Blatt-Gold trifft Comedian Tan Caglar
„Ich wäre eine kleine Revolution im deutschen Fernsehen!“

Tan Caglar ist cool. Er sieht gut aus. Er hat einen Spitznamen: Christiano Ronaldo des Rollstuhl-Basketballs. Er war als Model in Berlin. Auf der Fashion Week. Das ist eine Modemesse.  | Foto: Blatt-Gold
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  • Tan Caglar ist cool. Er sieht gut aus. Er hat einen Spitznamen: Christiano Ronaldo des Rollstuhl-Basketballs. Er war als Model in Berlin. Auf der Fashion Week. Das ist eine Modemesse.
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Tan Caglar – der macht Comedy, der ist Model und er ist Basketballspieler. Und jetzt hat der ein Buch geschrieben. Über sein Leben: Rollt bei mir - wenn Träume laufen lernen. Tan Caglar sitzt im Rollstuhl, aber erst seit einigen Jahren, da er eine Krankheit hat. Wir von Blatt-Gold haben mit ihm ein Interview gemacht.

Blatt-Gold: Hallo Tan. Wie bist du Comedian geworden? Wie kamst du auf die Idee?

Tan Caglar: Ich habe Workshops zum Thema Rollstuhl-Basketball gegeben, an Schulen Basketball mit Kindern gespielt und erzählt, was Rollstuhlfahrern alles so passiert, auch lustige Sachen aus dem Alltag. Und irgendwann hat ein Teilnehmer gesagt: ‚Hey, das ist lustig, mach doch mal Comedy.‘ So bin ich dazu gekommen. Ich finde, Humor ist eine gute Sprache, um so ein sensibles Thema zu transportieren und die Leute zu erreichen.
Blatt-Gold: Hast du ein Vorbild?
Tan Caglar: Ja, Otto! Otto Waalkes finde ich super lustig. Das ist mein Lieblings-Comedian. Ich bin ein Kind der 80er und mit Otto aufgewachsen.
Blatt-Gold: Ist er dein Vorbild?
Tan Caglar: Wenn Otto einen Gag macht, ist der bei ihm total lustig, und nur bei ihm, bei keinem anderen. Das finde ich genial. Das macht ihn als Comedian aus. Loriot ist auch noch gut, aber Otto ist für mich einmalig!
Blatt-Gold: Du bist auch Bud Spencer Fan …
Tan Caglar: Bud Spencer war für mich der erste Superheld, der keine speziellen Anzüge oder Capes brauchte und trotzdem unschlagbar war und dabei noch sympathisch. Den mochte ich sehr.
Blatt-Gold: In welchem seiner Filme hättest du denn gerne mitgespielt?
Tan Caglar: 4 Fäuste gegen Rio.
Blatt-Gold: Warum der?
Tan Caglar: Weil sie in dem Film die Rollen tauschen. Terence Hill ist eigentlich Stuntman und Bud Spencer Musiker und dann sind sie plötzlich im anderen Leben – diese Fallhöhe, die da erzeugt wird, ist so schön – ich kann mir gut vorstellen, in eine andere Rolle zu schlüpfen.
Blatt-Gold: ‚Rollt bei mir‘ - so heißt dein Programm. Lachen die Leute darüber oder trauen die sich nicht?
Tan Caglar: Ich mache keine Witze über Behinderung, sondern darüber, was uns Rollstuhlfahrern passiert. Das ist ein Unterschied und nichts anderes, als anderen den Spiegel vorhalten – sozial-kritisch – und das Publikum nehme ich mit auf die Reise.
Blatt-Gold: Und seit wann sitzt du da im Rollstuhl drin?
Tan Caglar (überlegt): Ähm, Moment, 15, 18 Jahre … 16 Jahre ungefähr.
Blatt-Gold: Weißt du das nicht genau?
Tan Caglar: Das ist nicht so, dass ich einen Autounfall hatte und von da an im Rollstuhl saß, sondern ein schleichender Prozess, der sich 2, 3 Jahre hinzog wegen einer Rückenmarkserkrankung. Es gab also nicht den Moment, ab dem ich im Rollstuhl saß. Es ging los mit Anfang 20.

Ein türkischer Comedian im Rollstuhl, der Samstagabend auf RTL oder VOX moderiert, das kann man sich gar nicht vorstellen.

Blatt-Gold: Hättest du gerne eine eigene Comedyshow im Fernsehen?
Tan Caglar: Ja, das wäre eine tolle Sache! Es ist schade, dass es keine Menschen mit Behinderung gibt, die in der Primetime im Fernsehen moderieren, sondern meistens am Rand wie Sonntagmorgens. Ein türkischer Comedian im Rollstuhl, der Samstagabend auf RTL oder VOX moderiert, das kann man sich gar nicht vorstellen. Das wäre eine kleine Revolution im deutschen Fernsehen!
Blatt-Gold: Wie lange brauchst du morgens im Bad?
Tan Caglar: Ist das eine Anspielung darauf, dass ich …
Blatt-Gold: … weil du einen Spitznamen hast: Christiano Ronaldo des Rollstuhl-Basketballs.
Tan Caglar: Ich bin gar nicht so eitel. (Er fährt sich langsam mit der rechten Hand durch seine Haare – und grinst)
Ich brauche schon so 20 Minuten… ist das lang? Wie lange brauchst du?
Blatt-Gold-Reporter Jochen Rodenkirchen: 5 Minuten.
Tan Caglar: Waaas, nur?! 5 Minuten brauche ich ja schon allein, um mir die Haare zu waschen …
Blatt-Gold: Deine Haare sehen ein bisschen so aus wie von Elvis.
Tan Caglar: Was, echt, wie Elvis Presley? Das würde meinem Vater gefallen, der ist riesen Elvis-Fan. Das ist ja ein großes Kompliment. Danke!
Blatt-Gold: Wie haben die Leute reagiert, als du mit dem Rollstuhl auf den Laufsteg aufgetreten bist in Berlin auf der Fashion Week?
Tan Caglar: Es gab ironischerweise Standing Ovation.
Blatt-Gold-Reporter Ralf Fassbender: Hans Süper vom Colonia Duett hat einmal gesagt: Die Leute haben uns Standing Ovation gegeben. Sie haben alle gestanden bis wir feststellten, dass sie gar keine Stühle hatten.
Tan lacht.
Ralf Fassbender: Spaß! Ich denke mal, dass die Leute gejubelt haben, oder?
Tan: Ja, es war auf jeden Fall kein Mitleidklatschen, sondern sie haben damit schon gezeigt, dass sie sowas auch auf der Fashion Week sehen wollen. Das fand ich gut.
Blatt-Gold: Waren deine ganzen Kollegen neidisch oder nicht?
Tan: Ich kannte die Models alle gar nicht und sie waren sauer, weil ich ihnen was von ihrer Zeit genommen habe. Es war nicht so: Hey, Tan, finde ich super, dass du hier bist, sondern eher: Na, schön für dich! Ich finde das super, wenn man über mich nicht nur Positives sagt oder meine Youtube-Videos kommentiert werden mit ‚Der ist doch gar nicht lustig‘. Neid ist auch eine Art Anerkennung!
Blatt-Gold: Wie hast du dich mit deinem Rollstuhl über den Laufsteg bewegt?
Tan: Ich weiß jetzt, warum der Laufsteg Laufsteg heißt, weil er zum Laufen ist und nicht für einen Rollstuhl, sonst hieße er ja Rollsteg. Er war sehr schmal. Wenn ich mit dem Rollstuhl und ein Model gleichzeitig über den Laufsteg wollten, war das echt knapp. Ich habe genau abgepasst – wenn sie ihren Hüftschwung nach links machten, bin ich rechts dran vorbeigefahren. Da musste ich schon aufpassen, weil wenn ich sie treffe, fliegen sie in die 2. Reihe. Oder wenn mir der Reifen mitten auf dem Laufsteg platzt, ist das auch scheiße.
Blatt-Gold: Du wirkst sehr entspannt und hast gute Laune. Was muss passieren, damit man dich mal richtig wütend erlebt?
Tan Caglar: Richtig wütend werde ich, wenn ich im Stau stehe. Da werde ich richtig aggressiv. Noch schlimmer wird es, wenn die Leute anfangen, auszusteigen und ich weiß, das wird hier länger dauern. Ich hasse es im Auto zu sitzen und nichts bewegt sich - das ist das Schlimmste für mich, was es gibt.

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