Im Gespräch mit Gerd Koslowski
„Der neue SSV ist keine Ein-Mann-Show“
Der Stadtsportverband (SSV) Frechen hat im Herbst vergangenen Jahres einen neuen Vorstand gewählt. Gerd Koslowski, Vorsitzender des TuS „Blau-Weiß“ Königsdorf, konnte sich in einer Kampfkandidatur gegen den langjährigen SSV-Vorsitzenden Gotthard Winkler durchsetzen. Unterstützt wird er von den stellvertretenden Vorsitzenden Vivian Schaaf (HSV Frechen) und Dr. Guido Nöcker (TuS Königsdorf) sowie Schatzmeister Wolfgang Höfig (Reha Vital) und Jugendwart Peter Gabriel Thomer (TS Frechen). Das Wochenende sprach mit dem neuen SSV-Vorsitzenden über seine Wünsche und Ziele, die angespannte Hallenbelegungssituation und den Sport in Frechen im Allgemeinen.
Wochenende:Herr Koslowski, warum haben Sie sich zur Kampfkandidatur gegen den langjährigen SSV-Vorsitzenden Gotthard Winkler entschieden?
Gerd Koslowski: Ein Grund ist natürlich der Sport selbst. Ich spiele nicht nur Fußball seit früher Kindheit, ich habe auch die enorme soziale Bindung und die Begeisterungsfähigkeit erfahren, die vom Sport ausgeht. Das gemeinsame Siegen und Verlieren, der Zusammenhalt in der Mannschaft, der faire Wettkampf nach Regeln, das vermittelt gerade Kindern und Jugendlichen wichtige Werte. Die rund 50 Sportvereine in Frechen leisten insofern eine bedeutende Aufgabe für unsere Stadtgesellschaft und ich möchte, dass diese ehrenamtliche Arbeit für rund 10.000 Mitglieder, die ja mehrheitlich auch Bürger dieser Stadt sind, mehr Anerkennung und Unterstützung erhält.
Was muss sich schnellstens ändern, damit Frechen sportlich nicht den Anschluss verliert?
Koslowski: Wir müssen wieder näher zusammenrücken und positiv denken! Und damit meine ich alle, die Einfluss auf den Sport in Frechen haben, also die Vereine ebenso wie die Stadtverwaltung und die Politik. Frechen hat den Anspruch formuliert, Sportstadt sein zu wollen. Als Ex-Mediendirektor des 1. FC Köln weiß ich, wie viel positive Kraft und Ausstrahlung der Sport in einer Stadt erzeugen kann, wenn alle mitmachen.
Und es gibt auch gute Ansätze wie etwa die Sportförderung und die gebührenfreie Nutzung städtischer Sportanlagen. Dennoch erleben wir, dass der Sport in Frechen keine seiner Bedeutung angemessene Lobby hat. Ich finde klasse, dass die Politik auf den Schützenfesten und Karnevalssitzung dauerhaft präsent ist, aber leider sehr viel seltener bei den hochkarätigen Sportveranstaltungen unserer Vereine.
Dabei hat Frechen großes Potential. Viele Mannschaften spielen in überregionalen Ligen und machen Frechen landes- oder bundesweit bekannt. Mit dem von uns ins Leben gerufenen Runden Tisch „Sportstadt Frechen“, der erstmals im September 2022 stattgefunden hat und demnächst wiederholt werden soll, wollen wir die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Partnern wieder intensivieren. Davon würde die gesamte Stadt profitieren.
Die Perspektive für Frechen hat die Anmietung einer mobilen Sporthalle vorgeschlagen. Was halten Sie von dieser Idee und wo könnte die Errichtung einer solchen Halle Sinn machen?
Koslowski: Wir begrüßen jeden Vorschlag, der eines der Grundprobleme in der Sportstadt Frechen beseitigt – und damit meine ich die Unterversorgung mit Hallenkapazitäten im Stadtgebiet. Dieter Zander von der Perspektive ist ja ebenfalls Mitglied im SSV-Beirat, er kennt die Probleme.
Es war bereits vor dem Krieg in der Ukraine sehr eng in den Frechener Hallen, doch die Flüchtlingsbelegung der Dreifachhalle in Königsdorf bei gleichzeitiger Schließung der Hallen am Rotdornweg und an der Johannesschule wegen Sanierung hat die Nähte endgültig platzen lassen. Damit sind sieben von insgesamt 24 Halleneinheiten im Stadtgebiet nicht verfügbar für den Sport und nach wie vor ist völlig unklar, wann die Gerhard-Berger-Halle wieder für den Sportbetrieb öffnet!
Deshalb hat der Stadtsportverband die Idee einer Leichtbauturnhalle im Rahmen der letzten Sportausschusssitzung eingebracht, um möglichst kurzfristig zusätzliche Halleneinheiten zu schaffen. Bis dahin sollten Vereine für angemietete Ausweichräume einen städtischen Zuschuss erhalten. Ich bin auch sicher, dass der neue Sportentwicklungsplan, der in diesem Jahr erarbeitet werden soll, einen zusätzlichen Bedarf an Halleneinheiten in einzelnen Stadtteilen feststellen wird.
Aber ich gehe noch einen Schritt weiter: Die Unterbringung von Flüchtlingen aus unterschiedlichen Kulturkreisen in Sporthallen ist keine Lösung, die den schutzbedürftigen Menschen gerecht wird. Wir erwarten von der Politik und der Verwaltung in Frechen eine klare öffentliche Aussage, wie sie etwa in Köln oder Bergheim gemacht wurde, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Sporthallen so lange wie möglich vermieden werden soll. Und dafür müssen dann tatsächlich ausreichende alternative Unterkünfte im Stadtgebiet geschaffen werden.
Als SSV-Vorsitzender müssen Sie sich für die Interessen aller Sportler in Frechen einsetzen. Als Vorsitzender des TuS „Blau-Weiß“ Königsdorf primär um die Ziele und Wünsche ihres Vereins. Ist es schwer, beides unter einen Hut zu bekommen?
Koslowski: Der neue SSV ist keine Ein-Mann-Show. Wir haben eine breite Allianz von kleinen bis großen Vereinen, die im Vorstand und erst recht im zehnköpfigen Beirat engagiert mitarbeiten. Da kann sich jeder gleichberechtigt und auf Augenhöhe einbringen. Das ist mir von Beginn an sehr wichtig gewesen. Wir haben in der vorletzten Beiratssitzung darüber abgestimmt, welche strategischen Themen wir in den kommenden Jahren als Stadtsportverband prioritär bearbeiten wollen. Wir werden entsprechende Arbeitsgruppen bilden und legen los.
Aber natürlich ist der TuS der mit Abstand größte Sportverein in Frechen, von den 10.000 Mitgliedern stellt er alleine 2.400. Es wäre deshalb falsch, wenn diese Sportler keine angemessene Vertretung im Stadtsportverband hätten. Durch die breite Allianz großer und kleiner Vereine in den Gremien bekommen wir im Gespräch mit Verwaltung und Politik insgesamt das Gewicht, das der Sport verdient.
Sie sind nicht nur ehrenamtlich im Sport, sondern auch in der Politik tätig. Für die CDU saßen Sie im Stadtrat. Ihre Partei stellt seit über 20 Jahren den Bürgermeister und hatte in diesem Zeitraum auch immer die größte Fraktion im Stadtrat. Wie viel Schuld trifft die CDU und die Verwaltungsspitze an der aktuellen Situation?
Koslowski: Tatsächlich war ich bis zum Ende der letzten Legislaturperiode ordentliches Mitglied im Stadtrat und im Sportausschuss. Ich habe aber unter anderem deshalb nicht mehr bei der Kommunalwahl kandidiert, weil mir die ehrenamtliche Arbeit im Sport angesichts der Lage wichtiger erschien und ich Hochachtung habe vor allen Abteilungsleitern und Übungsleiterinnen, die mit viel Engagement ihre freie Zeit für ihre Mitglieder opfern.
Aber natürlich hilft es, wenn man als Stadtsportverbandsvorsitzender weiß, wie Kommunalarbeit funktioniert oder wenn man die kennt, die in Politik, Verwaltung und Vereinen Verantwortung tragen.
Die CDU ist seit 40 Jahren meine politische Heimat. Es war maßgeblich dem langjährigen Engagement des früheren CDU-Fraktionsvorsitzenden Gerhard Berger zu verdanken, dass in Königsdorf die Sporthalle entstand, die heute seinen Namen trägt. Und der frühere Bürgermeister Hans-Willi Meier hat den Frechener Fußballvereinen zu den ersten Kunstrasenplätzen verholfen. Aber ich bin in meiner Funktion ausschließlich dem Sport verpflichtet und nicht einer Partei.
Wir sprechen mit allen demokratischen Parteien, die den Sport mit seinen Anliegen unterstützen wollen. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, werde ich kritisieren, wenn es etwas zu loben gibt, werde ich loben. Ganz unabhängig vom jeweiligen Parteibuch.
Wo läuft es sportlich richtig rund in Frechen und wo nicht? In welchen angebotenen Sportarten sehen Sie das größte Entwicklungspotential? Welche Sportangebote fehlen?
Koslowski: Die Frechener Sportvereine repräsentieren eine unglaubliche Vielfalt an Sportangeboten. Ich kann nur an die Bürgerinnen und Bürger appellieren, sich dieses breite Angebot genauer anzuschauen. Das geht vom Reiten über das Tauchen, von Karate über das Kegeln, von Reha über Angeln, von Leichtathletik bis zu Tischtennis, Radsport und Tanzen; nicht zu vergessen natürlich die großen Ballsportarten.
Der Sport ist sehr innovativ, es kommen immer neue Trends und Anforderungen. Und unsere Vereine reagieren darauf, zum Beispiel indem sie sich auf den Bedarf einer fitten älteren Generation einstellen mit Fitnessangeboten wie Tai Chi oder Pilates. Der expandierende Reha-Sport reagiert auf den demographischen Wandel, die inklusiven Sportangebote wachsen in der Zahl.
Die ganz jungen Sportler werden mit Angeboten wie Kindertanzen an die Bewegung herangeführt. Und auch der Individualsport nimmt zu. Dem wollen wir beispielsweise Rechnung tragen durch einen sogenannten Playparc mit Fitnessgeräten am Sportpark in Königsdorf, der frei zugänglich sein wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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