Freilichtmuseum Lindlar
Alles neu am Mühlenberg

Die neue Baugruppe „Am Mühlenberg“ ist mit dem Museumsgelände durch zwei Tunnelröhren verbunden. Durch eine der Röhren führt ein Fußweg, die andere ist reserviert für eine kleine Steinbruchbahn. | Foto: Thomas Trappe, LVR
  • Die neue Baugruppe „Am Mühlenberg“ ist mit dem Museumsgelände durch zwei Tunnelröhren verbunden. Durch eine der Röhren führt ein Fußweg, die andere ist reserviert für eine kleine Steinbruchbahn.
  • Foto: Thomas Trappe, LVR
  • hochgeladen von RAG - Redaktion

Lindlar - Es zischt, rattert, der Schornstein stößt kleine schwarze
Rauchwölkchen aus. Werner Matthäi legt den Fahrhebel um, und 2,8
Tonnen Stahl und Eisen setzen sich in Bewe-gung. Matthäi schaut aus
dem Führerstand der kleinen Feldbahnlokomotive, hat die Gleise der
neuen Feldbahnstrecke genau im Blick. Vom Lokschuppen am historischen
Kalkofen des LVR-Freilichtmuseums Lindlar führen sie hinüber in ein
rund zweieinhalb Hektar großes Erweiterungsgelände mit einer
kompletten neuen Baugruppe, die am Pfingstwochenende, 19. und 20. Mai,
zum 20. Geburtstag des Lindlarer Museums eröffnet wird.

Nicht nur beim Bau der Feldbahnstrecke hat Lokführer Werner Matthäi
aus Köln als engagierter Ehrenamtler des Lindlarer
Museumsfördervereins mitgearbeitet, auch an den Bau der Kapelle in
der neuen Baugruppe „Am Mühlenberg“ kann sich der 74-Jährige
noch gut erinnern. „Ich war für das Zuschneiden der Backsteine für
die Ausfachungen zuständig“, erzählt er schmunzelnd, „da lief
einem die rote Brühe nachher nur so herunter.“

Die Kapelle Hellenthal

Von der im Fachwerkstil erbauten Kapelle hat man den besten Überblick
über die neue Baugruppe „Am Mühlenberg“ und einen prima Ausblick
auf das bisherige Muse-umsgelände. Als Vorlage für den
detailgetreuen Nachbau diente den Wissenschaftlern und Handwerkern des
Museumsteams die Barbarakapelle in Hellenthal bei
Rösrath-Hoffnungsthal im Sülztal. Museumsmitarbeiter Frederik
Grundmeier greift nach einem Seil über der Tür und zieht daran.
Sofort schwingt die Glocke im kleinen Türmchen auf dem Dach, klingt
ihr Geläut über das Museumsgelände. „Die Glocke hat früher in
Wipperfeld bei Wipperfürth geläutet und ist uns gestiftet worden“,
sagt Museumsleiter Michael Kamp. „Genauso wie der Altar, der früher
als Prozessionsaltar in Lindlar-Linde genutzt wurde.“

Ob Heiligenfiguren oder Kirchenbänke – die passende Ausstattung
für den Kapellennachbau zu bekommen, war für Kamp und sein Team kein
Problem: „Nach einem Medienaufruf haben wir so viele tolle Sachen
angeboten bekommen, dass wir damit leicht zwei bis drei Kirchen
hätten ausstatten können“, erzählt der Museumsleiter.

Die Museumskapelle, in der man übrigens auch heiraten kann, hat
bereits ihre eigene kleine Tradition. Am Gedenktag der heiligen
Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, findet alljährlich um den
4. Dezember ein kleines Fest an der Kapelle statt. In Erinnerung an
den Bergbau, der beispielsweise auf dem Berg Lüderich bei Hellenthal
noch bis 1978 betrieben wurde, und als Dank für die ehrenamtlich
Aktiven im Muse-um. „Wir sind sehr froh, dass wir sie und den
Förderverein haben“, sagt Museumsleiter Kamp.

Das Forsthaus Broichen

Von der Kapelle sind es nur ein paar Schritte bis zu einem massiven
Blockhaus. „1934 wurde es in Bensberg-Broichen als Forsthaus für
ein Revier im Königsforst errichtet“, erzählt Michael Kamp. Durch
einen Zufall war sein Team vor einigen Jahren auf das reichlich
heruntergekommene Gebäude im Wald gestoßen. Eigentlich hatte es die
Immobilienverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen längst
abgeschrieben, doch die Museumsmacher erkannten die besondere
Bedeutung des Blockhausbaus. „Das ist eine frühe Form des
Fertighauses“, haben Museumsleiter Kamp und die freie Mitarbeiterin
Anka Dawid herausgefunden.

Das Wohnstallhaus aus Nümbrecht Lindscheid

Ein paar Meter weiter trassiert ein Bagger gerade den barrierefreien
Zugang zu einem Wohnstallhaus, das die Museumsmacher aus Lindscheid in
der oberbergischen Gemeinde Nümbrecht ins Museumsgelände versetzt
haben. Jeder Raum erzählt hier Geschichte(n) der Bewohner, die
Volkskundlerin Petra Dittmar für die Museumsbesucher erlebbar gemacht
hat. So gehörten beispielsweise acht bis neun Hektar zur
Landwirtschaft der Familie. „Eigentlich ganz gut für einen Hof um
die Mitte des 19. Jahrhunderts, „aber das Land war auf 120 Parzellen
aufgeteilt.“ Auf einer großen Wandkarte zeigt sie, wie weit
verstreut die teils winzigen Landstücke lagen. „Da war man den
ganzen Tag mit der Hacke von A nach B unterwegs.“

Für die gute Stube des Hauses hat Dittmar eigens nach Originalresten
Tapeten beim oberbergischen Tapetenhersteller A.S. Création
anfertigen lassen. Beinah noch aufwendiger war die Einrichtung der
Uhrmacherwerkstatt, die sich auch mal im Haus befunden hat – bis die
regionalen Uhrmanufakturen Mitte des 19. Jahrhunderts reihenweise
wegen günstiger Importwaren aufgeben oder sich auf Reparaturen oder
den Handel mit Uhren umstellen mussten.

Der Steinbruch

Ein stampfendes Rumpeln, das allmählich näherkommt, erinnert den
Besucher zwischen den in kräftigem Indigo-Blau gestrichenen niedrigen
Wohnräumen im Obergeschoss und dem hauseigenen Backes im Keller von
Haus Lindscheid daran, dass es noch mehr zu sehen gibt, im neuen Areal
des Freilichtmuseums.

Und so geht’s am nachgebauten Steinbruch und der historischen
Wellblechgarage mit Bagger und ande-ren Steinbruchmaschinen vorbei
weiter zum Lokschuppen, vor dem Werner Matthäi gerade seine
Feldbahnlokomotive stoppt. „Hier soll noch ein Abstellgleis hin für
die ganzen Loren, die wir haben“, sagt Museumsleiter Michael Kamp,
„wir suchen dafür nur noch eine Weiche in der Spurweite 600
Millimeter.“ Bis zur Eröffnung und auch danach haben er und seine
Mitarbeiter noch einiges zu tun.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

27 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.