Aufarbeitung Kinderverschickungen
Zeitzeugen für einen Dokumentarfilm gesucht
Von der Nachkriegszeit bis in die 1990er Jahre hinein wurden Millionen Kinder zur Kur geschickt, um sich während einer sechswöchigen Kur zu erholen. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Betroffene ihr Schweigen gebrochen und öffentlich von schockierenden Erfahrungen in Kinderkurheimen berichtet.
Rhein-Erft-Kreis/Region In vielen Heimen sollen Heimweh, Zwang und Gewalt geherrscht haben. So auch im vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Kinderkurheim Johannaberg. Es lag in der Ortschaft Berlebeck im Landkreis Detmold und unweit des Hermanndenkmals am Rande des Teutoburger Waldes. Bis zur Schließung 1973 wurden erholungsbedürftige Kinder vornehmlich aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hamburg dorthin verschickt.
Die Redaktion der Rheinischen Anzeigenblätter hatte im November 2021 über das Schicksal der „Verschickungskinder“ berichtet. Der Artikel stieß auf große Resonanz, was sich seinerzeit ganz besonders beim Facebook-Auftritt manifestierte.
Darüber hinaus erreichten die zuständige Redakteurin viele Zuschriften persönlich Betroffener, die ihre oft sehr schmerzhaften Erlebnisse schilderten.
Ein Dokumentarfilm soll nun die Missstände im Kinderkurheim Johannaberg aufarbeiten. Regie führt Silas Degen, Filmemacher und Student der Filmuniversität Babelsberg.
„Bei meiner Recherche bin ich auf den bei Ihnen erschienenen Artikel „Viele Leser erzählen ihre Erlebnisse“ gestoßen, in dem in Form eines Leserbriefes ein Rolf D. aus Bedburg zu Wort kommt. Gerne würde ich mit ihm und anderen Kurkindern aus dem Heim Johannaberg in Kontakt treten und mich zu seinen Erinnerungen an das Heim austauschen“, hofft Silas Degen.
Unterstützt wird das Vorhaben unter anderem von der Filmfördergesellschaft nordmedia, der Initiative Verschickungskinder und dem Verein Aufarbeitung Kinderverschickungen-NRW. Die Dreharbeiten sollen im Frühjahr 2024 erfolgen. Um ein genaues Bild vom Alltag im Heim Johannaberg vermitteln zu können, ist das Filmteam auf der Suche nach Zeitzeugen. Vornehmlich nach Berlebeck verschickte Kurkinder mit negativen wie positiven Erfahrungen. Aber auch Kinderpflegerinnen, Heimpersonal und Praktikantinnen, die Einblicke aus ihrer Perspektive geben können. Außerdem sucht das Filmteam nach historischen Fotografien, Postkarten und Gegenständen oder Möbelstücken aus dem Heim Johannaberg.
Kontakt zum Filmteam kann über die E-Mail berlebeck@verschickungsheime.de aufgenommen werden. Alle Anschreiben werden auf Wunsch anonymisiert und vertraulich behandelt.
Redakteur/in:Martina Thiele-Effertz aus Hürth |
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