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Ehrenamtliche Helfer sind gefragt
Notfallbegleitung in Corona-Zeiten

Menschen sterben, auch wenn es traurig klingt, es ist Fakt. Wie aber geht man mit dem Verlust eines geliebten Menschen um, insbesondere dann, wenn es dramatische Umstände sind die zum Tod geführt haben?
Notfallseelsorge (auch Notfallbegleitung) eine Unterstützung für die Seele der Menschen, gehört zu den Aufgaben oder besser zu den Angeboten von Kirchen und Stiftungen. Nicht nur zu Coronazeiten wir diese psychosoziale und seelsorgerische Aufgabe zur Krisenbewältigung immer wichtiger.
Erste HiIfe für die Seele, im Erftkreis angeboten durch die evangelische und die katholische Kirche.

Ich habe mich mit dem Koordinator Gregor Hergarten aus Frechen unterhalten :
Mein Name ist Gregor Hergarten ich bin 57 Jahre alt, bin Diakon in Frechen im Gemeindedienst mit verschiedenen Aufgaben und seit ungefähr 20 Jahren auch Notfallseelsorger. Ich habe angefangen im Notfallseelsorgeteam Bonn Rhein Sieg und bin seit 2004 Mitglied im Notfall-Seelsorgeteam hier im Rhein Erft Kreis und seit 2010 auch Koordinator, das heißt Leiter mit meinem evangelischen Kollegen einem Pfarrer.
Sind Sie für den gesamten Rhein Erft Kreis zuständig?
Grundsätzlich sind wir Beide der Pfarrer Reiprich für den RheinErft Kreis zuständig, wir sind ein ökumenisches Team, seit einigen Jahren arbeiten wir aber auch mit den Koordinatoren in Köln und dem Rheinisch - Bergischen Kreis zusammen und bieten da für die Teams einen gemeinsamen Hintergrunddienst an, das heißt einer der Koordinatoren ist immer für die Teammitglieder die an dem Tag Bereitschaft haben verfügbar.
Wie ist die Notfallseelsorge überhaupt entstanden und wie orientiert sie sich? 
Den Startpunkt der Notfallseelsorge hier im Rhein Erft Kreis den kann man relativ unklar nur bestimmen, es gab in den 1990er Jahren evangelische Kollegen die gemerkt haben , es gibt Menschen die durch plötzlichen Tod oder andere Ereignisse betroffen waren, Seelsorge nachgefragt haben und oft war Seelsorge vor Ort dann nicht verfügbar. Und diese evangelischen Pfarrer haben dann von sich aus so ein System gemacht, das sie anrufbar waren durch die Feuerwehren und sind dann da hingefahren. Dann gab es 1999 das Zugunglück in Brühl wo dann deutlich wurde das wäre gut gewesen wäre wenn Notfallseelsorgeinnen oder Seelsorger im Einsatz gewesen wären und da hat sich der RheinErft Kreis entschlossen eine Ausbildung zu machen für interessierte Pfarrerinnen und Pfarrer auf der evangelischen Seite und für katholische Seelsorger, Seelsorger eine Ausbildung zu beginnen und da sind dann eine ganze Reihe von Damen und Herren ausgebildet worden und haben danach im Rhein Erftkreis in mehreren Städten Notfallseelsorge-Teams gebildet und im Laufe der Zeit haben sich diese an den Städten orientierten Seelsorgeteams zusammengefunden und seit etwas 2010 haben wir ein gemeinsames Bereitschaftssystem für den Rhein Erft Kreis.
Um das noch einmal richtig zu verstehen das heißt die Mitglieder der katholischen und der evangelischen Kirche bilden den Grundstock und suchen dann ehrenamtliche Leute die dann als Seelsorger arbeiten oder wie ist das aufgebaut?
Also ursprünglich war Notfallseelsorge immer ökumenisch organisiert, aber nur von Hauptamtlichen in den beiden Kirchen, das war aber freiwillig, es gab keine Verpflichtung an Hauptamtliche in der Notfallseelsorge mitzuwirken. Seit einigen Jahren ist es aber so dass wir das Ganze geöffnet haben für Ehrenamtliche die sich interessieren, die mitarbeiten möchten in der Notfallseesorge, die dann ausgebildet werden und zunächst begleitete, also von Koordinatoren begleitete Einsätze machen und dann ganz normale Mitglieder in unserem Team werden.
Gestatten Sie mir die Frage-wie kann man bei Notfallseelsorge ausbilden, was ist das für eine Ausbildung ich stelle mir das als eine sehr stark psychisch belastende Tätigkeit vor.
Es geht zunächst mal um bestimmte Einsatzsituationen die vorgestellt werden. Notfallseelsorge wird ja immer von den Rettungsdiensten, von der Feuerwehr oder Polizei gerufen und in Anspruch genommen. Es geht da um die jeweiligen Einsatzsituationen, plötzlicher Tod, Suizid oder Begleitung der Polizei bei der Überbringung einer Todesnachricht, bei großen Schadenslagen wie Unfällen oder Ähnlichem.
Dann geht es häufig um die Einsatzsituation, wie kommt man in einen Einsatz hinein, wie bekommt man Kontakt zu den Betroffenen, wie kommt man mit denen ins Gespräch, welche Ideen für Hilfe kann man ihnen anbieten oder mit ihnen gemeinsam entwickeln. Wir sind ja Notfallseelsorger, das ist nicht bei jedem Einsatz so, aber es gibt eine ganze Reihe von Einsätzen wo dann eben auch ein Ritual gefragt ist, ein Gebet mit den Angehörigen oder ein kleiner Abschiedsritus, wenn das möglich und gewünscht ist, auch darauf wird in der Ausbildung vorbereitet.

Wenn ich das richtig verstanden habe dann werden sie gerufen von der Polizei, der Feuerwehr, dem jeweiligen der den Einsatz leitet.
Genau
Haben den auch private Leute die Möglichkeit, wenn etwas passiert, im Nachhinein, wenn der Notfallseelsorger nicht gerufen wurde, bei Ihnen anzurufen und zu sagen: Ich brauche Hilfe oder Unterstützung?
Ja aber, eine private Alarmierung der Notfallseelsorge ist nicht möglich, wenn eine solche Frage käme würden wir versuchen eine Hilfe anzubieten oder zu überlegen wer dort hinkommen kann, aber in der Regel sind das nicht wir als Notfallseelsorge.
Gibt es denn genügend Ehrenamtliche die sich dazu bereit erklären, oder ist es notwendig das Menschen geworben werden. Mensch wir sind hier zu wenig, wir brauchen Menschen die empathisch genug sind eine solche Aufgabe zu übernehmen?
Ja, wir haben immer Bedarf. Nicht jeder der sich bei uns meldet ist auch geeignet, vor der Ausbildung versuchen wir durch ein intensives Auswahlgespräch versuchen wir herauszufinden ob diese Person geeignet wäre die Ausbildung zu machen um gg.f ins Team der Notfallseelsorge zu kommen, der Bedarf ist auf jeden Fall da, zumal aus dem Bereich der Hauptamtlichen es immer schwieriger wird Damen und Herren zu finden die diese Aufgabe übernehmen. 
Die Frage mag dumm klingen, aber wie schafft man es so etwas zu verarbeiten letztendlich. Ich kann mir vorstellen dass es teilweise sehr dramatische Erlebnisse sind, wie schaffen sie das zu verarbeiten?
Ich kann Ihnen nur eine Antwort für mich geben, danach eine die wir für die Teammitglieder anbieten. Für mich ist es eigentlich so das ich im Einsatz eher ruhig bin und dann auch einigermaßen gefasst und ruhig nach Hause fahren kann und oft zu Hause erst merke wie gestresst ich durch den Einsatz war, mir hilft dann am meisten das Gespräch zu Hause mit meiner Frau, natürlich ohne Namensnennung, wo ich aber grob sagen kann was ist in diesem Einsatz gewesen, was habe ich da getan, was hat mich berührt ,belastet, das hilft mir sehr um dann wieder Abstand zu finden. Und das Andere ist mehr so ein praktisches Element, wir schreiben anschließend einen Bericht, ein Protokoll. Mit diesem Protokoll versuche ich dann auch den Einsatz abzuschließen. Bei den Meisten gelingt das, es gibt aber Einsätze die sind besonders, je nachdem wenn auch in der Presse am nächsten Tag oder den nächsten Tagen weiter darüber berichtet wird,dann berührt mich das eben auch. Aber ich habe es bisher geschafft die Belastung eines solchen Einsatzes eben abzustreifen.
Gibt es etwas was sie besonders beeindruckt hat in den letzten Jahren, Sie machen es ja doch schon recht lange?
Ja, ich hatte, im Zusammenhang mit einem Suizid, Kontakt zu einer alevitischen Familie bekommen, es ist eben so das Notfallseelsorge fragt nicht nach Konfession und Religion. Bei dieser alevitischen Familie war ich dann ein paar Stunden nachdem die Todesnachricht überbracht worden war, dass da jemand tödlich verunglückt ist bzw., durch den Suizid verstorben ist. Sie haben mich am nächsten Tag noch einmal gebeten zu kommen, weil weitere Familienmitglieder und Angehörige dazugekommen waren und Bedarf angemeldet hatten, das war schon über das eigentlich Notfallseelsorge-Geschehen hinaus, habe ich aber gerne gemacht. Und was ich dann besonders Beeindruckend fand: Ein paar Tage später fand dann die rituelle Waschung des Leichnams statt in Köln und die haben dann gefragt ob ich dazu kommen möchte und ich konnte an diesem Tag und bin dann dorthin und habe mit den Familienangehörigen dann auch gesprochen und dann auch an dieser Waschung teilnehmen dürfen.
Hat sich Ihre Arbeit in den letzten 9 Monaten, nach Corona verändert, ist da etwas anders geworden?
Ich habe im Moment den Eindruck das wir im Rhein Erft Kreis weniger angefragt werden, ansonsten haben wir seit März schon überlegt, wie können wir die Einsätze wahrnehmen und gestalten, wir achten natürlich sehr stark auf die Hygienevorschriften, vor allem mit Sicherheitsabstand, versuchen auch die Notfalleinsätze kürzer zu gestalten, als es vorher der Fall war, aber es gelingt nicht immer. Wir hatten, im RheinErft Kreis nicht, aber in Köln ein/zwei Einsätze die dann mit voller Schutzausrüstung durchgeführt werden mussten, weil in der Familie ein Coronaverdachtsfall bestand.
Ähnlich wie in einer Klinik mit kompletter Montur?
Ja genau
Haben Sie noch etwas was Sie den Lesern für 2021 mit auf den Weg geben möchten?
Ja, ich hoffe das wir es schaffen gemeinsam die Pandemie zu überstehen, einigermaßen gesund zu bleiben und meine Hoffnung ist das wir im Laufe des Jahres nach und nach dann wieder zu einem Leben zurückkehren können wie wir es vorher kannten.
Dem kann ich mich nur anschließen!

Diakon Hergarten hat aber noch eine Bitte: Wen SIE der Meinung sind das die Notfallseelsorge etwas für SIE ist, melden Sie sich doch einfach zu einem ersten Informationsgespräch.
Diakon Gregor Hergarten ist erreichbar unter 0170-2386754 oder per Mail G.Hergarten@Kirche-in-Frechen.de
Das  Interview mit  Welle-Rhein-Erft.de finden Sie hier: klicken

LeserReporter/in:

Burkhard Thom aus Rhein-Erft

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