
Patrick: Die Diskussion hat sich damals ja glücklicherweise von selbst erledigt. Zum einen muss man sich erst einmal mit der kölschen Sproch beschäftigen, bevor man irgendwelche Vorwürfe in diese Richtung macht. Zum anderen gibt es so etwas wie künstlerische Freiheit. Wir haben rund 600 Lieder im Repertoire und wir müssen uns vor keinem verstecken, da wird nichts aussortiert.
Henning, wie geht es deiner Frau inzwischen?
Henning: Anke geht es jeden Tag besser und wir haben allen Grund zur Hoffnung, dass es noch einmal gut gegangen und wirklich überstanden ist. Wir möchten uns bei allen Freunden und Wegbegleitern für ihre tolle Unterstützung und nicht zuletzt bei den zahlreichen Ärzten dafür bedanken, dass wir wieder so hoffnungsvoll nach vorne schauen können.
Dadurch bekommst du ja jetzt zum Glück auch doch noch die Gelegenheit, im Zirkus gemeinsam mit den Höhnern „Tschö“ zu sagen.
Henning: Darüber bin ich echt froh und dankbar. Die Höhner sind ja auch immer noch im 50. Jubiläumsjahr und das passt super zusammen. Klar werde ich in der Manege sicher auch mal ein Tränchen verdrücken. Aber nochmal klargestellt: Das ist kein Comeback, nur mein nachgeholter Abschied. Nach der letzten Vorstellung am 27. Mai ist endgültig Schluss.
Äußerlich zeigts du ja jetzt schon, dass der alte „Höhner Henning“ Ende 2022 abgedankt hat …
Henning: Ich hab mir den Propeller tatsächlich an Silvester abnehmen lassen. Das war schon wie ein kleines Ritual, als wenn man ein Kostüm ablegt. Aber ich sag dir: Ich genieße es immer noch. Keiner fragt mich mehr nach einem Selfie, niemand tuschelt mehr hinter mir, wenn ich durch den Bahnhof latsche – es ist ein neues Leben.
Patrick: Und ganz ehrlich, selbst ich hab ihn zuerst nicht erkannt. Kein Scherz!
Patrick, letztes Jahr um diese Zeit hat Henning im „EXPRESS – Die Woche“ die Katze aus dem Sack gelassen, dass die Höhner in Wacken auftreten werden. Wie schaut es dieses Jahr aus, spielt ihr beim Metal-Festival noch einmal?
Patrick: Wacken war so groß, so einzigartig – ich weiß nicht, ob man das noch einmal so hin bekommen würde. Darüber hinaus sind wir bis jetzt nicht angefragt worden, obwohl der Kontakt zu den Veranstaltern nach wie vor gut ist. Ich sag mal so: Wenn wir gefragt würden, würden wir auch wieder dort spielen. Aber es wäre schwer, das Erlebnis vom letzten Jahr zu toppen.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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