Gewalt gegen Frauen im Rhein-Erft-Kreis
Wegschauen gilt nicht!
Wegschauen gilt nicht!
Wir wollen hier sicher leben. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland etwa 155.000 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung polizeilich erfasst. Die registrierten Straftaten sanken in NRW von durchschnittlich 7.377 Delikten pro 100.000 Einwohner im Jahr 2000 auf 6.774 Straftaten pro 100.000 Einwohner im Jahr 2020. Doch eine Form der Gewalt ist in diesen Zahlen nur rudimentär erfasst, die Gewalt gegen Frauen. Diese kann sehr unterschiedlich erfolgen.
Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle durch den Partner oder die Partnerin sind Formen von Gewalt. Sie kann Menschen aller sozialen Schichten und jeden Alters treffen: Zuhause, in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz oder online im Internet. Betroffen von Partnerschaftsgewalt sind vor allem Frauen. Frauen werden häufiger Opfer von häuslicher Gewalt, sie werden im Vergleich zu Männern fast sechs Mal öfter Opfer von Sexualstraftaten und auch im digitalen Raum sind über die Hälfte der Opfer weiblich. Die Zahlen lassen daran keinen Zweifel: der Staat muss Frauen besser schützen! 2023 waren laut BKA 167.865 Menschen von Gewalt in Partnerschaften betroffen, darunter 79,2% Frauen.
Jeden Tag gibt es in Deutschland einen Tötungsversuch an einer Frau, der polizeilich registriert wird. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch die Hand ihres (ex-)Partners den sogenannten Femizid. Die Zahl der Femizide stieg in Deutschland von 133 Fällen im Jahr 2022 auf 155 Fälle in 2023. Zurecht gibt es in deutschen Medien einen Aufschrei über Femizide, die in manchem Ausland (teils aus kulturellen, archaischen oder religiösen Gründen) fast schon „üblich“ sind. Doch auch bei uns werden keine wirklich nachhaltigen Schritte unternommen, um die hohe Zahl an Femiziden zu unterbinden. Dies ist ein untragbarer Zustand!
Daher ist es zumindest ein Anfang, dass wir im Rhein-Erft-Kreis ein erfolgreiches Frauenhaus haben. Positiv ist, dass im Rhein-Erft-Kreis eine Pauschalfinanzierung des Frauenhauses erfolgt, während in vielen anderen Regionen Deutschlands mit Tagespauschalen gearbeitet werden muss. Der bauliche Zustand und der räumliche Zuschnitt sind dort jedoch nicht optimal. Das Frauenhaus kann derzeit die Rolle eines adäquaten Rückzugsortes für alle Betroffenen nur eingeschränkt wahrnehmen. Im Jahr 2023 wurden drei Viertel der Anfragen von Frauen abgelehnt, in einem Frauenhaus aufgenommen zu werden. Das waren bundesweit 7.234 Fälle. Schon bemerkenswert, dass die schwarz-grüne Landesregierung in dieser Situation den Finanztopf für Zuschüsse zu Frauenhäusern und generell für Projekte gegen Gewalt an Frauen um 1,9 Mio. EUR/a kürzen will.
Auch an dieser Stelle ist es dringend geboten, DANKE zu sagen etwa für die Arbeit des Frauenhauses Rhein-Erftkreis e.V., für den Einsatz der Kerpener Frauenberatungsstelle, des „Frauenforums Brühl und Hürth“ sowie des “Freio e.V.” für betroffene Kinder und Jugendliche.
2024 hat der Kreisausschuss Rhein-Erft einstimmig beschlossen, prüfen zu lassen, ob eine Kapazitätsausweitung des Frauenhauses möglich ist. Im November dann lagen verschiedene Optionen dem Sozialausschuss zur Beratung vor. Helmut Halbritter, der Vorsitzende des Kreis-Sozialausschusses, äußerte dazu: „Nach eingehender Diskussion der Optionen, die uns die Verwaltung am 07.11.2024 im Sozialausschuss vorgelegt hat, war für uns klar, dass wir uns für einen Neubau des Frauenhauses einsetzen werden! Die anderen Varianten, obwohl günstiger, sind für uns aus unterschiedlichen Gründen nicht akzeptabel.“ Die Varianten beinhalteten eine kleine Erweiterung des Frauenhauses um ein Zimmer, eine größere Erweiterung um drei Zimmer, die Eröffnung eines parallel zu betreibenden Zweitstandorts (3 versch. Standorte) oder einen Neubau. Die Kosten für einen Neubau werden mit 4,8 Mio. EUR angegeben.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es bei Haushaltsrücklagen von weit über 100 Mio. EUR bei der sog. Jamaika-Mehrheit im Kreistag Rhein-Erft Ideen für umfassende Prestige-Projekte gibt (wie dem Haus der Bildung). Das Projekt des Frauenhaus-Neubaus jedoch, das bei einem Bruchteil an Kosten sicher erlauben würde, Leben zu retten und eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten, findet derzeit keine Mehrheiten. Hier kann das Jahr 2025 vielleicht neue Entscheidungen bringen. Und am 14.09.2025 werden die Wählerinnen und Wähler abstimmen.
Hilfe für Frauen in Not gibt es nicht ausreichend bei uns in Rhein-Erft, aber immerhin über diese Wege:
Das Hilfetelefon für Frauen ist zu erreichen: Telefon 116 016 und www.hilfetelefon.de
Im Rhein-Erft-Kreis werden die Telefonnummer 02237 7689 und die Internetadresse www.frauenhaus-rek.de angeboten. Dort gibt es Hilfe in sieben Sprachen.
Ein Neubau für das Frauenhaus ist dringend geboten. Aktuell wird von Teilen der Politik das Thema nicht ernsthaft angegangen. Das ist schwer hinzunehmen, denn es kann nur heißen:
Wegschauen gilt nicht!
LeserReporter/in:Thomas Thielemann aus Frechen |
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