Haushalt eingebracht
Steuern werden angehoben

Kämmerin Karola Beloch: „Den Kommunen fehlt die Luft zum Atmen“

Wesseling (red). Sie wolle das Pflaster in einem Rutsch abreißen, sagte Kämmerin Karolin Beloch in ihrer Rede zur Einbringung des Doppelhaushalts 2024/25 in der Ratssitzung, und setzte die bedrohlichen Zahlen direkt an den Beginn. Für das Jahr 2024 muss die Stadt mit einem Defizit von 48,3 Millionen Euro planen, für das Jahr 2025 mit einem Defizit von 33,6 Mio. Euro. Der Doppelhaushalt verfügt in 2024 über ein Haushaltsvolumen von rund 192,8 Millionen und in 2025 von gut 184,1 Millionen Euro.

Kommunale Selbstverwaltung ist gefährdet

„Inflation, Energiepreise, Tarifabschlüsse, Bau- und Mietkosten – die beispiellose Anhäufung von Belastungen gefährden den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung. Die Steuereinnahmen stagnieren und Bund und Land kürzen Zuweisungen. Auf der anderen Seite der Rechnung explodieren die Kosten Kosten für Sachaufwendungen und Personal. Zusätzlich konfrontieren Bund und Land die Städte und Gemeinden mit neuen Mammutaufgaben wie etwa dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr, dem Rechtsanspruch auf Ganztag oder die Unterbringung und Integration von Geflüchteten, ohne die nötigen Mittel bereitzustellen. Die Tarife steigen und die zusätzlichen Aufgaben erfordern immer mehr Personal“, schilderte Beloch den Druck auf die kommunalen Haushalte und sendete deutliche Worte an Land und Bund, die sich „zulasten der Kommunen in diesen Fragen einen schlanken Fuß machen“: „Bund und Land müssen die Kommunen finanziell endlich so ausstatten, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden können. Die Kommunen sind die, die die Folgen zu spüren bekommen, wenn das nicht passiert. Steuern erhöhen. Freiwillige Leistungen streichen. Ich bin gesetzlich verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wie auch immer.“

In einem Brandbrief appellierten im September die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister NRWs an das Land und den Ministerpräsidenten, ein Sofortprogramm zur Rettung der kommunalen Handlungsfähigkeit zu unterstützen. Beloch schloss sich in ihrer Rede dem Appell an. Ein solches Programm sei aber bisher nicht in Sicht.

Auch die Erleichterungen bei der Kreisumlage seien kein Plus für die Stadt Wesseling. Wesseling zahle in 2024 rund 35,4 Millionen Euro und in 2025 gut 28,9 Millionen Euro an den Rhein-Erft-Kreis. Das seien für 2024 etwa 11 Mio. Euro mehr als vor der Erleichterung.

Zudem wurde seitens der Landesregierung die sogenannte Corona-Isolierung, die später auch auf die Mehrausgaben und Mindereinnahmen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine angewendet werden konnte, abgeschafft. Ohne die Isolierung wäre das geplante Minus im städtischen Haushalt schon im Jahr 2022 bei fast 50 Millionen Euro gewesen; mit Isolierung „nur“ noch bei 13,6 Millionen Euro. „Natürlich war die Isolierung nur ein Rechenexempel“, so Beloch. Denn das Geld fehlte ja trotzdem. „Nichtsdestotrotz hat die Isolierung die Kommunen, die ohne sie ungebremst in die Haushaltssicherung geschlittert wären, gerade noch gerettet und die Bürgerinnen und Bürger vor allzu harten Steuererhöhungen bewahrt. Die Isolierung, den allerletzten Rettungsanker, hat die Landesregierung nun eingeholt und die Kommunen dem freien Fall überlassen.“

Die Kämmerin ist so gezwungen, für den neuen Haushalt einige Konsolidierungsmaßnahmen aufzunehmen und auch auszureizen. „Nur deshalb kann ich dem Rat heute einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf zur Beratung vorlegen“, berichtete sie und machte deutlich, dass die Verwaltung und der Stadtrat nun auch Fehler aus den vergangenen Jahrzehnten ausbaden müssen.

Konsolidierungsmaßnahmen 2024/2025

Die Grundsteuer A wird von 250 v.H. auf 300 v.H. angehoben und die Grundsteuer B von 595 v.H. auf 800 v.H.. Die Gewerbesteuer wird von 460 v.H. auf 470 v.H. angehoben.

Sondervermögen

Der Haushaltsentwurf sieht eine Kürzung der Betriebskostenzuschüsse an die Sondervermögen vor. Die Sondervermögen sind besondere städtische Eigenbetriebe, deren Einrichtung vor vielen Jahren als Schutz vor Streichungen im Haushaltssicherungskonzept oder Nothaushalt ersonnen wurde, sollte die Stadt wieder in finanzielle Not geraten. Die Sondervermögen müssen in den beiden Jahren von ihren Rücklagen zehren.

Investitionen und Großprojekte

Dem Sanierungsstau wurde in den vergangenen Jahrzehnten zu lange nicht entgegengetreten, kritisiert Beloch. Kitas, Grundschulen, weiterführende Schulen, Verwaltungsgebäude – der Zustand der Bausubstanz bei nahezu allen städtischen Gebäuden sei katastrophal. Dementsprechend groß sei das Investitionsvolumen, dass die Stadt nun zu stemmen habe.

Das Investitionsprogramm im Haushalt 2024/25 enthält Haushaltsansätze in Höhe von rund 10,7 Mio. Euro für 2024 und gut 14,6 Mio. Euro für 2025 inklusive berücksichtigter Planungskosten.

Wesentliche Investitionen und Instandhaltungen

Die bedeutsamsten Investitionsmaßnahmen sind neben dem Neubau der Feuerwache Wesseling der vollständige Abriss und Neubau des Wesselinger Schulzentrums sowie die An- und Umbaumaßnahmen an den Grundschulen.

Neubau der Schulen

Der Neubau des Gymnasiums trägt ein Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro. Um hier 2024 in die Ausschreibung und Vergabe an einen Totalunternehmer gehen zu können, wurden im Jahr 2024 Verpflichtungsermächtigungen in voller Höhe gebildet. 130 Millionen Euro kostet der Neubau der Gesamtschule. Um hier 2025 in die Ausschreibung und Vergabe an einen Totalunternehmer gehen zu können, wurden im Jahr 2025 Verpflichtungsermächtigungen in voller Höhe gebildet. Mit der Auszahlung wird im Jahr 2031 gerechnet.

Für den Um- und Neubau der Albert-Schweitzer-Schule sind für 2024 1 Million und in 2025 gut 1,25 Millionen Euro für Planungsleistungen veranschlagt. Baukosten sind als Verpflichtungsermächtigung in 2025 mit 8,75 Mio. Euro veranschlagt.

Neubau Feuerwache

30 Millionen Euro sind für den Neubau der Feuerwache veranschlagt, Hierfür wurden für die Jahre 2022 und 2023 bereits Planungskosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro veranschlagt. 2024 und 2025 werden weitere Kosten für Planungsleistungen entstehen. Hierfür sind zusätzlich 1 Million für 2024 und 5 Millionen Euro für 2025 eingeplant. Für die Baukosten wurden Verpflichtungsermächtigungen in 2025 gebildet. Die Fertigstellung ist nach derzeitigem Stand für 2027 geplant.

Wie geht es weiter?

Nach der Einbringung des Haushalts durch die Kämmerin beginnen im neuen Jahr nun die Beratungen in den Fachausschüssen. Wenn diese ohne Vertagungen ablaufen, wird der Rat den Haushalt am 23. April 2024 beschließen. Bis dahin gilt die vorläufige Haushaltsführung. Das heißt, die Stadt darf ausschließlich Geld für pflichtige Leistungen ausgeben, nicht für freiwillige.

Haushalt ist online und einsehbar

Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, den Haushaltsentwurf im Rathaus einzusehen. Voraussetzung dafür ist ein Termin, der unter 02236 701-563 oder dvinciguerra@wesseling.de vereinbart werden kann. Auch auf www.wesseling.de ist der Haushaltsentwurf einsehbar und direkt auf der Startseite verlinkt.

Redakteur/in:

Montserrat Manke

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