Lebendig gestaltete Vorgärten
Von der Schotterwüste zum Biotop
(BGL). Der Vorgarten liegt im Übergang zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum. Er ist von der Straße aus einsehbar, und leistet damit automatisch einen Beitrag zur Atmosphäre vor Ort. „Das gilt in doppeltem Sinne“, so Dr. Michael Henze vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL), „denn es geht beim Vorgarten längst nicht nur um Ästhetik, sondern auch um Themen wie Klimaschutz und Ökologie, die auch formalrechtliche Konsequenzen haben. Wenngleich der einzelne Vorgarten relativ klein ist, so ist die Summe in einer Straße doch eine Große.“ Genau aus diesem Grund spielen Vorgärten im Baurecht auch eine besondere Rolle. Das Bundesbaugesetz gibt Vorgaben für die Landesbaugesetze der Bundesländer. Fast wortgleich steht in allen 16 Landesbauordnungen (LBO) die rechtliche Vorgabe, dass die nicht überbaubaren Grundstücksflächen zu begrünen und wasserdurchlässig zu gestalten sind. Hintergrund ist unter anderem, dass es in Zeiten des Klimawandels auf jeden Quadratmeter ankommt, um den immer häufiger vorkommenden Starkregenfällen und Hitzeperioden natürliche Versickerungs- und Kühlflächen entgegen zu setzen. Dr. Michael Henze: „Vor allem in Wohngebieten, die durch Gebäude, Straßen und Wege notwendigerweise relativ viel versiegelte Flächen haben, ist es wichtig, möglichst viele Pflanzflächen zu haben, um Regenwasser vor Ort versickern zu lassen, und die natürliche Verdunstungskühle zu nutzen. Darüber hinaus sind auch kleine Pflanzflächen wichtige Lebensräume und Trittsteine für die Vernetzung von Ökosystemen in Städten und Dörfern.“
Rechtslage ist eindeutig
In mehreren Bundesländern wurden in jüngster Zeit Konkretisierungen der längst geltenden Regelungen beschlossen. Zum Beispiel hat der Landtag in Nordrhein-Westfalen im Herbst 2023 mit der Novelle der LBO NRW unter anderem eine Verschärfung des Schottergartenverbots beschlossen, die genau definiert, was ein Schottergarten ist. In Niedersachen fand das Thema schon Anfang 2023 neue Aufmerksamkeit: Das Oberverwaltungsgericht hatte in einem konkreten Fall entschieden, dass niedersächsische Bauaufsichtsbehörden die nachträgliche Beseitigung von Schottergärten anordnen können. Bereits seit August 2020 sind in Baden-Württemberg Schottergärten ausdrücklich verboten. In einer Änderung des Landesnaturschutzgesetzes bestimmte der baden-württembergische Landtag Schotterwüsten ausdrücklich als nicht zulässige Verwendung. Gleiches gilt für Bundesländer wie Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Bayern oder Sachsen-Anhalt, die jeweils ihre LBO entsprechend nachgeschärft haben. Darüber hinaus haben viele Kommunen mit ihrer Gebietshoheit konkrete Vorgaben und teilweise sogar Rückbauforderungen festgeschrieben. Formalrechtlich geben die LBO Vorgaben für die kommunale Bauleitplanung, also die Umsetzung vor Ort. Kommunen erstellen auf dieser Grundlage behördenverbindliche Flächennutzungspläne und allgemeinverbindliche Satzungen und Bebauungspläne, die für alle Bürger*innen verbindlich sind. Neuere Bebauungspläne enthalten oft Festsetzungen für die Begrünung und explizite Schotterwüsten-Verbote.
Es geht auch anders!
Hauseigentümer, die Schotterwüsten übernommen oder in der Vergangenheit selbst angelegt haben, stehen vielerorts vor der Frage, wie sie diese zurückbauen und ökologisch aufwerten können. „Zuallererst ist zu prüfen, ob unter den Steinschüttungen Folien liegen. Diese müssen in jedem Fall entfernt werden“, so Dr. Michael Henze. „Sind keine Folien vorhanden, lassen sich die bislang leblosen Schotterflächen unter teilweiser Nutzung der Steine in attraktive und pflegeleichte Trockenstandorte umwandeln, wie sie in der Natur zum Beispiel auf Magerwiesen oder Felshängen vorkommen.“ Diese sind insbesondere für Vorgärten interessant, weil sie mit einer standortgerechten Bepflanzung ohne großen Aufwand klimawirksam sind, und Insekten sowie anderen Tieren Nahrung und Lebensraum bieten. Entscheidend ist es, die zumeist groben Steinschüttungen mit feineren Sandanteilen und organischem Material, im besten Fall Komposterde, zu vermischen. Für Wildstauden und Gräser genügt eine relativ flache Bodenverbesserung, für Gehölze sind unter Umständen tiefere Löcher vorzusehen. Weitere Informationen auf www.rettet-den-vorgarten.de. Für Gartenbesitzende, die ihren Vorgarten umgestalten wollen oder müssen, findet sich eine Fachbetriebssuche auf www.mein-traumgarten.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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