Nur zwei Frauenhäuser in Köln
Ein erster Schritt Richtung Freiheit

Für viele Frauen ist es schwer, sich ihrer 
Situation zu stellen. | Foto: zVg/Cherylyn Vanzuela Photography

Jede dritte Frau erlebt einmal in ihrem Leben körperliche Gewalt. Soweit die Statistik. Die betroffenen Frauen stehen neben den physischen Verletzungen und dem seelischen Schmerz oft vor der Frage, wie sie sich vor dem gewalttätigen (Ex-)Partner in Sicherheit bringen können. Und wohin mit den Kindern? In Köln wurde 1976 das erste Frauenhaus gegründet, ein Ort, wo Frauen mit ihren Kindern Zuflucht finden können und dessen Adresse geheim ist. 1991 kam ein weiteres Frauenhaus hinzu.

von Priska Mielke

Köln. Das erste Frauenhaus verfügt nach Neubau und Erweiterung im Jahr 2021 über Appartments und kann auch Frauen mit Einschränkungen aufnehmen. 16 Frauen und 18 Kinder haben dort Platz. Das zweite Frauenhaus ist für zehn Frauen und 14 Kinder ausgelegt. Natürlich reichen die vorhandenen Plätze nicht aus, um jeder bedrohten Frau Schutz zu bieten. Im letzten Jahr, berichtet Frauenhausmitarbeiterin Claudia Schrimpf aus dem Verwaltungsteam der Frauenhäuser, konnten 401 Frauen nicht aufgenommen werden. Wo in NRW gerade ein Platz in einem der Frauenhäuser frei geworden ist, lässt sich auf der Website des Frauen-Infonetzes unter frauen-info-netz.de recherchieren.

Über die Aufnahme entscheidet einzig und allein die Reihenfolge der Anfrage – unabhängig von Religionszugehörigkeit, Herkunft, Aufenthaltsstatus oder sexueller Orientierung. Einige wenige Bedingungen gibt es allerdings: Die Frauen dürfen nicht akut drogen- oder alkohol-abhängig sein. In vielen Häusern können außerdem Frauen, die keine Sozialleistungsansprüche haben, nicht aufgenommen werden. Für Köln gilt dabei allerdings eine Sonderregelung (humanitäre Hilfegewährung nach SGB XII).

Für viele Frauen ist es schwer, sich ihrer 
Situation zu stellen. | Foto: zVg/Cherylyn Vanzuela Photography

Wenn eine Frau in eines der beiden Kölner Frauenhäuser kommt, steht sie einerseits zunächst einmal vor dem Nichts und sieht einer ungewissen Zukunft entgegen, andererseits ist die Aufenthaltsdauer auf maximal sechs Monate begrenzt. In der Praxis bleiben die Betroffenen jedoch ein halbes bis ein Dreivierteljahr. Dies ist mit entsprechender Begründung möglich.

Doch wie kommt im Ernstfall überhaupt der Kontakt zu den Frauenhäusern zustande? Oft sind es Freundinnen, die die Betroffenen auf diese Möglichkeit hinweisen, aber auch Krankenhäuser oder die Polizei stellen manchmal den Erstkontakt her – oder eben die betroffene Frau selbst. „Es ist wichtig, dass wir mit der Frau selber sprechen am Telefon“, erklärt Claudia Schrimpf.

Dabei sollen die Kölner Frauenhäuser viel mehr sein, als nur ein Dach über dem Kopf. Es gibt einen Frauenbereich und einen Kinderbereich mit zuständigen Mitarbeiterinnen. Zwar gibt es keine therapeutischen Angebote vor Ort, aber „psychosoziale Beratung“, die die Frauen stärken und ihnen helfen sollen, „ihre Potenziale und Stärken wiederzuentdecken“. Dabei wird mit einem Bezugspersonen-System gearbeitet, das heißt, dass jeder Frau und jedem Kind eine bestimmte Ansprechpartnerin zugeordnet ist. Wenn der Neuanfang dann geglückt ist, ist das oft wie eine Befreiung für die Betroffenen. „Wow, ich habe jetzt meinen eigenen Schlüssel!“, rief eine ehemalige Bewohnerin aus, als sie in ihre neue Wohnung zog. Ein Satz, der Claudia Schrimpf bis heute im Kopf geblieben ist.

Wenn eine Frau das Frauenhaus wieder verlassen muss, sei das „ein großer Sprung und oft beängstigend“, sagt Claudia Schrimpf, aber drei Monate lang können die Betroffenen noch eine „Nachsorge“ in Anspruch nehmen und erhalten Unterstützung beim Einleben in der neuen Umgebung.
Bereits 2019 wurde vom Rat beschlossen, dass Köln ein notwendiges drittes Frauenhaus bekommen soll. Passiert ist bisher allerdings nicht viel. Der Knackpunkt ist nicht nur die Finanzierung, auch über das Konzept war man sich nicht einig.

Während der vorherigen Landesregierung ein sogenanntes „Power House“ vorschwebte – also verschiedene Beratungs- und Hilfsangebote für Frauen an einem Ort –, sieht Claudia Schrimpf „keine Notwendigkeit für eine räumliche Bündelung in Köln“. Sie hofft, dass mit der neuen Landesregierung die „unendliche Geschichte drittes Kölner Frauenhaus“ doch noch ein glückliches Ende findet.

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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